OTC-Werbeverbot in Rumänien

Der Präsident sagt „nein“

Remagen - 13.01.2016, 16:28 Uhr

Klaus Iohannis: OTC-Werbeverbot offenbar wegen Unvereinbarkeit mit europäischen Gesetzen und mangelhaften Formulierungen abgelehnt. (Foto: Etinne Laurent / dpa)

Klaus Iohannis: OTC-Werbeverbot offenbar wegen Unvereinbarkeit mit europäischen Gesetzen und mangelhaften Formulierungen abgelehnt. (Foto: Etinne Laurent / dpa)


In Rumänien hat ein geplantes Werbeverbot für nicht-rezeptpflichtige Arzneimittel in audiovisuellen Medien in den letzten Monaten für viel Aufregung gesorgt. Nun hat Präsident Klaus Iohannis die Initiative zunächst mal ausgebremst.

Der Gesetzentwurf zu dem Werbeverbot ist seit dem 1. April 2015 “auf dem Tapet”. Laut dem rumänischen Nachrichtenportal „stiripesurse.ro“ befürchtete dessen Initiator, Senator Alexandru Vegh, einen „negativen und irreführenden Einfluss“ solcher Werbung auf die Bevölkerung. Am 14. Dezember 2015 kam es schließlich zu einer positiven Abstimmung über den Entwurf im rumänischen Parlament, und zwar mit einer großen Mehrheit.

Diese Annahme sei überraschend, hatte „Forbes Romania“ kommentiert, da sowohl die rumänische Regierung als auch der Nationale Rat für audiovisuelle Medien des Landes und die Fachausschüsse (Gesundheit und Umwelt) in den beiden Kammern dessen Ablehnung empfohlen hatten. In der Folge wurde auch von Präsident Klaus Iohannis, der den Gesetzwurf unterzeichnen und damit dessen Rechtskraft besiegeln sollte, keine weitere Gegenwehr erwartet. Doch es kam anders.

Dem Vernehmen nach hat Iohannis das vom Parlament beschlossene Werbeverbot zu OTC-Arzneimitteln nicht gebilligt. Als Gründe werden die Unvereinbarkeit mit europäischem Gesetz sowie mangelhafte Formulierungen angeführt. Nun muss das Parlament das Gesetz überarbeiten.

Starkes Wachstum bei OTC-Produkten

Möglicherweise war dem rumänischen Politiker, der das Verfahren angestoßen hat, der Aufschwung im rumänischen Pharma- und speziell im OTC-Markt ein Dorn im Auge. Laut einem Marktbericht von Germany Trade and Invest (GTAI) expandierte dieser in 2014 kräftiger als gedacht. Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Cegedim seien die Umsätze mit dem Pharmahandel zur Versorgung des Inlandsmarktes in Euro um 6,2 Prozent auf knapp 2,8 Milliarden Euro angewachsen.

Den deutlichsten Aufschwung hätten dabei die OTC-Produkte verbucht, die mittlerweile einen Anteil von 18,7 Prozent am Einzelhandelsumsatz halten. Für das gute Jahresergebnis im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wird ein „dynamisches 4. Quartal 2014“ verantwortlich gemacht. Von September bis Dezember 2014 war für OTC-Arzneimittel ein Anstieg um 19,5 Prozent und für rezeptpflichtige in Apotheken um 9,6 Prozent festgestellt worden.

In den ersten neun Monaten des Jahres 2015 ist der Markt nun gegenüber dem entsprechenden Zeitraum im Vorjahr mit 1,2 Prozent etwas zurückgegangen. Dies berichtet die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien. Während jedoch rezeptpflichtige Medikamente über Apotheken 6,7 Prozent eingebüßt hätten, sei der Aufschwung bei OTC mit plus 18,1 Prozent nach wie vor ungebremst. 

Ausländische Unternehmen dominieren

Wie GTAI unter Berufung auf Cegedim-Zahlen weiter ausführt, vereinten die auf dem Markt führenden zehn Unternehmen in 2014 umsatzmäßig rund die Hälfte des Marktes auf sich. Rang eins unter den Pharmaunternehmen belegte Sanofi (einschließlich Zentiva), gefolgt von Hoffmann La Roche und Novartis (einschließlich Sandoz). Unter den Top 20 sind inländische Firmen stark unterrepräsentiert. Der staatliche Pharmahersteller Antibiotice Iasi, der mehrheitlich dem rumänischen Gesundheitsministerium gehört, findet sich mit einem Umsatzanteil von 2,1 Prozent am Markt lediglich auf Rang 16. Bis 2020 sollen laut GTAI jedoch 40 Mio. Euro für neue Produktionsstätten und die Erweiterung des Medikamentenangebots ausgegeben werden. 

Apotheken setzen auf OTC

Auch die Apotheken könnten von einem Werbeverbot für nicht-rezeptpflichtige Medikamente in Radio und Fernsehen gehörig in Mitleidenschaft gezogen werden. Nach Darlegung von GTAI leiden sie unter schrumpfenden Gewinnspannen, wobei Einzelapotheken verstärkt mit dem Wettbewerbsdruck zu kämpfen hätten. Die höheren Margen für OTC-Produkte böten einen Anreiz, diese verstärkt zu verkaufen. Als führende Anbieter rezeptfreier Präparate im rumänischen Pharmamarkt werden die multinationalen Hersteller Sanofi, Reckitt Benckiser und GSK angeführt.

In Rumänien gibt es rund 7.000 Apotheken. Ihre Zahl ist durch Gesetz festgelegt in Abhängigkeit von einer gestaffelten Einwohnerzahl nach Stadtgröße. Die größten Pharmaketten sind Catena (rund 500 Verkaufspunkte), Sensiblu (gut 400), Dona (275), Help Net (175) und Ropharma (125). Hinzu kommen die Ketten Richter (120), Belladona (100), Remedia (90) und Reteta/ Farmaciile Polisano (80 - Teil der Polisano-Gruppe für medizinische Dienstleistungen und Pharmazeutika). Die Gruppe unabhängiger Apotheken Ethica umfasst nach dem GTAI-Marktbericht 250 Betriebe in zehn Kreisen.


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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