ApothekerGruppe in Osnabrück

Hoher Konkurrenzdruck fordert Opfer

Düsseldorf - 21.01.2016, 11:20 Uhr

Bald hat Osnabrück eine Apotheke weniger. (Foto: Apotheke 83/Lars Crusius)

Bald hat Osnabrück eine Apotheke weniger. (Foto: Apotheke 83/Lars Crusius)


Im niedersächsischen Osnabrück herrscht die größte Apothekendichte Deutschlands. Nun hat dort ausgerechnet der Versuch eines Apothekers, sich wirtschaftlich breiter aufzustellen, gleich fünf Apotheken in die Insolvenz gerissen. Eine davon muss jetzt schließen.

Auf 2400 Einwohner kommt im niedersächsischen Osnabrück je eine Apotheke. Damit ist die Stadt mit ihren rund 157.000 Einwohnern der Ort in Deutschland mit der höchsten Apothekendichte, so eine Studie des Johann Heinrich von Thünen-Instituts. Während auf dem Land ringsum Apotheker teils verzweifelt nach Nachfolgern suchen, wächst in Städten wie Osnabrück der Konkurrenzdruck. Dort hat das nun gleich fünf Apotheken in die Insolvenz getrieben – allerdings wird nur eine davon für immer schließen.

„Es ist so schon eine besondere Situation in der Stadt, das macht sich in der Kasse bemerkbar“, sagt Apotheker Lars Crusius, dem vier der fünf Apotheken gehören. Die fünfte, eine Apotheke nach dem Easy-Konzept, wird von seiner Frau Uta Urner geleitet. Ausgerechnet der Versuch, sich wirtschaftlich breiter aufzustellen, um dem Konkurrenzdruck und den schlechten Rahmenbedingungen zu entgehen, hat nun aber zu der Insolvenz der Crusius Apothekengruppe geführt.

Investition in Kosmetikstudio

In den vergangenen zehn Jahren seien die Einnahmen durch politische Eingriffe immer weiter zurückgegangen, erklärt Crusius. „Um die Rückgänge auszugleichen, habe ich in die Modernisierung der Apotheken investiert und außerdem ein hochmodernes Labor für Krebsmedikamente, ein Seminarcenter und das Kosmetikstudio Skinsurfer aufgebaut.“ Als sich dann beim Kosmetikstudio die Eröffnung um ein ganzes Jahr verschob, das Personal aber bereits eingestellt war, brach die Finanzierung zusammen. Die Kredite wurden fällig und Crusius blieb nur der Weg in die Insolvenz.

Die Situation für die Apotheken ist insgesamt weiterhin schwierig, bestätigte unlängst auch ABDA-Pressesprecherin Ursula Sellerberg. Vor allem die sich stetig verschärfenden Rahmenbedingungen machten Apothekern das Leben schwer. Daher sei auch der Wettbewerb untereinander hart, zusätzlich kämen noch viele bürokratische Hürden dazu.

Eine Apotheke schließt, die übrigen werden saniert

Crusius blickt nun dennoch zuversichtlich in die Zukunft. Zwar schließt die Apotheke 83 zum 31. Januar ihre Pforten und auch das Kosmetikstudio sei bereits verkauft. Die Atlas-Apotheke, die Apotheke am MHO und die MediPark Apotheke bleiben aber geöffnet. Möglich wird das, weil Crusius bereits Ende August ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt hat, das nun vom Amtsgericht Osnabrück eröffnet worden ist. Damit kann der Betrieb der Apotheken weitergehen und auch die Lieferanten hätten bereits ihre Unterstützung zugesichert und werden weiterhin Waren und Medikamente liefern. Die Mitarbeiter der Apotheke 83 sollen auf die übrigen Apotheken verteilt werden.

Bei dem sogenannten Eigenverwaltungsverfahren wird dem Schuldner vom Amtsgericht ein Sachwalter zur Seite gestellt, der aber nur als Aufsicht fungiert. Im Fall von Crusius ist das die Osnabrücker Rechtsanwältin Anna Kuleba. Gemeinsam mit der Düsseldorfer Wirtschaftskanzlei Buchalik Brömmekamp hat Crusius ein Sanierungskonzept für die verbleibenden Apotheken, das Labor und das Seminarcenter entwickelt, dem nun noch die Gläubiger und das Gericht zustimmen müssen. „Wir wollen uns neu ausrichten“, erklärt Crusius. Ziel sei die Sanierung und die Anpassung an die veränderten Wettbewerbsbedingungen.

Dabei sollen unter anderem Verwaltung und Einkauf zentralisiert sowie der Vertrieb zu den Ärzten in Osnabrück verstärkt werden, erklärt Crusius. Da das Gericht einem solchen Verfahren nur zustimme, wenn es realistische Chancen zur Sanierung gebe, ist der Apotheker optimistisch.

Easy-Apotheke indirekt mitbetroffen

Optimistisch ist auch Urner, Besitzerin der Easy-Apotheke im Weidencarrée, die infolge einer Bürgschaft für die Kredite der Apothekengruppe von Crusius nun indirekt mit in die Schieflage gezogen wurde. Denn eigentlich, sagt Crusius, sei die Easy-Apotheke, die nach einem anderen Konzept arbeitet als die klassischen Apotheken, wirtschaftlich gut aufgestellt. „Das Konzept funktioniert“, sagt Crusius, ließe sich aber leider auf seine übrigen Standorte vor allem wegen der Lage nicht anwenden.

Wie die übrigen rund 100 Easy-Apotheken in Deutschland – im November 2015 eröffnete die hundertste – verfügt auch die am Weidencarrée in Osnabrück über eine große Ladenfläche und liegt in unmittelbarer Nähe zu Einkaufsmärkten. „Wir gehen dahin, wo die Kunden sind“, erklärt Lars Horstmann, Vorstandsvorsitzender der Easy Apotheke Holding AG.

Dritte von Insolvenz betroffene Easy-Apotheke

Einen Großteil der Umsätze erzielen die Easy-Apotheken nicht mit rezeptpflichtigen Medikamenten, sondern mit rezeptfreien Arzneimitteln und zahlreichen weiteren Gesundheitsprodukten. „Eine Easy-Apotheke hat nur 30 bis 40 Prozent Umsatz mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln“, erklärt Horstmann. Daher seien diese Apotheken in der Regel auch unabhängiger von den Folgen der Gesundheitspolitik.

Der Fall in Osnabrück sei erst der dritte, in dem eine Easy-Apotheke von Insolvenz betroffen sei. Bisher sei es stets so gewesen, dass die Besitzer mit einer weiteren, klassischen Apotheke in wirtschaftliche Schieflage geraten seien und die Easy-Apotheken indirekt von der Insolvenz mit betroffen waren. Anders als die beiden ersten Fälle, in denen die Easy-Apotheken schließen mussten, bleibt die im Weidencarrée in Osnabrück weiterhin geöffnet.

Denn auch für Urner ist ein Eigenverwaltungsverfahren eröffnet worden, mit dem die Finanzlage nachhaltig saniert werden soll. Das Sanierungskonzept wurde ebenfalls mit der Wirtschaftskanzlei Buchalik Brömmekamp erarbeitet. Ihr zur Seite gestellt wurde der Osnabrücker Rechtsanwalt Thomas Lißner als Sachwalter. 


Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Lebensqualität

von Roland Mückschel am 21.01.2016 um 17:23 Uhr

Also mir wäre es in jungen Berufsjahren nicht wohl gewesen bei einem derartigen Konstrukt. Aber ich bin da ja wohl einfach nicht auf der Höhe der Zeit.

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AW: Schieflage durch politische Eingriffe ?

von Dieter Kohlmann am 23.01.2016 um 11:30 Uhr

Wenn ich Personal (Plural!) einstelle, lange bevor ich Räume habe, kann ich nicht NUR die Politik für mein Scheitern verantwortlich machen....

Größenwahn...

von Konrad Mörser am 21.01.2016 um 11:27 Uhr

wer auf Pump und mit horrendem Hebel - vulgo Fremdkapital - in zum Teil fachfremde Zweige investiert, spielt mit dem Feuer oder ist schlicht größenwahnsinnig.
"Den Bürgen wird man würgen" - wenn man dann noch eine Bürgschaft gibt, dann spricht das nicht gerade für kaufmännisches Geschick. Hätte Frau Urner die Bürgschaft auch jemand anderem gegeben als ihrem Ehemann bzw. hätte sie dann das Geschäftsmodell besser geprüft?

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