Krebstherapie

Mikroroboter mit revolutionärem Potenzial

Remagen - 19.04.2016, 11:00 Uhr

Ein Mikroroboter wird mit einem Magnetfeld zu einer Zelle gesteuert (l.). Durch eine Veränderung des Magnetfelds - dargestellt als Kompassnadel - erzeugt der Roboter ein elektrisches Feld, um seine Fracht abzuladen. (Grafik: ETH Zürich / Salvador Pané)

Ein Mikroroboter wird mit einem Magnetfeld zu einer Zelle gesteuert (l.). Durch eine Veränderung des Magnetfelds - dargestellt als Kompassnadel - erzeugt der Roboter ein elektrisches Feld, um seine Fracht abzuladen. (Grafik: ETH Zürich / Salvador Pané)


Mikro- und Nanoroboter, die Tumore präzise mit Medikamenten angreifen: So könnte die Krebsbekämpfung in der Zukunft aussehen, glauben Wissenschaftler von der ETH Zürich. Sie setzen hierfür auf magnetoelektrisch gesteuerte „Janus-Maschinen“. 

Greift eine Anti-Tumor-Therapie auch an gesunden Zellen an, so kann dies zu schwerwiegenden Nebenwirkungen führen. Gegen diese unliebsamen Begleiterscheinungen könnte künftig eine neue Technologie Abhilfe schaffen, an der Forscher des Instituts für Robotik und Intelligente Systeme (IRIS) der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich arbeiten. Über den aktuellen Stand ihrer Arbeiten berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift  „Materials Horizons“.

Steuerung durch Magnetfeld

Der ETH-Forscher Salvador Pané hat auf dem Gebiet der sogenannten magnetoelektrischen Mikro- und Nanoroboter schon einiges an Erfahrung gesammelt. Nun ist es dem Chemiker und seinen Kollegen gelungen, Mikropartikel herzustellen, die durch Magnetfelder nicht nur präzise gesteuert werden, sondern zusätzlich selbst elektrische Felder erzeugen können. Bis dahin ging dies normalerweise nur unabhängig voneinander.

Um diese doppelte Funktionalität zu erreichen, haben die Wissenschaftler die Mikropartikel auf einer Seite mit zwei verschiedenen Metallschichten aus Kobalt-Ferrit und Bariumtitanat ummantelt. „Sie müssen sich das wie eine zweischichtige Lasagne vorstellen“, erklärt Pané. „Eine Schicht reagiert auf das Feld, indem sie sich deformiert. Dieses Material ist magnetostriktiv. „Durch die Deformation gerät die zweite, sogenannte piezolektrische Schicht unter Druck und erzeugt dann ein elektrisches Feld um die Mikropartikel.“ Die Mikroroboter sind nach dem doppelköpfigen römischen Gott Janus benannt, weil sie aus zwei unterschiedlichen Hälften bestehen.

Medikamente zum Ziel bringen

Mit ihrer Neuentwicklung eröffnet sich besonders in der Medizin ein breites Anwendungsfeld, hoffen die ETH-Wissenschaftler. „Wir könnten die Mikroroboter beispielsweise mit Medikamenten bestücken und gezielt zu Tumoren im Körper lenken, wo sie dann durch den Stimulus des generierten elektrischen Feldes ihre Fracht abladen, erklärt Pané. „Damit könnten die Nebeneffekte von Krebsmedikamenten praktisch ausgeschlossen werden, weil eben nur Tumorzellen angegriffen werden. Zusätzlich wird die präzise Applikation die Effizienz der Krebstherapien deutlich steigern.“ Aber auch andere Anwendungen wie beispielsweise die drahtlose elektrische Stimulation von Zellen, etwa im Rahmen der regenerativen Medizin, halten die Forscher für denkbar.

Noch ein weiter Weg

Dies alles scheint gleichwohl noch Zukunftsmusik zu sein. Bis die Mikroroboter tatsächlich als Transportmittel für Medikamente eingesetzt werden können, seien noch viele offene Fragen zu beantworten. Beispielsweise sei noch nicht geklärt, welches die effizienteste Struktur und Materialkombination mit den höchsten magnetoelektrischen Eigenschaften ist, führt Pané an.

Zudem müssten die Janus-Partikel hinsichtlich ihrer Verträglichkeit im menschlichen Körper geprüft werden. Dabei gehe es unter anderem um die Gefahr der Korrosion, die nicht nur die Funktion der Mikroroboter beinträchtigen sondern auch Verunreinigungen verursachen könnte.   

Quelle: Chen XZ, Shamsudhin N, Hoop M, Pieters R, Siringil E, Sakar MS, Nelson BJ, Pané S. Magnetoelectric micromachines with wirelessly controlled navigation and functionality. Materials Horizons 2016, 3: 113-118, doi: 10.1039/C5MH00259A 


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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