Kossendeys Gegengewicht: Medizini

Möge die Macht mit uns sein

Stuttgart - 07.01.2016, 19:10 Uhr

Der "medizini"-Effekt: Apotheker in den Boulevardmedien mit positivem Feedback. (Foto: Andrea Izotti / DAZ.online)

Der "medizini"-Effekt: Apotheker in den Boulevardmedien mit positivem Feedback. (Foto: Andrea Izotti / DAZ.online)


Doch, es geht. Wir können gemeinsam viel erreichen. Nur leider sind wir Apotheker uns unserer Macht (noch) nicht bewusst, sagt Ann-Katrin Kossendey-Koch. Die Ereignisse um "medizini" hätten es eindrucksvoll bewiesen. 

Es war ein persönlicher Impuls, der mich in der vergangenen Woche beim Wort & Bild Verlag anrufen ließ, nachdem ich diesen unsäglichen Figurtest für Kinder in der „medizini“ entdeckt hatte. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Was dann durch die Facebook-Posts von Thomas Luft und mir losgetreten wurde, war nicht vorauszusehen - das Thema wurde von etlichen Redaktionen und Blogs aufgegriffen. Stern, n-tv, Die Welt, Brigitte, Hamburger Morgenpost, Rhein-Neckar-Zeitung, T-Online und auch Bild. 

Ein Artikel über Apotheker in den Boulevardmedien mit positivem Feedback - wo gibt es denn so was?

Mittlerweile gibt es sogar eine offizielle Stellungnahme des Wort & Bild Verlages, in der schon kräftig zurückgerudert wird.

Wenn das mit so wenig Aufwand und auch einfachen Mitteln geht, sich positiv beim Endverbraucher zu positionieren und zu zeigen, dass wir das Vertrauen, das die Kunden in uns haben, auch verdient haben, dann wird mir ganz schwindelig, was wir erreichen könnten, wenn wir das Geld und das angebliche Know-how der ABDA wirklich nutzen würden. 

Apothekenportale wie DAZ.online und apotheke adhoc haben das Thema „Boykott der „medizini““ direkt aufgegriffen. Und was macht die ABDA? Ändert das Titelbild ihrer Facebookseite - immerhin. Dort zu sehen ist nun ein Plakatmotiv der letzten Imagekampagne „DJane MC Pharmazeuse“ - eine die Plattenteller bedienende junge Frau in Apotheken-T-Shirt , neben ihr ein kleiner Junge in Kapuzenjacke.

Was das Bild aussagen soll, versteht man noch nicht mal, wenn man von der ABDA eine offizielle, ellenlange Beschreibung dazu bekommt, da der kreative Spagat zwischen Turntables und der Erhöhung der Rezepturpauschale doch etwas zu groß ist.

An wen sich die ABDA-Facebookseite schlussendlich überhaupt wendet, ob an Verbraucher oder Kollegen, bleibt nebulös. Man findet neben praktischen Tipps zum Apothekenfinder auch interne Informationen zu unserer Notdienstpauschale, die angeblich erhöht wurde.

Das stimmt so nicht, aber egal - die Höhe der Notdienstpauschale ist keine wissenswerte Information für unsere Patienten und auch kein Verdienst der ABDA. Der Facebook-Auftritt spiegelt im Endeffekt unseren eingetragenen Verein in Berlin wieder - langweilig, unstrukturiert und immer etwas hinter her! Oder warum gibt es keine Reaktion auf den Boykott der "medizini"? 

Protest eindrucksvoll 

Zumindest das Teilen oder Weiterleiten des lesenswerten Posts von Thomas Luft wäre wünschenswert gewesen. Aber das ist vermutlich zu banal, zu trivial, zu nah am Patienten dran - und man teilt doch nichts, was vom Apotheken-Fußvolk kommt. Egal wie erfolgreich das ist.

Dabei brauchen wir so dringend positive Presse, nur so können wir Honorarforderungen rechtfertigen. Ein „DJ Pharmazeuse-Plakat“ reicht da leider genauso wenig aus wie die richtige Location für ein politisches Sommerfest- Häppchen und Prosecco können andere Lobbyisten auch!

Der Boykott der „medizini“ zeigt eindrucksvoll, wie leicht es ist, sich heutzutage über die sozialen Medien zu vernetzen, Inhalte zu teilen und Dinge zu bewegen. Ein Zeichen zu setzen, dass man mit uns Apothekern nicht alles machen kann, dass wir uns durchaus wehren und nicht alles hinnehmen. Ich bin mir vollkommen im Klaren darüber, dass wir Apotheker weitaus wichtigere Probleme haben, als ein Figurtest für Kinder in der „medizini“. Aber ich erkenne das Potential, welches eine Einigkeit unter uns Apothekern haben könnte. 

Wir kaufen Vordiktiertes

Bleiben wir doch mal beim Beispiel Wort & Bild Verlag. Bei Kollegen ist der Apotheken-Umschau-Macher trotz weiß-blauer Verpflegung auf dem Apothekertag nicht wirklich beliebt, bei der Pharmaindustrie noch weniger. Man muss dem Wort & Bild Verlag allerdings Respekt zollen, er hat sich sehr clever als Marktführer positioniert. Und in dieser Rolle kann man auch den Takt vorgeben -und braucht nicht besonders serviceorientiert sein.

Viele Apotheken scheuen sich davor, dem Wort & Bild Verlag endgültig den Rücken zu kehren, aus Angst Kunden zu verlieren, die aufgrund der massiven Radio- und TV-Werbung unbedingt die Apotheken Umschau haben wollen. Ich habe vereinzelt von Kollegen gehört, dass man tatsächlich auch ohne Umschau eine Apotheke betreiben kann.

Nun kommen wieder unsere Standesvertretung und unser gemeinsames Vorgehen ins Spiel. Die ABDA gibt eine Zeitung für Endverbraucher heraus, die Neue Apotheken Illustrierte. Wir geben also quasi unsere eigene Apotheken Umschau heraus, aber kaum jemand nutzt das?

Wir kaufen lieber „fremd“ und lassen uns die Konditionen vordiktieren anstatt mit unserer eigenen Zeitung der Apotheken-Umschau den Kampf anzusagen? Wenn wir es noch nicht mal beim kleinen Einmaleins schaffen, uns gemeinsam zu positionieren, verwundert es niemanden, dass wir von der Politik weder ernst noch wahr genommen werden, abgesehen von den höchst geheimen Erfolgen der ABDA sind wir Pharmazeuten nämlich überall außen vor.

Jetzt stellen wir uns mal vor, die ABDA würde die Neue Apotheken Illustrierte professionalisieren und ebenfalls in Werbung investieren. Ich bin überzeugt davon, dass man der Apotheken Umschau Konkurrenz machen kann - wenn man es will.

Und wir Apotheker haben auch die Macht, unsere eigene Zeitung gemeinsam nach vorne zu bringen. Es wäre eine klassische Win-Win-Situation: Die Kunden hätten eine kompetente Gesundheitszeitschrift und unser Stand hätte ein eigenes Medium, welches auch durchaus politisch nutzbar wäre und zusätzlich eine Einnahmequelle darstellen würde.  

Aber dafür bedarf es statt  einem „Hätte“, „Könnte“, „Würde“ einem klaren „Machen“ von uns allen.


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9 Kommentare

Es gibt ein Apothekerleben ohne W&B

von hartmut valdiek am 10.02.2016 um 16:46 Uhr

Fast jeden Abend werde ich zur besten Sendezeit dazu genötigt teuer eingekaufte Zeitschriften an meiine Kunden zu verschenken und diese unsägliche Werbung mitzufinanzieren. Die Macher der Zeitschrift können vor Freude über dieses Geschäftsmodell und dem daraus resultierenden Geldsegen wahrscheinlich kaum in den Schlaf kommen.
Ich konnte der Versuchung, dieses Blatt einzukaufen, bisher erfolgreich widerstehen. Und ich kann allen Kollegen versichern, es gibt ein Leben ohne Umschau!!! Nur sehr vereinzelt wird bei Bewerbung bestimmter Themen gezielt danach gefragt, da gibt es aber immer Alternativen und Erklärungen unsererseits.
Also Kollegen fasst Mut, kündigt und schaut Euch nach Alternativen um, die gibt es zuhauf und zudem vergleichsweise preiswert.


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Glückwunsch AKK et al.

von Uwe Hansmann am 14.01.2016 um 16:32 Uhr

Der Beweis ist einmal mehr erbracht: Nur wer sich vehement äußert, wird wahrgenommen. Super Aktion und Medienerfolg. Danke auch an den medial hervorragend präsenten Kollegen Thomas Luft.

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W&B

von Dr. Sabine Mickeler am 09.01.2016 um 8:59 Uhr

Hochachtung vor W&B!
Gibt es ein anderes Untenehmen, welches per medialer
Werbung Massen von Menschen dazu animiert, sich
in einem Geschäft etwas "umsonst" abzuholen?
Dazu kann man nur gratulieren - ein seit Jahren gelungerner Schachzug.
Nur leider dürfen wir Apothekeninhaber dieses erpresste "Umsonst" teuer bezahlen.
Nur mal angenommen, alle Abonnenten bei W&B terminierten den Bezug der werbelastigen, überteuerten und uns Preise diktierenden Revue-Blättchen auf den 31.8.2016?
Das wäre mal eine echte Solidarität.
Wir könnten es auch gerne zuvor medial ankündigen -ganz im Sinne von:
"The Apotheken-Empire strikes back"!

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AW: Syptomatisch...

von Bernd Jas am 09.01.2016 um 13:57 Uhr

...für unser Berufsgesindel ist, genau in diesem Zustand der Knebelei zu verharren.

Anstatt sich gemeinsam auf den WUB zu stürzen, sollten wir gemeinsam gegen die DAK und dessen Gebaren vorgehen.

Nun gut, ...- üben kann man ja mal vorher an diesen kleineren Kandidaten. Der WUB hätte sich ja schon vor einigen Jahren, als wir diese Diskussion schon mal hatten für uns (Seinen win, win, win...(für wen nur?) Kunden und für lau Verteiler) einsetzten können und den Patienten mal erklären können bei welchen Schlitzohren sie versichert sind.
Nein, nein, nein,.....bloß nicht die Finger verbrennen, "dafür sind wir ja nicht zuständig", das soll nur weiterhin die Fachpresse bekümmern. Nur liest die keiner der Versicherten :`((

Könnte ich nochmal kündigen, würde ich es jetzt wieder tun.

Freiheit...

von Bernd Jas am 07.01.2016 um 19:21 Uhr

...muss man sich manchmal nehmen, auch wenn es erst schmerzlich erscheint. Aber dann hat´s gar nicht weeeh getan und wir können uns hier die Flosse reichen, da wir auch seit 2013 Unschlau frei sind. Ich bin auf jeden Fall froh die allabendliche Dauer-Werbung nicht mehr mit zu finanzieren. Wir geben genug für die Organisation der Medikamente aus. Und das dankt uns niemand; im Gegenteil, wir zalen noch Malus obendrauf und werden zu guter Letzt noch auf Null retaxiert.
Ansonsten gebe ich Dir auch volle Zustimmung.
Der echte alte Zopf ist wirklich der, das es in Apotheken immer noch etwas "dazu" gibt und sei es nur Marketing-Pröbchen. Ab is´.

Danke Ann-Katrin!
Und möge das "Gegengewicht" zum "Übergewicht" werden.
Wir arbeiten dran.....und bleibt giftig!

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Gutes Neues Jahr!

von Kerstin Kemmritz am 07.01.2016 um 14:11 Uhr

Diese Aktion macht jede Menge Mut, ganz egal, ob man zum gleichen Schluß kommt wie AKK und Thomas Luft. Das ist positive Medienarbeit vom Feinsten! Ich prognostiziere mal, dass das neue Jahr noch mehr davon zu sehen und hören bekommt... ;-)

Was lernen wir und weitere Teile der Bevölkerung daraus? Wir Apotheker nehmen die Verantwortung für die Gesundheit und die Gesundheitsaufklärung der Bevölkerung jedenfalls ernst. Wir bezahlen die Kundenzeitschriften, also wollen wir sie auch mit gestalten. Wir können uns über Facebook & Co organisieren. Wir kommen mit einer Meinung (egal, ob man diese so teilt) in die Medien. Wir trauen uns was! Das macht Mut! Vielen herzlichen Dank dafür. Und weiter so :-)

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Es gibt .....

von gabriela aures am 07.01.2016 um 12:23 Uhr

...durchaus ein (Über)Leben für die Apotheke nach der Umschau !
Meine Kündigung bei W+B und der Wechsel zur NAI war durchaus politisch bedingt im Zuge der Proteste des Jahres 2012 - ich habe also seit 2013 keine Umschau mehr.Die Kündigung ist ja bis zum 31. August des laufenden Jahres nötig !
Was soll ich sagen - es gab ganz wenig Nachfragen, Kritik eigentlich gar nicht. Manche Kunden haben bis heute den Wechsel nicht bemerkt :-). Das Argument die "NAI" wird von den Fachleuten gemacht, nicht von einem werbelastigen Verlag, beruhigt auch den ärgsten Zweifler.
Und sind wir ehrlich: wer sein Wohl und Weh von der Verteilung der Umschau (am Besten noch mit kostenpflichtigem Rätsel- und Fernesehprogrammteil) abhängig macht, der hat den Beruf nicht verstanden, und sollte sich um die Übernahme eines Zeitungskioskes bemühen. (Im Übrigen soll es auch Mitmenschen geben, die in JEDER Apotheke des Weges Zeitungen abstauben....).

Über das tiefschwarze Loch "ABDA" schreibe ich lieber nichts...dieses völlige Negieren von Allem, was nicht originär aus der Lindenstrasse kommt, spricht Bände. Oder ist man dort dieser Tage gar vor Scham sprachlos ?

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AW: Imagewerbung

von Reinhard Rodiger am 07.01.2016 um 13:35 Uhr

Leider ist die Umschau die EINZIGE durchgängige Werbung für die Apotheke.Richtig wäre, das nicht dritten zu überlassen. Das in (Professioneller)eigener Regie, wär doch was. Weg von der "Umsonstkultur".

AW: berufliche Zivilcourage kann so einfach sein

von dr.christoph klotz am 07.01.2016 um 19:47 Uhr

Alles richtig, was Du schreibst, Ann-Kathrin.Ich hatte in meiner Apotheke auch die W&B Titel abgeschafft. Mein Nachfolger hat sie wieder eingeführt.
Die NAI ist leider noch keine echte Alternative zum Platzhirsch.
Außerdem, wenn es unsere Zeitung ist und nicht nur eine cash cow für den Govi-Verlag, dann würde ich damit berufspolitische Ansprüche verknüpfen. Solange uns das schwarze Loch ABDA mit seinen narzistischen Projekten auf der Nase herum turnt, so lange sehe ich keine Veranlassung, die ABDA- jetzt Vereins-Töchter noch reicher zu machen.

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