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- 5 Fragen an Kai-Peter ...
Zu Beginn seiner zweiten Amtszeit als Präsident der Apothekerkammer Hamburg spricht Kai-Peter Siemsen über seine Pläne, ein Angebot für den Berufsnachwuchs, die Zukunft an der Uni Hamburg und die Idee, die ganze Apothekenhonorierung zu überdenken.
DAZ.online: Sie wurden vor etwa zwei Wochen für eine neue Amtszeit als Präsident der Apothekerkammer Hamburg gewählt. Was sind die drei wichtigsten Aufgaben, die Sie sich für die nächsten vier Jahre in diesem Amt vorgenommen haben?
Siemsen: Für viele Mitglieder ist die Kammer eine Black-Box mit Fragezeichen. Diesen Mitgliedern ist nicht bewusst, was wir als Selbstverwaltung der Hamburger Apotheker tun und dass wir Aufgaben übernehmen, die sonst eine Behörde erledigen würde. Wir suchen nach einem Weg, diese Mitglieder aktiver an die Kammer zu bringen und mit ihnen zu kommunizieren.
Die zweite Aufgabe ist die Nachwuchsgewinnung. Wir stehen in Hamburg vor dem besonderen Problem, dass in den nächsten 15 Jahren 66 Prozent der heutigen Apothekeninhaber im Rentenalter sein werden. Im Alter zwischen 30 und Mitte 40 haben wir eine große Delle. Wir werden daher eine ganze Reihe von Apotheken verlieren. Um Nachwuchs für die Apotheken zu gewinnen, müssen wir Schüler für die Pharmazie begeistern und PhiPs dichter an die Kammer holen. Wir möchten daher als Kammer zusätzlich zum Blockunterricht weitere Angebote für PhiPs machen. Das soll die Ausbildung in Klinischer Pharmazie erweitern und die Ausbildungsapotheken entlasten.
Drittens stellt sich für die Kammer die Frage, wie wir mit den zunehmenden Berufspflichtverletzungen umgehen, beispielsweise dem Ablehnen von Rezepturen. Wenn wir die Berufspflichten nicht erfüllen, haben wir keinen Anspruch an die Gesellschaft mehr, und wenn einige es nicht mehr tun, werden die anderen mehr gefordert, als es sonst nötig wäre. Diesem Thema müssen wir uns stellen.
DAZ.online: Wie beeinflusst das Perspektivpapier „Apotheke 2030“ der ABDA die Arbeit der Apothekerkammer Hamburg?
Siemsen: Das Perspektivpapier fasst theoretisch zusammen, was wir wollen. Das muss mit Leben gefüllt werden. Vieles geschieht in Berlin. Die Grundidee ist, ergänzend zum Arzneimittel den Blick mehr auf den Patienten zu richten. Für uns als Kammer heißt das, die Kollegen mit der Fortbildung entsprechend zu aktivieren. Außerdem wünsche ich mir, ähnlich wie in anderen Kammern eine Fortbildung zum zertifizierten AMTS-Manager anzubieten. Schön wäre, mit einer der großen Krankenkassen in Hamburg ein Modellprojekt ergänzend zu ARMIN zu etablieren. Doch eines ist klar: Ob in Modellprojekten oder außerhalb, ein Medikationsmanagement ohne Honorar kann es nicht geben.
DAZ.online: Wie erklären Sie als Mitglied des Haushaltsausschusses der ABDA den Mitgliedern des Haushaltsausschusses der Apothekerkammer Hamburg, warum die ABDA immer wieder höhere Beiträge benötigt?
Siemsen: Viele Kosten steigen durch die normale Nutzung von Ressourcen. Außerdem geben die Mitgliederorganisationen gerne Aufgaben nach Berlin ab. Das verschiebt die Kosten, hat aber Synergieeffekte. Allerdings neigen Gremien auch dazu, Aufträge zu verteilen, ohne genaue Kenntnisse darüber zu haben, was diese kosten. Das wollen wir angehen. Dazu fehlt aber noch ein regelmäßiges Review. Wenn Aufträge nicht befristet sind, wird später nicht mehr geprüft, ob diese Arbeiten noch nötig sind. Da niemand gerne Ressourcen aus seinem Bereich freigibt, muss der Gesamtvorstand regelmäßig hinsehen und prüfen, ob die Aufgaben noch zeitgemäß sind. Allerdings kommt auch immer mehr Arbeit auf die Bundesebene zu. Den Haushalt einzufrieren, geht daher nicht.
Hamburg ist von dieser Entwicklung besonders gebeutelt, weil die Beitragsverteilung nicht an die Stimmen, sondern an die Umsätze gekoppelt ist und wir hier einige umsatzstarke Spezialversorger haben. Eine Arbeitsgruppe der ABDA zur Beitragsgerechtigkeit hat leider nur zu einem ganz kleinen Strukturausgleich geführt. Hinzu kommt der historische Fehler, dass früher die Inhaber in manchen Kammern alle Beiträge übernommen haben. Damals konnte sich niemand vorstellen, dass manche Angestellte irgendwann mehr als viele Selbstständige verdienen würden. Daher bin ich für einkommensabhängige Kammerbeiträge, aber ich habe mich damit nicht durchsetzen können. Aus meinem Verständnis heraus hat man das in einer Demokratie zu akzeptieren.
DAZ.online: In der Hochschulpolitik ist die Kammer zwar nur Beobachter, aber in einem Stadtstaat sind sich viele Institutionen näher als anderswo. Daher frage ich Sie zur Hamburger Situation: Wie gut ist nach Ihrer Einschätzung die Zahl der Studienplätze am Pharmazeutischen Institut der Universität Hamburg langfristig gesichert?
Siemsen: Die Pharmazie wird als teurer Studiengang gerne klein gehalten. Doch wir müssen den Ausbildungsgang verändern und die alten Fächer entschlacken, um Zeit für die Klinische Pharmazie zu gewinnen. In Hamburg hatten wir schon immer ein kleineres Institut, als es der Bedeutung der Stadt entspricht. Jetzt haben wir fast keine Apotheker mehr unter den Hochschullehrern in Hamburg. Dennoch zeigt sich an der Universität ein ganz zartes Pflänzchen. Die Nicht-Apotheker sorgen sich dort um den Fortbestand der Pharmazie in Hamburg und haben Ideen entwickelt, die die Kammer mitträgt. Vielleicht können wir die Pharmazie mit der Apotheke am Uniklinikum Eppendorf kombinieren. Denn dort gibt es Apotheker mit Lehrbefähigung. Allerdings haben wir noch immer keinen klinischen Pharmazeuten an der Universität. Die Stelle wurde noch nicht wieder besetzt. Das alles ist das lange Bohren dicker Bretter, aber wir als Kammer versuchen, das zu unterstützen.
DAZ.online: Die Zahl der Apotheken in Deutschland ging im Jahr 2009 erstmals zurück. Sie sank von 21.602 Ende 2008 auf 20.441 Ende 2014, also in sechs Jahren um 1.161. Denken wir von diesem Datum aus nochmals sechs Jahre weiter! Wie viele Apotheken wird es nach Ihrer Einschätzung Ende 2020 in Deutschland geben?
Siemsen: Es werden deutlich unter 20.000 Apotheken sein, voraussichtlich 19.000 plus irgendwas, wenn bis dahin keine großen Gesetzesänderungen kommen. Die Frage wird sein, wo wir die Apotheken verlieren. In ländlichen Regionen kann das zu Versorgungsproblemen führen. Da nichts dazu im Koalitionsvertrag steht, ist bis 2017 wohl nicht mehr als ein Wahlgeschenk beim Rezepturhonorar zu erwarten. Die Apotheker müssten die Öffentlichkeit mehr für ihre Interessen mobilisieren, damit die Politik tätig wird. Dies betrifft die Honorierung genauso wie die jüngste Debatte über das Berufsbild. Das heißt nicht zu bollern, aber zugespitzt zu formulieren. Die Aussage, dass die Forschung keine Tätigkeit mehr für Apotheker sein soll, hätte eine Schlagzeile werden können.
Für die Zahl der Apotheken ist die Honorarentwicklung wichtig, aber die Politiker wollen keine Erhöhung mit der Gießkanne. Darum bin ich für eine Gebührenordnung, wie sie für andere freie Berufe selbstverständlich ist. Denn die Gemeinwohlpflichten müssen auskömmlich honoriert werden. Die Apotheker scheuen sich, alles auf den Prüfstand zu stellen, weil die Politik so wenig über die Zusammenhänge in der Apotheke weiß oder wissen will. Trotzdem sollten wir als Apotheker überlegen, wie wir alles neu regeln wollen. Wir können uns in dieser Frage nicht zurück lehnen, sondern müssen dieses Thema als Berufsstand jetzt aktiv angehen.
DAZ.online: Vielen Dank für das Gespräch.
2 Kommentare
Kommentar + Fragen
von Dr. christoph Klotz am 11.02.2016 um 0:28 Uhr
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Ein richtiges Signal??
von Reinhard Rodiger am 10.02.2016 um 23:38 Uhr
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