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Bei derart paradisischen Gewinnaussagen wähnte sich Ann-Katrin Kossendey-Koch zunächst im Sterne-Hotel auf Bali. Wenn da nicht die Realität wäre und eine ehrenamtliche Standesvertretung, deren 17 + 17 dringend gegen ein professionelles Team ausgetauscht werden müsste...
Bali? Mauritius? Neuseeland? Ich kann mich gerade nicht entscheiden, wo ich mein Umsatzplus auf den Putz haue. Ich bin noch ganz aufgeregt, da ich es erst vor kurzen aus den Medien erfahren habe. Ich habe „erneut stark vom gestiegenen privaten Konsum profitiert“, um 5 Prozent sind die Arzneimittelausgaben gestiegen. Ich habe das zwar jetzt nicht so direkt im Geldbeutel und auf meinen Konten gemerkt, aber ich bin ja auch Heilberufler und kein BWLer. Da bin ich jetzt zehn Jahre selbstständig und es läuft in unserer Branche besser als jemals zuvor - zwar bergab und rückwärts, aber es läuft.
Innovatives Arzneimittel sprengt den Rahmen
Mein ehemaliger Nachbar kann mein pures Entsetzen, das mir
ins Gesicht geschrieben steht, wenn ich ihn in meine Apotheke kommen sehe, so
gar nicht nachvollziehen. Er braucht jetzt leider seit vergangenem Jahr ein
innovatives, hochpreisiges Medikament für seine seltene Lungenkrankheit. Die
Hochschule Hannover schreibt ihm gern gleich drei Packungen auf einmal auf,
damit er seinen Dreimonatsbedarf decken kann. Es brauchte etwas
Überredungskunst meinerseits, um die Lieferung der drei Hochpreiser etwas zu
entzerren.
Der Umsatz in dem Quartal war sensationell, meine
Rezepteinlieferungen ein Traum und mein Dispo ein Desaster, so wie meine Stimmung. Ein
Umsatzplus ist so leicht und flockig generiert, nur steigt der Gewinn leider
nicht zwingend parallel dazu, wie selbst heilberufliche Kaufleute wissen.
Frustriert von solch unglücklich formulierten Headlines, habe ich die ABDA-Homepage aufgerufen, um mir die Zahlen-Daten-Fakten anzuschauen. Die Seite baute sich erst gar nicht auf (bin ich schon gesperrt bei der ABDA?), dann so langsam, dass ich fast schon völlig ermüdet aufgegeben hätte. Aber siehe da - irgendwann öffnete sich die Fanpage unserer Pharma-Stars.
Ist das Absicht, dass man möglichst immer viel Angriffsfläche bietet? Damit man ja nicht als Lobbyist wahrgenommen werden kann? Man nehme einmal das Beispiel „Verdienst einer durchschnittlichen Apotheke“, deren Umsatz laut Treuhand 2,2 Millionen Euro beträgt. Statistisch ist das sauber, keine Frage - aber standespolitisch ein Fauxpas. Die meisten Apotheken liegen laut der Zahlen mit ihrem Umsatz irgendwo zwischen 1,25 und 1,75 Millionen Euro, der Wert wird halt durch wenige umsatzstarke Apotheken verzerrt, so dass der Durchschnittsapotheker plötzlich 129.000 Euro Gewinn macht (und womöglich blauäugig Fernreisen bucht).
Solche Zahlen dürfen auf der Homepage unserer Standesvertreter nicht unkommentiert veröffentlicht werden. Es muss ja nicht gleich BILD-Zeitungs-Niveau sein, aber ein knackiges Statement kann solche Zahlen schnell relativieren. Professionalität ist des - Achtung Wortspiel - Pudels Kern.
Wir brauchen klare Worte, so wie sie mein Kollege Erik Modrak aus Hessen formulierte: „Obwohl die Arzneimittelumsätze wieder um 5 Prozent gestiegen sind, ist das Apothekenhonorar noch immer auf dem Niveau von 2004.“ Es handelt sich um die gleichen Fakten, ist nur weitaus besser formuliert als ein schlichtes „Arzneimittelausgaben wie erwartet um 5 Prozent gestiegen“.
ABDA-Neubau wahrscheinlich 2030 finalisiert
Nach den neuesten Meldungen zum neuen Apothekerhaus in Berlin liegt die Vermutung nahe, dass die Vereinsspitze für so Kleinkram wie Pressearbeit gar keinen Kopf hat. Das Perspektivpapier 2030 ist in Wahrheit vielleicht eher der Bauplan - wer nimmt Wetten an, was eher fertig ist: Der Berliner Flughafen oder das ABDA-Loft mit mehreren Dachterrassen und riesigem Plenarsaal?
Mit jedem geheimen Erfolg der ABDA, mit jeder unglücklichen Schlagzeile, mit jedem Ausschluss aus der Politik wird es immer deutlicher - das Ehrenamt hat sich überlebt, wir brauchen mehr Professionalität in der Standesführung. Wer immer nur das Gleiche tut, muss sich nicht wundern, wenn immer das Gleiche dabei heraus kommt. Die Lage der deutschen Apotheker ist ernst genug, um mutig neue Wege zu gehen, da zieht selbst die beliebte Drohung „Es könnte schlimmer kommen“ nicht mehr.
Wir sind nur noch ein Spielball von Politik und Krankenkassen, müssen für immer haarsträubendere Retax-Spielchen herhalten, bekommen mehr Vorschriften für weniger Geld und das alles mit dem Stempel „Wieder Umsatzplus für Apotheker“ auf der Stirn.
Ritter Friedemann im Youtube-Channel
Diesen Abwärtsstrudel halten Ritter Friedemann und seine 17+17-Vasallen nicht mehr auf, da ist jetzt ein Vollzeit-Drachentöter gefragt, um zu retten, was überhaupt noch zu retten ist.
Für diejenigen, die ohne Pöstchen nicht leben können, finden sich sicherlich Aufgaben. Friedemann Schmidt könnte einen Youtube-Channel betreiben, Erfahrung als Moderator hat er ja bereits und über Product-Placement ist sogar seine silberne Alfi-Kanne mit am Start.
Matthias Arnold könnte einen Blog schreiben, damit kann er dann auch Arzneimittel-Werbung machen, er darf das ja sogar als Apotheker. Auf jedem Fortbildungskongress werden Redner gebraucht und die Firmen suchen Testimonials für ihre Stände auf der Expopharm - da wäre für jeden was dabei.
Es geht mittlerweile nicht mehr darum, den Ehrenamtlichen Vorwürfe zu machen, unsere Standespolitik ist einfach so komplex geworden, dass sie nur noch professionell zu managen ist. Da gibt es kein Wenn und Aber - es gilt jetzt das Ruder rumzureißen, wenn uns unser Beruf, unsere Berufung wichtig ist.
Ansonsten bleibt womöglich in ein paar Jahren als Alternative wirklich nur die Strandbar auf Bali, dann aber nicht als Urlaubsziel, sondern als Arbeitsplatz. Ich buche jetzt, passend zu meinem Umsatz drei Wochen Mauritius im 5-Sterne-Resort ...oder lieber doch - meinem Gewinn entsprechend - ein verlängertes Wochenende im Center-Parc in der Lüneburger Heide?
15 Kommentare
Merkwürdig
von Schmole am 09.02.2016 um 18:56 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten
AW: Schon erledigt...
von Ann-Katrin Kossendey-Koch am 10.02.2016 um 15:27 Uhr
AW: Respekt
von Schmole am 16.02.2016 um 18:57 Uhr
AW: Vielen Dank..
von Ann-Katrin Kossendey-Koch am 16.02.2016 um 22:54 Uhr
Apothekengewinne ?
von Heiko Barz am 04.02.2016 um 11:44 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Über die Berechnungsgrundlage....
von gabriela aures am 04.02.2016 um 12:07 Uhr
MehrumsTz
von Dr. Albrecht Emmerich am 03.02.2016 um 22:11 Uhr
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Kommentar
von Alexander Zeitler am 03.02.2016 um 21:23 Uhr
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AW: Besonders "schön"....
von gabriela aures am 03.02.2016 um 21:41 Uhr
Im Übrigen....
von gabriela aures am 03.02.2016 um 21:15 Uhr
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wie ein DAX-Konzern...
von Dr. Berthold Pohl am 03.02.2016 um 20:13 Uhr
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AW: Dafür haben wir andere Qualitäten...
von Ann-Katrin Kossendey-Koch am 16.02.2016 um 22:59 Uhr
was soll das?
von Dieter Dosquet am 03.02.2016 um 17:52 Uhr
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Da nimmt es nicht wunder....
von gabriela aures am 03.02.2016 um 16:55 Uhr
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AW: Epigenetisch...
von Bernd Jas am 04.02.2016 um 10:37 Uhr
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