Illegale Arzneimittel

Deutsche sind bei Online-Bestellungen besonders unvorsichtig

Berlin - 11.04.2016, 17:00 Uhr

Bundesfinanzminister Schäuble rät, Medikamente online nur aus nachweislich seriösen Quellen zu kaufen. (Foto: dpa / picture alliance)

Bundesfinanzminister Schäuble rät, Medikamente online nur aus nachweislich seriösen Quellen zu kaufen. (Foto: dpa / picture alliance)


Ob Potenzmittel, Schlankmacher oder Anabolika – der illegale Handel mit gefälschten Arzneimitteln boomt. Nach Erkenntnissen des Zolls nutzen im internationalen Vergleich ausgerechnet die deutschen Verbraucher illegale Internet-Angebote besonders intensiv und lassen jede Vorsicht missen.

Nach der am Montag in Berlin vorgelegten Zollstatistik für 2015 zogen Fahnder im vergangenen Jahr weit mehr illegale und gefälschte Arzneimittel aus dem Verkehr als in den Vorjahren. 2015 seien 3,9 Millionen Stück Tabletten sichergestellt worden – annähernd viermal mehr als im Jahr 2014.
Die Zahl der Personen, gegen die der Zoll ermittelt hat, ist demnach gegenüber 2014 von 3100 auf 4100 gestiegen. Der überwiegende Teil der Wirkstoffe und Fertigprodukte kommt nach Angaben des Zolls aus China, vieles aber auch aus Indien und Thailand.

Lukatriver als Drogenhandel

Das Geschäft ist lukrativ. Im illegalen Medikamentenhandel lockten vierstellige Gewinnmargen, heißt es. Letztlich könne hier mehr Geld gemacht werden als im Handel mit Betäubungsmitteln und Drogen. Besonders beliebt sind Lifestyle-Produkte.

Die deutschen Verbraucher lassen nach Erkenntnissen der Experten ausgerechnet bei Online-Bestellungen von Arzneimitteln jede Vorsicht missen. Bei der Risikofreudigkeit von Internet-Bestellungen liege Deutschland nach einer britischen Studie „erstaunlicherweise“ auf Platz eins. 38 Prozent der Deutschen seien bereit, risikobehaftete Produkte im Internet zu bestellen.

Das Ergebnis sei umso unverständlicher, weil verschreibungspflichtige Arzneimittel überwiegend von den Krankenkassen bezahlt werden. Auch bei angeblichen Medikamenten auf Pflanzenbasis werde bei gefälschten Produkten Verbrauchern häufig etwas vorgegaukelt, hieß es. „Peinlichkeitsbestellungen" etwa des Potenzmittels Viagra seien unnötig, da diese Produkte ganz legal bezogen werden könnten.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble warnte: „Ich empfehle jedem, Medikamente online nur aus nachweislich seriösen Quellen zu kaufen.“ Die vermeintliche Schnäppchenjägerei könne erhebliche gesundheitliche Folgen haben. Aufgedeckt würden zunehmend größere kriminelle Strukturen und Verteilerbanden, so der CDU-Politiker.

Vielen lesen nicht einmal das Impressum

Internetseiten illegaler Online-Apotheken seien professionell gestaltet, um Seriosität vorzutäuschen, so die Zoll-Experten. Die Täter verfügten über eine umfangreiche Logistik und ausgefeilte Handelssysteme. Die online bestellte Ware werde in kleineren Mengen nach Deutschland geschmuggelt.

Oft werde bei Bestellungen nicht mal das Impressum von Online-Apotheken gelesen, kritisieren Zoll-Experten. Bei einer von Ermittlern für genehmigte Tests eingerichteten Fake-Adresse einer Internet-Apotheke seien 1400 Bestellungen eingegangen. Und dies, obwohl im Impressum des Online-Angebots ausdrücklich auf Folgendes hingewiesen worden sei: „Diese Apotheke wurde nur geschaffen, Sie zu belügen und zu betrügen“.


dpa-AFX, Nachrichtenagentur
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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2 Kommentare

online-Empfehlungen

von Dr. Peter Post am 12.04.2016 um 21:07 Uhr

Der oberste Fiskaldiener empfiehlt also dem Volk, "Medikamente online ... zu kaufen". Ich empfehle den benachteiligten Laden-Apothekern, Steuern nur an Institutionen zu entrichten, die den Arzneimittelkauf in Apotheken befürworten. Komisch, dass der ABDA Schäubles Text offenbar gleichgültig ist.

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Das Problem schein ein bisschen Hausgemacht

von ChEn am 12.04.2016 um 9:01 Uhr

Soweit es mir bekannt ist, dürfen deutsche Apotheken ja gerade nicht damit werben, dass es sich bei den angebotenen Medikamenten um originale Markenware mit Zulassung handelt. Und wie soll bei einem solchen quasi Werbeverbot der Verbraucher sinnvoll darauf hingewiesen werden bzw. für das Thema sensibilisiert werden?

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