Theranos

Blutige Auseinandersetzungen um Labordiagnostik

London - 28.04.2016, 12:00 Uhr

Angezählt: Holmes´ Erfolg mit Theranos lässt sich auf eine zentrale Idee zurückführen. (Foto: dpa)

Angezählt: Holmes´ Erfolg mit Theranos lässt sich auf eine zentrale Idee zurückführen. (Foto: dpa)


Seit einigen Jahren nehmen amerikanische Aufsichtsbehörden medizinische Tests besonders kritisch unter ihre Lupe. Nach dem aufsehenerregenden Stopp von „23andMe“-Gentests im Jahr 2013 gerät jetzt das Blutdiagnostik-Labor Theranos in die Schlagzeilen. Ermittler werfen der CEO Elizabeth Holmes vor, ungenaue Tests angeboten und Investoren getäuscht zu haben. 

Elizabeth Holmes (32) galt in der Biotech-Branche lange Zeit als eine der erfolgreichsten Managerinnen schlechthin. Bereits im Jahr 2003 brach sie ihr Studium an der Stanford University ab, um das Unternhmen Theranos mit innovativen Bluttests zu gründen. Mittlerweile ist der Konzern neun Milliarden US-Dollar wert. Holmes selbst hat sich 50 Prozent der Anteile gesichert. Grund genug für das Time Magazine, sie in die Liste der 100 einflussreichsten Personen aufzunehmen. 

(Screenshot Unternehmenswebsite: DAZ.online)

Erfolgsgeschichte Thernos: Zu schön, um wahr zu sein? 

Auf Expansionskurs

Holmes´ Erfolg mit Theranos lässt sich auf eine zentrale Idee zurückführen. Ihr Blutabnahmestift entnimmt nur wenige Mikroliter Blut aus der Fingerbeere. Die Venen bleiben verschont, was gerade Kindern oder ängstlichen Patienten zu Gute kommt. Anschließend führen Hightech-Geräte bis zu 70 verschiedene Untersuchungen durch.

Aufgrund der hohen Automatisierung gelang es der Managerin, Ärzte und Patienten mit schnellen, vergleichsweise günstigen Angeboten zu locken. Nach ihrem Erfolg in Palo Alto und Phoenix hatte Holmes große Pläne. Über Walgreens-Drogerien wollte sie Verbraucher direkt erreichen. Die Kette mit insgesamt 8.200 US-Filialen entwickelt derzeit „Wellness Centers“ und zeigt großes Interesse an günstigen Bluttests. Einige Arzneimittelhersteller setzen bei Zulassungsstudien ebenfalls auf diagnostische Systeme von Theranos. Kooperationen mit Klinik-Konzernen kommen mit hinzu. 

Doch jetzt werden massive Zweifel an der Methodik laut. Bereits im Oktober hieß es im Wall Street Journal, Theranos miniaturisierte Tests würden nicht richtig funktionieren. Die Zeitung nennt mehrere Patienten, die – verglichen mit konventionellen Methoden – ungenaue Testergebnisse erhalten hätten.

Im Visier der Behörden

Im Mittelpunkt steht die Frage, ob Blutproben aus der Fingerbeere generell mit venösem Blut vergleichbar sind. Ehemalige Mitarbeiter kritisieren außerdem, viele Untersuchungen seien nicht mit dem innovativen Tool „Edison“, sondern mit konventionellen, marktüblichen Geräten durchgeführt worden.

Der gescholtene Konzern dementierte mit aller Kraft. Nach weiteren Medienberichten meldete sich das Department of Health and Human Services (HHS) als oberste Behörde zum Schutz der Gesundheit zu Wort. In einem Schreiben, das dem Wall Street Journal vorliegt, drohen Behördenvertreter, Theranos für zwei Jahre zu sperren, was auf dem hart umkämpften Mark einem Todesurteil entspricht.

Gleichzeitig nahmen die Börsenaufsicht und die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf. Ihr Vorwurf: Hat der Konzern weitaus weniger technische Innovationen als behauptet – und wurden Investoren so hinter das Licht geführt? Im Jahr 2010 hatte ein nicht näher genannter Investor 45 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt. Elizabeth Holmes dementiert alle Vorwürfe in einer E-Mail, die „Business Insider“ veröffentlicht hat. Sie verspricht Unterstützung bei der Aufklärung und nennt freiwillige Kooperationen mit FDA-Behördenvertretern als Beweis der Qualität. 

Noch ist nicht sicher, ob Theranos womöglich bald am Ende ist. Ihre Testmethode hält die Firma bis heute geheim, Holmes veröffentlichte nicht einmal Teilergebnisse in wissenschaftlichen Journals, wo unabhängige Experten sie hätten überprüfen können, berichtet zuletzt SPIEGEL ONLINE. Entscheide die FDA gegen Holmes, müssen sie binnen acht Tagen abtreten.


Michael van den Heuvel, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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