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kossendeys Gegengewicht
Die Zukunft beginnt gestern
Gesundheits-Apps messen unsere Herz- und Schlaffrequenz, Roboter sollen bald alte Menschen pflegen, die Gesundheit wird digital. Wo bleiben da die Apotheker? Ann-Katrin Kossendey-Koch hat ein paar Vorschläge für die Apotheke 3.0.
Mein Bruder war in Österreich bei einem Zukunftskongress, wo
unter anderem über aus Stammzellen aufgebaute Transplantationsorgane und
selbstfahrende Autos diskutiert wurde. Die Anwesenden waren sich einig, dass es
in zehn Jahren keine Taxifahrer mehr geben wird. In anderen Zukunfts-Foren wird
von Robotern in der Pflege gesprochen, von dem Ersatz der Menschen durch
Maschinen innerhalb der nächsten 15 Jahre.
In unserer digitalisierten Welt werden immer mehr Daten gesammelt, neuerdings und vermehrt auch im Gesundheitswesen. Immer mehr Menschen tragen Fitness-Uhren von Polar oder Apple, die permanent die Messwerte ans Smartphone senden. Wie viele Schritte bin ich gelaufen, wie hoch war mein Kalorienverbrauch, welche Qualität hatte mein Schlaf, was machen meine Herz- und Pulsfrequenz. Nice to have, aber sicherlich nicht überlebenswichtig. Nur was passiert mit all den Datenströmen?
Bevor eine Branche schwindet...
Das Thema „Gesundheit“ wird uns die nächsten Jahre verstärkt
begleiten und die technischen Entwicklungen revolutionieren. Datenschützer
warnen bereits jetzt vor den Gefahren des zu fahrlässigen Umgangs mit diesen
sensiblen, sehr persönlichen Daten. Von einem Zusammenbruch des
Solidaritätsprinzips unserer Krankenkasse wird bereits gesprochen. Und was
sagen die Zukunftsexperten über Apotheken? Gibt es uns in zehn Jahren noch?
Die gute Nachricht ist, dass es uns auch in der nächsten Dekade noch geben wird, nur in welcher Form? Bevor eine Branche so ganz verschwindet, dauert es seine Zeit. Erst werden die Rahmenbedingungen kontinuierlich schlechter, der Nachwuchs fehlt, Betriebe werden geschlossen anstatt verkauft und weitergeführt, die großen Mitbewerber wachsen auf Kosten der kleinen, die Ausbildung wird ausgedünnt, die technischen Neuerungen sind nicht mehr von allen Branchenmitgliedern umsetzbar- kommt uns das bekannt vor?
Sind Computer verlässlicher?
Wo sehen wir unsere Daseinsberechtigung? In der des Arzneimittelexperten, der im Sinne des Patienten die ärztliche Verordnung prüft und beratend bei der Auswahl und der Einnahme der Medikamente zur Seite steht?
Ist da ein Computer nicht verlässlicher? Menschliches Versagen ist ausgeschlossen und der permanente Zugriff auf verschiedene Datenbanken ersetzt drei Staatsexamen plus diverse Weiterbildungen locker.
Die Banken machen es vor. Immer mehr Vorgänge werden ausschließlich von Automaten abgewickelt. Geldein- und auszahlung geschieht nur noch rein maschinell, ist der Automat defekt, zuckt der Bankberater nur mit den Achseln und man kann seine Tageseinnahmen wieder mit nach Hause nehmen.
Nicht, dass ich missverstanden werde, mich graust die Vorstellung sehr, das der Mensch ersetzt werden soll. Wo bleibt das Zwischenmenschliche? Roboter, die alte Menschen pflegen, sind für mich unvorstellbar, doch meine ethischen Werte halten keine technische Revolution auf. Aus Krisen ergeben sich auch Chancen - das bedingt aber, dass ich mich mit dem Thema auseinandersetze. An dieser Stelle erspare ich mir den Hinweis auf einen professionellen, standeseigenen Pressesprecher, den ich mittlerweile für ein Phantom halte. Und auch der Wink mit dem Bauzaun Richtung ABDA, sich doch bitte aktiv an zukunftsweisenden Diskussionen zu beteiligen, um mittendrin zu sein statt nur dabei, ist leider wirkungslos.
Besseres für den Apothekertag
Was wäre denn mit Arbeitsgruppen in jeder
Standesorganisation, zu denen man offen Interessierte einlädt, um gezielt das
Thema „Zukunft“ mit der nötigen Brisanz mitzugestalten? Vorträge mit
branchenfremden Experten für neue Visionen. Wie wäre ein ABDA-Zukunftskongress
auf dem nächsten Apothekertag, anstatt endlose Diskussionen der immer gleichen
Standesvertreter über Anträge, die in irgendwelchen Arbeitsgruppen versenkt
werden?
Die Probleme unserer Gegenwart sind groß genug, aber wenn
wir unsere berufliche Zukunft nicht heute schon mit viel Elan angehen, können
wir uns unsere Energie sparen. Wie heißt es so schön in der PR-Kampagne
angelehnt an das Perspektivpapier? „Näher am Patienten“ Ist das das berühmte
Pfeifen, wenn man im Dunklen in den Keller runter muss? Zukunftsforscher
sprechen davon, dass Menschen bis 2030 von Maschinen ersetzt werden und wir sehen
uns genau bis dahin näher am Patienten? Ist das die richtige Vision? Sollten
wir uns nicht breiter aufstellen? Digitalisierung hat viele Facetten, mehr als
nur das iPad und WhatsApp.
Seit Jahren klammern wir uns an enge Vorschriften wie ein Ertrinkender an den Rettungsring, versuchen Mehr- und Fremdbesitz durch das Schließen fauler Kompromisse von uns fernzuhalten. Doch wie lange geht das noch so? Maschinen lassen sich optimal nach festgelegten, qualitätsoptimierten Prozessen einstellen- besser als jeder Pharmazeut zu arbeiten vermag. Und selbst die Zugeständnisse gehen uns irgendwann aus. Mir erscheint das angesichts der sich immer schneller ändernden Welt nicht die beste Strategie zu sein.
Plan für Apotheke 3.0
Um unseren Berufsstand für die Zukunft auszurichten, hätten wir vermutlich gestern schon die Ausbildung anpassen müssen. Mir fehlt der Mut bei den Verantwortlichen, einfach mal quer zu denken und auch das, was heute noch unmöglich scheint, in die Überlegungen für die Apotheke 3.0 miteinzubeziehen.
Wie heißt es noch so schön? „Alles was wir jetzt sind, ist das Resultat unserer Gedanken!“ (Buddha)
1 Kommentar
Super!
von Svenja Sell am 14.04.2016 um 12:19 Uhr
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