Antikorruptionsgesetz

Wandeln auf schmalem Grat

Berlin - 21.03.2016, 08:00 Uhr

Der „sichere Hafen“ dessen, was auf jeden Fall zulässig ist, werde wohl eng begrenzt sein: Pharmarechtler Elmar Mand auf der INTERPHARM (Foto: ch / DAZ.online)

Der „sichere Hafen“ dessen, was auf jeden Fall zulässig ist, werde wohl eng begrenzt sein: Pharmarechtler Elmar Mand auf der INTERPHARM (Foto: ch / DAZ.online)


Das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen sorgt allerorten für Verunsicherung, auch unter Apothekern. Eigentlich kommt es mit den zwei zentralen Paragrafen recht schlank daher, aber die haben es in sich. Das wurde beim ApothekenRechtTag bei der INTERPHARM deutlich.

Nicht über jeder Kooperation der Apotheke mit einem Arzt oder den Pharmaunternehmen wird wohl mit dem Antikorruptionsgesetz (vor allem mit den zwei Paragraphen §§ 299a, 299b StGB) in Zukunft automatisch das Damoklesschwert strafrechtlicher Verfolgung hängen, meint Elmar Mand, Mitglied der Forschungsstelle für Pharmarecht der Universität Marburg. Aber der „sichere Hafen“ dessen, was auf jeden Fall zulässig ist, werde wohl eng begrenzt sein. Ansonsten sei der Grat zwischen Kooperation und Korruption schmal. 

(ch / DAZ.online)

Für den Medizin- und Strafrechtler Hauke Brettel ist für den Interpretationsspielraum des neuen Gesetzes durchaus Grenzen gesetzt.  

Hypertrophes Dickicht von Standards

Wie Hauke Brettel, Straf- und Medizinrechtler von der Universität Mainz, erläuterte, liegt die Crux vor allem in dem Bezug der neuen Verbote auf das Berufsrecht – auch das der Apotheker. Hier sei eben vieles zu unbestimmt. Dies wurde bereits von zahlreichen kritischen Stimmen bemängelt und ist der Hauptgrund für die Verzögerung der Beratungen. Eigentlich sollte das Gesetz ja schon längst in Kraft sein. 

Mand zieht in Erwägung, dass die Staatsanwaltschaften das Berufsrecht als „hypertrophes Dickicht von Standards“,  aus dem strafrechtlichen Blickwinkel anders als gewohnt auslegen könnten. Sie seien allerdings gehalten, sich bei der Überprüfung eines Sachverhaltes auf diejenigen Regeln zu fokussieren, die die Unabhängigkeit der Apotheker schützen sollen. Dem Interpretationsspielraum sind für ihn deswegen durchaus Grenzen gesetzt.  

Mit Augenmaß und Transparenz

In gleicher Weise hält auch der Apotheken- und Arzneimittelrechts-Experte Christian Tillmanns aus München noch vieles für zu schwammig. Tillmanns versuchte aber auch zu beruhigen. Nicht jeder Verstoß gegen Berufsrecht sei automatisch strafrechtsrelevant sanktioniert. Trotzdem riet er: „Ich möchte nicht schwarz malen, aber man sollte in Zukunft bei dem, was man tut, mit Augenmaß vorgehen.“

Brettel richtete außerdem den dringenden Appell an die Apothekerschaft, etwaige „korruptionsrelevante“ Geschäftsvorgänge, wie etwa Vereinbarungen über Rabatte oder ähnliches, auf jeden Fall offen und transparent zu gestalten. So könne man nicht in den „Geruch“ kommen, dass es bei solchen Abmachungen doch eine Unrechtvereinbarung, das heißt es korruptive Komponente geben könnte.

(Foto: ch / DAZ.online)

„Vieles noch schwammig“: Apothekenrechts-Experte Christian Tillmanns möchte dennoch nicht schwarzmalen. 


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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