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Kossendeys Gegengewicht
Auf jeden Topf passt auch ein Deckel...
Es ist zum Verzweifeln, findet Ann-Katrin Kossendey-Koch: Als Apotheker zwangsweise Mitglied in der Industrie- und Handelskammer, privat haftend für jegliches unternehmerisches Riskio – aber die kaufmännischen Entscheidungen, die soll allein die Politik bestimmen. Und die ABDA? Die schweigt – und verlangt noch Schlimmeres vom apothekerlichen Fußvolk.
Die Nachricht des politisch geforderten Hochpreiser-Deckels schlug ein wie eine Bombe. Die ohnehin schon lächerliche 3-Prozent-Marge bei Hochpreisern soll nach Meinung von CDU und SPD gedeckelt werden, was natürlich vom GKV-Spitzenverband mit Kusshand begrüßt wurde. Der Verbandssprecher erklärte auf Nachfrage, dass heute aufgrund von einem vermehrten Verschreiben mehr Hochpreiser abgegeben würden als zum Zeitpunkt der Einführung der 3-Prozent-Marge. Dies führe dazu, dass es zu einer faktischen Umkehr der Logik der Vergütung käme, da der prozentuale Aufschlag den Fixzuschlag bei Weitem übersteige. Kann man verstehen, muss man aber nicht.
Natürlich ist der prozentuale Aufschlag ab einem gewissen Preis des Medikamentes höher als der mickrige Hungerlohn, den wir fest bekommen, es steigen aber auch das Retax-Risiko und die Kosten der Vorfinanzierung. „Ein Kaufmann ist eine Person, die erwerbsmäßig ein Geschäft tätigt, eine Ware einkauft und weiter zum Kauf anbietet – um beim Verkauf einen finanziellen Gewinn zu erzielen.“ Soweit die Theorie bei Wikipedia. Wie kann man von uns Apothekern verlangen, Zwangsmitglied in der Industrie- und Handelskammer zu sein, uns privat für unser Unternehmen und jegliches Risiko haftbar machen und uns dann per Gesetz unsere kaufmännischen Entscheidungen vorschreiben?
Aufschlag für Betäubungsmittel – ein trauriger Witz
Unsere Verbände
hätten sich schon niemals auf die abartigen Hilfsmittel-Verträge einlassen
dürfen, bei denen man unter seinem Einkaufspreis liefern soll. Wie lautete
damals die standespolitische Argumentation? Wenn wir darauf nicht eingehen,
macht es ein anderer und wir verlieren die Rezepte, die der betreffende Kunde
vielleicht noch gehabt hätte.
Aus Sicht der
Politik ist der Margen-Deckel nachvollziehbar. Der Großhandel darf auch nur bis
37,80 Euro draufschlagen und bei den Hilfsmitteln klappt das Auspressen der
Apotheken doch auch wunderbar. Never change a running system – die Politik ist
der Meinung, dass wir immer noch viel zu viel verdienen. Deswegen wird ja auch
ein Gutachten in Auftrag gegeben, um unser Honorar transparenter zu machen – leben
wir als Kaufleute nicht definitionsgemäß von Gewinnen? Dass wir so bescheuert
sind, Dienstleistungen und Waren anzubieten, bei denen wir draufzahlen, das glauben
uns noch nicht mal die Politiker. Die
Herstellung von Rezepturen ist ein defizitäres Geschäft. Aber das Labor ist ja
neben dem Notdienst eine unserer Säulen, warum es die inhabergeführte Apotheke
noch gibt – sprach die Standesführung.
Ein Aufschlag von 0,26 Euro auf ein Betäubungsmittel ist ein trauriger Witz, einschließlich Umsatzsteuer. Uns hier mit einer Erhöhung gönnerhaft locken, um uns die brutale Honorarkürzung bei den Hochpreisern schmackhaft machen zu wollen, ist eine Frechheit, die es sofort von unserer Standesführung aufs entschiedenste argumentativ abzulehnen gilt.
Kippt die Preisbindung bei den rezeptpflichten Arzneimitteln?
Man hört dazu wenig bis nichts aus dem komatösen Berlin – ja, das ist nichts Neues. Interessant ist allerdings die Maßgabe unserer Standespolitiker, das apothekerliche Fußvolk möge sich bitte mit Kommentaren zu diesem Thema zurückhalten, um dem Ganzen keine Bedeutung beizumessen. Was sind das für hirnverbrannte Strategien? Die Große Koalition hat vorgelegt, der GKV-Spitzenverband ist aufgesprungen und wir als Betroffene machen uns unsichtbar. Selbst meine 15 Monate alte Tochter hat schon verstanden, dass, auch wenn sie die Augen zu macht, sie immer noch da ist!
Der Deckel steht im
Raum, da hilft auch kein engagiertes Ignorieren, nur weil wir im Stillen
meinen, dass er uns nicht passt und klappert. Und das bedeutet auch noch lange
nicht, dass er uns nicht gewaltsam aufgedrückt wird.
Es könnte ja immer schlimmer kommen, vielleicht bekommen wir ja im Herbst mehr kaufmännische Handlungsspielräume als uns lieb sind: Wenn der europäische Gerichtshof dank unser aller Freund DocMorris die Preisbindung bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln kippt, können die Krankenkassen nochmal richtig Geld bei den Apothekern abzocken. Die flächendeckende Versorgung wird dann nicht mehr durch die inhabergeführte Apotheke vor Ort geleistet, der Trend zur Zentralisierung und zur Marktaufteilung unter ein paar Big Playern wird Realität werden.
Als Apotheker auf Jobsuche
Aber pssst, leise,
was ist, wenn diese kleine Kolumne hier auch Politiker lesen sollten? Dann
bringe ich die womöglich noch auf blöde Ideen, auf die sie ohne mich natürlich
niemals gekommen wären. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass man mit
konsequenter Aufklärung über die Ergebnisse solch weitreichender Entscheidungen
im Gesundheitswesen, Politiker erreichen kann. Wenn schon Fakten geschaffen
werden in der Gesundheitspolitik, dann sollen wenigstens alle Beteiligten
ausreichend informiert und nicht nur durch einseitige Lobby-Märchen beeinflusst
sein.
Ob man als
Apotheker durchdringt, ist ungewiss, nur es erst gar nicht zu versuchen, ist
unerträglich. Sehr eindrucksvoll hat unsere Kollegin Kerstin Kemmritz aus
Berlin gezeigt, dass man mit guten und sachlichen Argumenten Kritiker
überzeugen kann – sogar eine Journalistin. Wenn das im Kleinen funktioniert, erschliesst
sich mir nicht, warum das im Großen, mit professionellen Pressesprechern, nicht
erfolgreich sein soll.
Bitte keine Pressemeldungen über Apps, Plastiktüten und Medikationsplan mehr, sondern deutliche Worte zu unserer finanziellen Lage und unserer unklaren Zukunft.
Wo die nämlich hinführen soll, kann man bei den jüngsten Besuchen des Außendienstes der pharmazeutischen Industrie erahnen. Winterbevorratung per Direktbestellung geht bei 250 Packungen los, den Höchstrabatt von amüsanten 22 Prozent gibt es ab 900 Packungen, bei anderen Firmen sind nur um die 400 Packungen für das Erreichen irgendwelcher Rabattstufen nötig. Warum auch nicht, als kluger Kaufmann kann man sich ja auch gleich für mehrere Winter bevorraten. Oder sich als Apotheker einen neuen Job suchen.
10 Kommentare
Kommentar
von Alexander Zeitler am 22.04.2016 um 0:22 Uhr
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Danke für klare Worte!
von Silke Döhling am 21.04.2016 um 22:39 Uhr
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Gegenvorschlag
von Hummelmann am 21.04.2016 um 16:07 Uhr
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ein toller Kommentar
von Frank Zacharias am 21.04.2016 um 9:09 Uhr
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Die Zeit ist reif!
von Sabine Ergezinger-Dettmeier am 20.04.2016 um 20:14 Uhr
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Finanzen
von Karl Friedrich Müller am 20.04.2016 um 13:33 Uhr
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Jeder hat eine Achillesferse..
von Christiane Patzelt am 20.04.2016 um 11:52 Uhr
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Wieder ein volltreffender Beitrag!
von Kerstin Kemmritz am 20.04.2016 um 11:26 Uhr
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Recht haben Sie!
von Konrad Mörser am 20.04.2016 um 11:04 Uhr
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AW: Wieso tut unsere
von Andreas Dömling am 20.04.2016 um 11:50 Uhr
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