Pharmacon Schladming

Bei Fructose-Unverträglichkeit nicht aufs Obst verzichten

Schladming - 21.01.2016, 08:30 Uhr

Menschen mit Fructose-Malabsorption dürfen ruhig zugreifen, sollten sich aber beraten lassen. (Foto: Maksim Pasko / Fotolia)

Menschen mit Fructose-Malabsorption dürfen ruhig zugreifen, sollten sich aber beraten lassen. (Foto: Maksim Pasko / Fotolia)


Patienten mit einer Fructose-Malabsorption sollen nicht vollständig auf Obst verzichten, rät der Ernährungsexperte Prof. Martin Smollich. Die Qualität und Zusammensetzung der Mahlzeiten seien wichtiger als die absolute Fructose-Menge, die aufgenommen wird.

30 Prozent aller Mitteleuropäer haben eine Fructose-Malabsorption und können wegen einer reduzierten Kapazität des GLUT-5-Transporters Fruchtzucker nicht vollständig resorbieren. Die Fructose verbleibt im Darm, wo sie vergoren wird und zu Beschwerden wie Blähungen, Bauchschmerzen, Völlegefühl und Diarrhö führen kann. Gut die Hälfte der Betroffenen ist allerdings beschwerdefrei, auch weil sie nur geringe Mengen Fructose zu sich nimmt.

Unerwartete Fructose-Quellen

Wie Martin Smollich, Apotheker und Leiter des Studiengangs Clinical Nutrition in Rheine, auf dem Pharmacon in Schladming erläuterte, sollten Patienten mit Fructose-Malabsorption keinesfalls vollständig auf Obst verzichten. Früchte und Gemüse seien, anders als oft vermutet, nicht die Hauptquelle von Fructose. Rund 70 Prozent des aufgenommenen Fruchtzuckers stamme aus Fertiggerichten (Convenience-Produkte), Softdrinks, Fruchtsäften, Backwaren und Süßigkeiten. Besonders problematisch ist laut Smollich, dass Lebensmittelhersteller zunehmend Glucose durch Fructose ersetzen. 

Meiden sollten Fructose-Intolerante isolierte Fructose, Zuckeralkohole (oft als Zuckeraustauschstoffe verwendet), Alkohol und Prokinetika, die die Darmpassage beschleunigen und so die Resorption verringern. Günstig auf die Fructose-Resorption wirken sich Ballaststoffe und Makronährstoffe sowie die kombinierte Aufnahme von Fructose mit Glucose aus. Denn zusammen mit Glucose, am besten im Verhältnis 1 : 1 wie in der Saccharose, wird Fructose deutlich besser resorbiert – auch von Fructose-Intoleranten.

Mehr Beratung über optimale Steigerung

Nicht nur aus ernährungsphysiologischer Sicht ist eine dauerhafte Fructose-Karenz bei der Malabsorption nicht sinnvoll. Da der GLUT-5-Transporter induzierbar ist, kann durch gezielte Steigerung der Fructose-Zufuhr seine Kapazität wieder erhöht werden. Nur bei der seltenen primären hereditären Fructose-Intoleranz (HFI), bei der der Fructose-Abbau gestört ist und es zu toxischen Fructose-1-Phosphat-Konzentrationen in der Leber kommen kann, müssen die Patienten tatsächlich dauerhaft auf Fructose-haltige Lebensmittel verzichten.

Smollich rechnet damit, dass das Thema Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten in den nächsten Jahren noch an Brisanz zunehmen wird. Er rät den Apothekern deshalb, sich intensiv mit diesem Thema zu beschäftigen, da der Beratungsbedarf steigen wird.


Dr. Benjamin Wessinger (wes), Apotheker / Herausgeber / Geschäftsführer
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Zuckersüßes Beratungswissen – Teil 3

Warum Obst essen gesünder ist als Smoothies trinken

Leben mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten

(K)ein Problem

Nahrungsmittelunverträglichkeiten: Ist das wirklich schlecht für mich?

Krankheit oder Mode?

Nahrungsmittelunverträglichkeiten erkennen und behandeln

Die Angst isst immer mit

Zuckersüßes Beratungswissen – Teil 2

Glucose-Fructose-Gemische – das Spiel mit Unbekannten

Blähungen und ihre Ursachen

Üble Winde

Zuckersüßes Beratungswissen – Teil 1

Fructose – süße Gefahr

Metabolisches Syndrom und nicht-alkoholische Fettleber

Fettleber durch Fructose

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.