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„ALARMIERENDE INDIZIEN EINER UNGLAUBLICHEN SELBSTBEREICHERUNG“
Karl Lauterbach fordert Ende der KBV
Gesundheitsminister Hermann Gröhe hat Ex-KBV-Chef Andreas Köhler angezeigt. Für Gesundheitspolitiker wie Karl Lauterbach (SPD) sind die aktuellen Ereignisse nur ein weiterer Tiefpunkt in der Geschichte des Kassenärztlichen Bundesverbands. Ist die derzeitige Konstruktion der Selbstverwaltung noch zeitgemäß?
Auf der Internetseite der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ist die Welt noch in Ordnung. Unter dem Menüpunkt „Stellungnahmen“ positioniert sich die KBV zur Gesundheitspolitik, die jüngste Pressemittelung stammt aus November und berichtet über die Verleihung eines Forschungspreises. Dabei hat gerade Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) Anzeige gegen Andreas Köhler, den ehemaligen Vorstandschef der KBV, erstattet – wegen „Untreue in besonders schwerem Fall. Und das zwei Tage vor der Vertreterversammlung in Berlin, auf der es auch ohne diese neuerliche Wendung wieder einmal zu heftigen Debatten kommen wird: Seit Jahren brodelt es zwischen der KBV und den regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). Die Welt ist also eigentlich so gar nicht in Ordnung.
Dass es mit der KBV so nicht weiter gehen kann, fordern immer mehr Gesundheitspolitiker. Was nun in der Angelegenheit Köhler bekannt wurde, seien „alarmierende Indizien einer unglaublichen Selbstbereicherung“, sagt Karl Lauterbach, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD, DAZ.online.
Gefahr der Verjährung
Das Haus von Minister Hermann Gröhe (CDU) hält Köhler vor, neben einem stattlichen Gehalt einen regelmäßig gezahlten Mietkostenzuschuss von der KBV von netto 1500 Euro im Monat erhalten zu haben. Insgesamt habe sich der Zuschuss auf 96.000 Euro belaufen. Das Ministerium erstattete den Angaben zufolge jetzt Anzeige, weil die Gefahr der Verjährung bestand. Schon in den Jahren zuvor hatte es gegen Köhler Anzeigen aus der Vertreterversammlung der KBV gegeben, unter anderem offenbar wegen eines Dienstwagens, der ohne Genehmigung angeschafft worden war. Ärger gab es bereits 2013wegen undurchsichtiger Immobiliengeschäfte des ehemaligen KBV-Chefs.
„Die KBV gehört abgeschafft“, sagte Lauterbach. Die Verantwortlichen bekämen die Streitigkeiten nicht in den Griff, außerdem mache der Verband die ihm übertragenen Aufgaben wie etwa die Honorarverteilung, notorisch schlecht. Das müsse in andere Hände gelegt werden – bei den Fallpauschalen (DRGs) ging dies ja auch.
Transparenz in Bilanzen bringen
„Dass bei der KBV nicht alles zum Besten steht, ist schon lange bekannt“, sagt Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin Die Linke, DAZ.online. Der Skandal um seltsame Immobilien- und Kreditgeschäfte sei Ende 2013 leider in der Interimsphase zwischen schwarz-gelb und großer Koalition ans Licht gekommen - mit einem geschäftsführenden Gesundheitsminister mit eingeschränktem Mandat. Nun müsse sich Gröhe mit dem Selbstbedienungsladen an der Wegelystraße auseinander setzen
„Mit der Strafanzeige gegen Andreas Köhler habe Gesundheitsminister Gröhe jetzt signalisiert, dass sein Haus künftig genauer in die Bücher sehen wird.“, sagt Vogler. Ob dies angesichts der Skandale, der Dauerstreits und der permanenten Arbeitsverweigerung hoch bezahlter Funktionäre reiche, bleibe zu bezweifeln.
"Die Skandale, die Dauerstreits und die permanente Arbeitsverweigerung der hoch bezahlten Funktionäre lassen vermuten, dass die Strukturen der Kassenärztlichen Vereinigungen gründlich durchgerüttelt werden müssten", sagt Vogler. Aus eigenen Kräften scheint die KBV dazu nicht in der Lage zu sein. Die Gesundheitspolitik müsse sich grundsätzlich Gedanken machen, ob die derzeitige Konstruktion der Selbstverwaltung noch zeitgemäß ist.
Zweifel ausräumen
Kritik kommt auch von den Grünen: Maria Klein-Schmeink forderte die KBV in der Süddeutschen Zeitung auf, mehr Transparenz in ihre Bilanzen zu bringen. Bereits 2014 hatte die Fraktion der Grünen eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt (Drucksache 18/554), die nach Transparenz und Aufsicht bei Selbstverwaltungskörperschaften in der gesetzlichen Krankenversicherung fragte, wie die KBV eine ist.
Klein-Schmeink nimmt angesichts der Köhler-Anzeige durch das Bundesgesundheitsministerium die Forderung nach mehr Transparenz wieder auf. In der SZ erklärt die gesundheitspolitische Sprecherin, die KBV sei Teil der Selbstverwaltung, die das Gesundheitssystem organisiere. „Und wenn das so bleiben soll, darf es keinen Zweifel an den Beteiligten geben.“
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