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„Hochgefährlicher“ Trend
Datenschützer fordern gesetzliche Regeln für Fitness-Apps
Immer mehr Menschen nutzen Gesundheitstracker und Apps, die sensible Daten für verschiedenste Geschäftsmodelle ausnutzen. Datenschützer sehen dies als sehr gefährlich an, auch da es solidarische Versicherungsmodelle kippen könnte – und fordern gesetzliche Schranken.
Schrittzähler, Fitness-Apps und Gesundheitstracker sind praktisch und zunehmend beliebt – doch gehen sie oft mit unsichtbaren Gefahren einher, warnen jetzt Datenschützer. „Gesundheitsdaten sind unsere individuellsten, privatesten Angelegenheiten“, sagt der Datenschutzbeauftragte von Mecklenburg-Vorpommern, Reinhard Dankert, gegenüber DAZ.online. „Die Apps drängen auf den Markt und krempeln fast unser Leben um.“ Laut einer repräsentativen Umfrage nutzt sie schon ein Drittel der Bevölkerung ab 14 Jahren. Den Trend, Informationen über sportliche Aktivitäten und Fitness-Daten freiwillig ins Internet zu laden, sieht er als hochgefährlich an.
Denn oft würden Gesundheitsdaten aus dem eigenen Smartphone zum Anbieter übertragen, ohne dass die Kunden sich darüber ausreichend bewusst seien – wie auch über mögliche Folgen. „Der Kunde muss genau wissen, zu welchem Zweck die Verarbeitung erfolgt“, sagt er. Im Datenschutz gelte der Grundsatz, dass alles verboten ist, was nicht durch ein Gesetz oder informierte Einwilligung explizit erlaubt ist, betont Dankert.
„In der Regel werden diese Daten über das Internet an Hersteller, Internetanbieter und sonstige Dritte weitergeleitet“, schreibt er mit Kollegen vom Bund und den anderen Bundesländern in einem Positionspapier, das sie diese Woche auf einer Tagung in Schwerin verabschiedet haben.
Droht der personengebundene Versicherungstrarif?
„Soweit eine Weitergabe von Gesundheits- und Verhaltensdaten an Dritte nicht wegen einer medizinischen Behandlung geboten ist, sollten Betroffene sie technisch unterbinden können“, fordern die Datenschützer. Sie wollen erreichen, dass gesetzlich eine große Transparenz vorgeschrieben wird, so dass Nutzer eine Weitergabe von Daten erkennen können. Auch seien Einwilligungserklärungen unwirksam, wenn ein erhebliches Verhandlungsungleichgewicht ausgenützt würde, wie es etwa bei Versicherungen der Fall sei. Außerdem könnten gesetzliche Regeln nicht durch Kleingedrucktes ausgehebelt werden.
Die digitale Sammlung und Auswertung der Daten könne für Menschen zwar durchaus interessant sein und zu einer besseren Gesundheitsversorgung beitragen, doch . „Für bestimmte Situationen besteht überdies das Risiko, dass Einzelne aufgrund massiver gesellschaftlicher, sozialer oder ökonomischer Zwänge nicht frei über die Nutzung derartiger Technologien entscheiden können“, warnen Dankert und seine Kollegen.
Sie fordern den Gesetzgeber auf zu prüfen, ob und inwieweit die Möglichkeiten eingeschränkt werden sollten, „materielle Vorteile von der Einwilligung in die Verwendung von Gesundheitsdaten abhängig zu machen“. Dankert sieht jetzt den richtigen Zeitpunkt, dies gesetzlich zu regeln – „wenn es nicht schon etwas zu spät ist“.
Teilweise werden Daten von Fitness-Apps schon jetzt genutzt, damit Versicherungen individuelle Profile bilden können. Dies könne langfristig das bisher solidarisch finanzierte Krankenversicherungssystem kippen, schon jetzt bieten Versicherungen Bonusmodelle für sportlich besonders aktive Kunden an. „Die Daten sind hochspannend für Versicherungen, aber das ist nicht unbedingt zum Vorteil des Kunden“, sagt Dankert. Doch irgendwann führe die Entwicklung zu personengebundenen Versicherungstarifen. „Die Fitten freuen sich, wenn regelmäßig durch den Wald joggen und dafür 50 Euro weniger zahlen müssen“, so der Datenschützer. Doch diesen Betrag zahlten die Kranken.
Genaue Regeln für Gesundheitsdaten
„Wie haben mit Sicherheit nichts gegen telemedizinische Dienste“, so Dankert – solange Datenschutz und Datensicherheit gewährleistet sind. Bei Krankenhaus-Informationssystemen oder Apotheken-Rechenzentren macht er sich aufgrund der jahrelangen Diskussionen im Vorfeld „nicht die ganz großen Sorgen“ – man könne davon ausgehen, dass die Daten sicher sind.
Doch auch im akademischen Bereich sieht er Handlungsbedarf. „Die meisten Patienten werden nichts dagegen haben, dass Daten zu Forschungszwecken verwendet werden“, sagt Dankert. „Das sollte man aber genau regeln.“ Gesundheitsdaten seien für verschiedene Arten der Fremdnutzung unglaublich relevant, auch durch die damit verbundenen, großen finanziellen Interessen. „Da muss man eine Grenze einziehen“, ist seine feste Überzeugung. Doch er frage sich, „wie weit man politisch in der Lage ist, den großen Lobbyismus-Bereich im Bereich der Privatsphäre abzuwehren“.
1 Kommentar
Entsolidarisierung
von Christian giese am 08.04.2016 um 16:10 Uhr
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