Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

01.05.2016, 08:00 Uhr

Rückblick auf die letzte Woche (Foto: Andi Dalferth)

Rückblick auf die letzte Woche (Foto: Andi Dalferth)


In dieser Woche und am Tag der Arbeit: die gesamte Schönheit unseres Berufes! Tausend Baustellen, kaum Zukunftsideen, Apothekers als Kassenpolizisten und zwei beleidigte Gesundheitspolitikerinnen, die mit einem Honorardeckel für Apotheker ihren Frust raus lassen. Oh Apothekerberuf, ick liebe Dir!

25. April 2016

Nicht nur der schleswig-holsteinische Verbandschef Froese will es. Auch die Berliner Gesundheitspolitikerinnen denken darüber nach, wie Apotheken auf dem Land erhalten werden können. O.k., noch ist der Niedergang der Landapotheke nicht dramatisch. Aber wenn die Entwicklung so weitergeht und Landapotheker keine Nachfolger finden, gehen die Lichter in Landapos bald aus. Mein liebes Tagebuch, da sollte man sich in der Tat etwas einfallen lassen. Froese denkt an Fördermaßnahmen für Ärzte und Apotheken, wenn sie auf dem Land bleiben oder sich dort niederlassen. Förderung, nicht unbedingt mit Cent und Euro, er kann sich auch bessere rechtliche Rahmenbedingungen vorstellen. Konkretes hat er noch nicht entwickelt. Wie wär’s mit einem Landapothekenfonds? 20 Cent mehr auf die Packung und monatliche Ausschüttung nur an Landapos? Nee, auch nicht das Gelbe vom Ei. Tja, da müsste man dann auch erst mal klären: Was ist eine Landapotheke? Mein liebes Tagebuch, vielleicht müssen wir in fünf bis zehn Jahren doch die Busse fahren lassen, die Videokabinen mit Kommissionierer-Abgabestelle einrichten oder uns zur Light-Apotheke bekennen? Aber bis es so weit ist, gibt’s ja noch die Rezeptsammelstellen und die Zustellung durch Boten im Einzelfall – wobei sich die Einzelfälle dann eben ein bisschen häufen, gell?

 

Ist das nun beruhigend oder eher nicht, wenn es heißt, dass CDU-Fraktionsvorsitzender Kauder – vor dem Hintergrund der Digitalisierung – die Apotheker nicht ersetzen will? Also, mein liebes Tagebuch, ich weiß nicht, klingt eher euphemistisch als beruhigend. Wenn überhaupt schon darüber nachgedacht wird, ob man uns noch braucht! Und wenn er dann noch sagt, dass das E-Health-Gesetz „eine unglaubliche Wirkung entfalten“ werde, na dann finden wir uns bald im Schlund eines schwarzen Cyber-Lochs wieder. Hört man Zukunftsforscher wie beispielsweise auf dem Wirtschaftsforum, dann kommt mit Big Data, Vernetzung, Digitalisierung und dem Internet der Dinge sowieso eine „Devaluation des Expertentums“ auf uns zu, auf deutsch: Man vertraut dem Internet, der Digitalisierung mehr als dem Experten, dem Menschen. Das könnte auch den Ärzten und Apothekern passieren, wenn der Patient seine Diagnose-App in der Tasche hat, gespeist und gefüttert von Super-Datenbanken. Für den Apotheker bleibt dann nur noch das Menschliche: Vielleicht eine liebevolle Umarmung des Patienten, nachdem er ihm den Code zum Ausdrucken seines Arzneimittels zu Hause auf dem 3D-Drucker mitgegeben hat? Mal im Ernst: Selbst wenn die Politik heute so liebe Worte sagt und uns nicht ersetzen will: Die normative Kraft der faktischen Digitalisierung wird sagen, wo’s lang geht. Da wird auch die Politik nicht viel richten können. Die netten Anstrengungen, den Papier-Medikationsplan zum Laufen zu bringen und irgendwann mal auf eine elektronische Version umzustellen, wirken dagegen richtig putzig. Mein liebes Tagebuch, wir sollten unsere Zukunft selbst machen. Und damit meine ich nicht das brave Perspektivpapier, das unser Heute auf 2030 hochrechnet. Wo sind die ABDA-Ideen für unsere digitale Zukunft?

26. April 2016

Das ist ja wohl das Letzte: Hersteller kontingentieren ihre Lieferungen an den Großhandel, vor allem bei hochpreisigen Arzneimitteln. Bestellt die Apotheke direkt, dann sind die Präparate plötzlich „in jeder Menge“ lieferbar. Was steckt hier dahinter? Warum tun das Hersteller? Einer dieser Kandidaten ist z. B. Biogen mit seinem Präparat TecFidera (rund 1255 Euro pro Packung). Theo Hasse, Chef des Apothekerverbands Rheinland-Pfalz, ist der Kragen geplatzt: Er geht jetzt an die Öffentlichkeit und macht auf diese Zustände aufmerksam. Mein liebes Tagebuch, das ist gut so. Endlich! Hasse schrieb einen geharnischten Brief an Biogen, um zu erfahren, warum man den Großhandel nicht ausreichend beliefere. Immerhin besteht für pharmazeutische Unternehmer die Pflicht, Großhandlungen kontinuierlich zu beliefern. Biogen hat sich dazu noch nicht geäußert. Klar, wieso auch, die Nichtbelieferung zieht keine rechtlichen Konsequenzen nach sich. Mein liebes Tagebuch: Wir raten Biogen, vielleicht mal seine Seite zu seinem „Ethischen Geschäftsverhalten“ durchzulesen. Da steht: „Dass wir uns in unserer täglichen Arbeit ethisch korrekt und verantwortungsbewusst verhalten, ist entscheidend für unseren Erfolg. … Wir erwarten von allen Mitarbeitern bei Biogen ein ethisch einwandfreies Verhalten bei unseren gemeinsamen Bemühungen im Hinblick auf unser Ziel:… Bereitstellung innovativer Therapien.“ Tja, liebes Führungsteam von Biogen, wenn das nicht nur billiges Marketingsprech sein soll, müsst ihr was ändern! Mit Kontingentierung wird’s nichts.

27. April 2016

Wie geht’s den Apotheken? Kommt drauf an, wie man‘s sieht. Der Deutsche Apothekerverband stellte auf seinem Wirtschaftsforum die Zahlen dazu vor. Und die zeigten: Es kommt wirklich darauf an, von welcher Warte man aus drauf schaut. Die durchschnittliche Apotheke macht 2,1 Mio. Umsatz, aber 61 Prozent der Apotheken liegen eben unterm Durchschnitt. Das steuerliche Betriebsergebnis liegt bei 6,5 Prozent vom Netto-Umsatz (0,1-Prozentpunkt weniger als im Vorjahr). Die Zahl der Apotheken hat weiter abgenommen, 200 weniger als ein Jahr zuvor: Ende 2015 waren es 20.250 Apotheken. Keine Filiale haben rund 12850 Apotheken. Schaut man auf die Zahl der Hauptapotheken (mit 0, 1, 2 oder 3 Filialen), so gibt es nur noch rund 16.000 – und damit taucht die Zahl auf, die vor etwa zehn Jahren durch die Landschaft geisterte: „Wir werden bald nur noch 16.000 Apotheken haben.“ Na ja, stimmt nicht ganz. Durch die Filialisierungsmöglichkeit haben wir noch rund 4250 Apotheken mehr. Aber es gibt mehr Personal in Apotheken, insgesamt beschäftigen die Apotheken rund 154.500 Mitarbeiter (ein Jahr zuvor 152.750). Das heißt: Es gibt mehr zu tun. Und: der Frauenanteil liegt bei 89,1 Prozent. Mein liebes Tagebuch, Apotheken sind weiblich. OHGs sind im Aufwärtstrend (derzeit 662), die Filialisierung steigt nur noch geringfügig an. Wie geht’s weiter? Bei Rx wird es ein geringes Wachstum geben, OTC bleibt weitgehend unverändert. Einkaufskonditionen verschlechtern sich, Lohnkosten nehmen zu. Vielleicht, aber wirklich nur vielleicht gibt’s ein paar Cent mehr BtM-Gebühr und 8,35 Euro für die Abgabe von Rezepturen – und dann fällt uns womöglich der Hochpreiser-Deckel auf den Kopf oder das BMWi-Gutachten zieht uns den Boden untern den Füßen weg – nein, mein liebes Tagebuch, wie’s weiter geht, lässt sich nicht seriös vorhersagen. Unsere Branchenlage bleibt „politikgetrieben“ und das ist gar nicht schön.

 

Da sind sie, nahezu alle Probleme und Schwierigkeiten, denen wir Apothekers derzeit ausgesetzt sind: DAV-Chef Fritz Becker hat sie in seinem politischen Lagebericht fürs Wirtschaftsforum zusammengestellt. Ein langer Baustellen-Katalog. Zum Beispiel: Noch keine Honoraranpassung, noch keine Erhöhung von BtM-Gebühr und Rezepturpreisen, BMWi-Gutachten, Nullretax, Importförderklausel, Lieferengpässe, Hochpreiser, Rabattverträge, Zytoausschreibungen, Medikationsplan, ARMIN, elektronische Gesundheitskarte, Entlassrezept, Präqualifizierung. Mein liebes Tagebuch, reicht’s schon? Nein? Also gut, es gibt noch die Re-Präqualifizierung. Und ich fordere die Ante-Re-Pro-Präqualifizierung, bis die Präpositionen der lateinischen Sprache am Ende sind. Mein liebes Tagebuch, welch schönen Beruf wir doch haben! Und dann kommen da noch zwei Damen aus der Gesundheitspolitik, die glauben, sie müssten uns mit einem Honorardeckel auf den Kopf schlagen. Und wir kriechen am Boden, küssen allen die Füße und lecken uns die Wunden. Nein, nicht mit Fritz Becker. Er schäumte: „Nicht mit uns! Wir werden uns mit allen Mitteln dagegen wehren.“ Mein liebes Tagebuch, hoffentlich bleibt’s dabei. Und überhaupt wär’s gut, wenn nicht nur einmal anlässlich des Wirtschaftsforum Tacheles geredet würde, sondern auch unterm Jahr öfter mal auf den Putz geschlagen würde. Rezepturpreise, Lieferengpässe, Nullretax – die Politik versteht nur eine laute und deutliche Aussprache.

28. April 2016

Ob sich Thomas Ballast, Chef der Techniker Krankenkassen, das wirklich gut überlegt hat? Auf dem Wirtschaftsforum überraschte er mit dem Vorschlag, die Apotheker quasi als „Sparschranke“ zu etablieren. Und das soll so gehen: Der Arzt soll bittschön die Diagnose (verschlüsselt) aufs Rezept schreiben, damit sie der Apotheker einsehen kann. Und jetzt kommt’s: Vor der Abgabe soll dann der Apotheker mitentscheiden, ob das verordnete Arzneimittel überhaupt für diesen Patienten geeignet ist, und vor allem soll er den Zusatznutzen des Arzneimittels überprüfen. Hat das Präparat keinen Mehrwert für den Patienten, soll der Apotheker die Abgabe verweigern und das Rezept zur weiteren Prüfung direkt an die Kassen schicken. Und dafür zahlt ihm die TK ein Honorar. Mein liebes Tagebuch, super, oder? Der Apotheker soll seinen Arzt verpetzen und dafür gibt’s Kohle, so eine Art Judas-Lohn. Na, das fördert die gute Zusammenarbeit der Heilberufe, oder? Ist ja nett, Herr Ballast, dass Sie unsere Kompetenz nutzen und honorieren wollen, aber bitte nicht als Kassenpolizisten. Vielleicht fällt Ihnen ja noch etwas Anderes ein, wie man uns Apotheker einsetzen und extra honorieren könnte. Wir können Ihnen da gerne ein paar Tipps geben.

29. April 2016

Ja, was nun? Bekommen wir in diesem Jahr noch eine Erhöhung der BtM-Gebühr und unser Apothekerhonorar für Rezepturen oder nicht? Mein liebes Tagebuch, du glaubst es nicht, in welch seltener Einigkeit die beiden Gesundheitspolitikerinnen von CDU und SPD, Michalk und Mattheis, auf dem Wirtschaftsforum bei dieser Frage herumgeeiert sind: Ja, irgendwie müsse da was kommen, vielleicht, da sind wir überzeugt, wahrscheinlich vielleicht, mal sehen, lauteten die Antworten. Und das Schärfste: Irgendwie wollen sie das im Zusammenhang mit ihrem Honorardeckel bei Hochpreisern sehen, den sie in ihr Positionspapier geschrieben haben. Also, wenn gedeckelt werden sollte, sollten die Apotheker unterm Strich trotzdem nicht weniger bekommen: Schließlich habe man sich bei der BtM-und Rezepturpreisgebühr für eine Erhöhung ausgesprochen. Mein liebes Tagebuch, die beiden Damen sind echt gut drauf, oder? Ihr Motto: Die Apothekers finanzieren ihre Honorarerhöhung selbst. Und unterm Strich haben wir dann nicht mehr und nicht weniger. Ich glaub, mein Schwein pfeift. Das Allerschärfste: Dieses unsägliche Positionspapier mit dem Honorardeckel haben die beiden nur geschrieben, weil sie nicht beim Pharmadialog mitspielen durften und weil der Bundeswirtschaftsminister eigenmächtig beim Apothekerhonorar ein Gutachten angefordert hat. Stark, oder? Da spielen die beiden die beleidigte Leberwurst und wir Apothekers müssen dafür büßen. Das ist Gesundheitspolitik 2016!


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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15 Kommentare

Wer soll das noch ertragen?

von Karl Friedrich Müller am 01.05.2016 um 23:07 Uhr

Leute,
Ich hab nach 26 Jahren selbst und ständig, dazu vorher 9 Jahre als Angestellter, nur noch Lust auf Freiheit......
So viel Quark, Ungereimtheiten, Druck und Stress, ein Haufen Dummschwätzer, Nichtswisser und die ABDA.
Dazu Ketten und Clans, die Absahnen, Gesetze hin oder her ( freundliche Empfehlungen).
Ich glaube, "man" will gar nicht, dass vernünftige Arbeit geliefert wird, nicht von uns. Erst muss die Apothekenlandschaft eingedampft werden, koste es, was es wolle. Dann bleiben ein paar übrig. Tröstlich, dass die ABDA nicht dabei sein wird.

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Durchschnitt

von Reinhard Rodiger am 01.05.2016 um 16:54 Uhr

Ein Hinweis an die Redaktion: Auch wenn die ABDA immer von 2,1 Mio Durchschnittsumsatz die Rede ist, weckt das falsche Assoziatione und fördert falsche Schlussfolgerungen..Rechnet man nämlich die "Cyto s" und die grossen Versandapotheken mit (zusammen unter 500) raus, ergibt sich überschlägig ein Durchschnittsumsatz von um die 1,6-1,7 Mio €. Gleichzeitig sind Apotheken unter 2 Mio
nicht oder schwer verkäuflich.Also mehr als ca. drei Viertel.
Damit fallen die meisten Apotheken unter die EU-Kleinstunternehmensregelung-also nicht förderungswürdig oder zu berücksichtigen.Das sind nur konzeptionell nur Klein-und Mittelunternehmen.

"Uns gehts doch prima" -das ist keine Botschaft für Verhandlungen.Oder sie sind gar nicht beabsichtigt?

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AW: 2,1 Mio. stimmen (leider?) ...

von Reinhard Herzog am 01.05.2016 um 18:05 Uhr

Das ABDA-Apotheken-Panel dürfte bereits nur die "normalen" Apotheken umfassen.

Gesamtumsatz inkl. "allem" 2014: 45,8 Mrd. €
2015 + ca. 4,5% = rund 48 Mrd. €
% 1,2 Mrd. € bis max. 1,5 Mrd. € Versand
% 4 - 5 Mrd. € "Spezialumsätze" inkl. Parenteralia
= Rest ca. 41,5 - 42,8 Mrd. € klass. Offizinumsatz

auf ~ 20.250 Apotheken verteilt: 2,05 - 2,11 Mio. Durchschnitt. Statist. Schnitt dagegen 2,37 Mio. €.

Deckt sich auch in etwa mit IMS und Insight Health-Daten ...

Ganz anders jedoch die Regionalstreuung:
Hamburg (~ 420 Apotheken, 1,78 Mio. Einw.): an die 3 Mio. statist. Durchschnittsumsatz (fast 700 € pro Kopf! Stehen an der Spitze der Verschreibungsumsätze).
Baden-Württemberg: Deutlich unter 2 Mio. ...
Auf Kreisebene siehts noch anders aus.

Medianumsatz schaut wieder anders aus, dürfte aber auch bei rund 1,9 Mio. bundesweit liegen. Ja, die (zunehmend in der Breite ankommenden) Hochpreiser und der "medizinische Fortschritt" ...

AW: Was stimmt? (ev.leider)

von Reinhard Rodiger am 01.05.2016 um 20:15 Uhr

Die ABDA (H.Bauer) gibt in der gleichen Grafik für die "typische" Apotheke ca. 1.75 Mio an und für die Durchschnittliche 2,1 Mio-das bedeutet, es wurde nichts herausgerechnet.Rechnet man rein überschlägig die für eine sachgerechte Beurteilung "zu Grossen" raus , kommt etwa die " typische" als Durchschnitt heraus.Das beruht auf der simplen Überlegung, dass ich die Häufigkeitsverteilung nicht ohne Kenntlichmachung der Basisveränderung verwenden kann. Ich denke einfach, es ist entscheidend, Daten nachvollziehbar zu machen. Das sind sie nicht.Das sollten wir besser klären.Für mich bleibt da was entscheidendes offen.Bitte entkräften Sie das.

AW: TIP (ohne Doppel-TT) oder Heute steht der Ami vor der Türe

von Bernd Jas am 01.05.2016 um 23:40 Uhr

Ihr könnt kalkulieren wir Ihr wollt, Ihr schafft es nicht mit dem Schönrechnen der Apotheken bis der Ami da ist.
Versucht es mal mit Wodka vom Russen und Schönsaufen, das klappt zu mindestens temporär.
Wenn Google uns alle aufgekauft hat, war das noch nicht mal deutlich (wenn überhaupt) in deren Bilanz spürbar.

AW: Plausibilität der Daten

von Reinhard Herzog am 01.05.2016 um 23:46 Uhr

Wären 2,1 Mio. das echte, arithmetische Mittel, müsste der Branchenumsatz 2,1 Mio. x 20.250 Apotheken = ca. 42,5 Mrd. € betragen. Das ist schon nach ABDA-Zahlen deutlich zu wenig (2014 bereits 45,8 Mrd.), aber auch nach allen mir zugänglichen Daten (IMS, Insight) sowie in der Gegenrechnung der Daten der GKV (GAmSi, AV-Report u.a.). Wobei es je nach Datenquelle schon 1 oder 2 Mrd. Unterschied geben kann.
Multipliziert man die angegebenen Umsatzverteilungen der ABDA aus, fehlt übrigens umgekehrt ein ganzes Stück zum Gesamtumsatz (war jedenfalls bis 2014 so, aktuelle Verteilung muss ich noch rechnen, scheint aber ähnlich zu sein).
Das ist schon ganz schön vertrackt. Es scheint schlicht "schwarze Löcher" in Form diverser Größt- und Versandapotheken zu geben, zumal sie teils im Ausland sitzen, aber in unterschiedlicher Weise doch z.T. in den hiesigen Statistiken auftauchen. Auch die Warendefinitionen, was wozu gerechnet wird, sind immer wieder eine Quell der Freude ...

Die Diskussion zeigt, wie schwer es ist, wirklich valide Daten beizubekommen. Und so wird es vielleicht sogar wieder verständlich, warum die Politiker erst einmal eine belastbare, "neutrale" Datengrundlage schaffen wollen.

Andererseits muss man allerdings auch sagen, dass kaum eine Branche sich so ihre Zahlen filetieren lässt. Und am Ende sind es doch alles Hausnummern, weil die individuelle Lage vor Ort doch eine ganz andere ist.

Guten Morgen, meine Lieben !

von gabriela aures am 01.05.2016 um 13:27 Uhr

So, 50% der Termine, bei denen "lautstark" gepoltert wird sind vorbei :
DAV-Wirtschaftsforum ( das diesjährige Motto "Der Marktentwicklung einen Schritt voraus" möchte ich lieber l unkommentiert lassen)
Fehlt noch der DAT in München.
Und wieder wird gedroht ... uiui... steht doch noch die Änkundigung von FS vom DAT 2015 unerledigt im Raum: "Dienst nach Vorschrift".
Das wird ein Erdbeben in Berlin und den Ländern auslösen.
Gipfeln die Drohungen gar darin, daß keine Einladungen an PolitkerInnen zum DAV-WiFo, dem DAT , den Länder -ATs oder Sommerfest der ABDA mehr verschickt werden.
Nein, so schlimm wird's nicht kommen...wir wollen die Politik ja nicht brüskieren und es gibt noch ca. 6+x Gesprächstermine und/oder Omnibus-Gesetze, bei denen wir berücksichtigt werden könnten. Vielleicht, also wenn's gut läuft.
Außerdem möchte ich jetzt mal den ganzen Motzern sagen:
wenn wir bei BTM dann 58cent statt 26cent bekommen, dann ist das eine Steigerung von über 100% - zeigt mir mal eine Berufsvertretung, die "aus dem Stand" mehr als das Doppelte rausgeholt hat !
In welcher Höhe das in Siggi's Gutachten einfließt, das wird die ABDA ja ganz genau beobachten und dann gegenrechnen.

Der putzige Vorschlag von Herrn Ballast ist der Ärztezeitung übrigens nicht mal eine Meldung wert - den können wir eher unter "Dampfplauderei" abhaken als den doch eigentlich erledigten "Deckel" .
Da war wohl der Wunsch Vater des Gedanken.
Die Frage unserer Wahnsinns-Gewinne aus den 3% wird die Politik dank dem Bohren und Wimmern der Kassen nicht loslassen.

Sowieso bemerkenswert: jede andere Branche würde sich gegen massive Diffamierungen zur Wehr setzen- nur bei Apothekers ist die Schlußfolgerung eine komplett andere :

Werden sie mit Gülle überschüttet, ist die Schlußfolgerung:
Gülle wird zum Düngen verwendet, also ist das eigentlich nicht schlecht !
Eine verquere Variante des "Stockholm- Syndrom".



Und lästige Arbeit wie PR wird auch recht elegant von der Pressestelle um Dr. Kern ans Fußvolk abgewälzt, in dem Fall an die lokalen Pressesprecher, die als "WahlkreisBotschafter" zwangsverpflichtet wurden.
Siehe die neuen Einblicke:
http://www.abda.de/fileadmin/assets/Einblick/ABDA_Einblick_02_2016.pdf
Spart Zeit, Geld und Nerven, die woanders gebraucht werden . Wo jetzt genau, kann dem gemeinen Fußvolk nicht so ohne Weiteres gesagt werden.

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AW: Verantwortungslos....

von Reinhard Rodiger am 01.05.2016 um 15:15 Uhr

ist das völlige Fehlen der Führungsebene, öffentlich kommunikativ tätig zu sein. Danke für den Hinweis auf das Abwälzen der Verantwortung."Kern Konzept"

Führungsaufgaben nur nach unten zu delegieren ist tödlich für politisches Zuhören. Das ist das Signal, dass unsere "Spitze" nichts mehr will, als vom Sterben zu leben.

DAV und nun? - Nur gemeinsam wären wir stark!

von Kerstin Kemmritz am 01.05.2016 um 12:59 Uhr

Wieder viele "schöne" Kommentare, aber gerade Herrn Pfeifer möchte ich heute besonders zustimmen. Ja, wirklich, denn wenn der DAV nicht endlich, endlich als Interessenvertretung der inhabergeführten Apotheke auch fühl- und hörbar wird, wird ihn die Zeit überholen, denn die Starken schaffen es wie immer alleine! Die Kleineren brauchen die Unterstützung eines Verbandes und der Verband, gerade der DAV, braucht die kleineren Apotheken. Da reicht nicht eine markig geschriebene und bemüht vorgelesene Rede auf dem Wirtschaftsforum, da gilt es, den angekündigten Taten auch welche folgen zu lassen!

Wie steht es denn mit dem Maßnahmenkatalog, der auf dem DAT als Antrag angenommen wurde? Für wann heben wir uns dieses Thema denn auf? Wie steht es mit der Diskussion um eine Anpassung der Rezepturpreise, wenn der Gesetzgeber erst mal auf Zeit spielt? Sind da 8,35 € ohne weitere Anpassung nicht ein wenig wenig? Wie sieht es aus mit der Erhöhung der Dokumentationsgebühr, wenn interne (vorsichtige) Berechnungen schon bei über 8 € landen? Was ist mit Forderungen zum Bürokratieabbau? Wo ist die Umsetzung der Forderung von Frau Korf (deren Vortrag in Gänze übrigens bemerkenswert gut war!) nach Wahrnehmung in der Öffentlichkeit? Wo ist die versprochene politische Ausrichtung der Imagekampagne?

Fragen über Fragen, Baustellen über Baustellen. Die Themen und Redner waren gut gewählt, aber sie verlangten nach breiter Diskussion statt nach Tot- oder Zerreden in starre Diskussionsrunde. Absolut bemerkenswert auch der Vortrag des Zukunftsforschers, der ebenso Angst wie Mut machte auf das, was auch aus uns Apothekern werden könnte. Wenn wir endlich gemeinsam auch mutvoll diskutieren! Das Wirtschfaftsforum ist vorbei. Wann findet der DAV die nächste Chance, sich und uns neu aufzustellen? Der Start muss von oben kommen, dann sind wir von unten auch dabei! Sofort, denn es ist unsere gemeinsame Zukunft, um die es da geht!

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AW: PR-Arbeit

von gabriela aures am 01.05.2016 um 13:40 Uhr

Liebe Kerstin,

Dr. Kern hat doch ein Konzept ausgearbeitet, wer wann wie wo kommentieren darf :
http://www.abda.de/fileadmin/assets/Einblick/ABDA_Einblick_02_2016.pdf

Die Reden der letzten Jahre gleichen sich doch wie eineiige Zwillinge - ich habe die "Neujahrsansprache" von Erika Fink aus dem Jahr 2011 !!!gefunden - kannst du so nehmen und am DAT, DAV-WiFo und sonstwo vortragen, merkt kein Mensch einen Unterschied.
Und das dürfte nicht die erste Rede zu den immer noch gleichen und unerledigten Forderungen sein.
Die Erfolge der letzten Jahre bewegen sich also auf homöopathischem Niveau.

Ergänzend zu Dr. Pfeifer:
nachdem die Standesvertreter nicht nach Erfolg bezahlt oder ihre (Wieder)Wahl an Erfolge gebunden ist, kann ihnen doch ihre Bedeutung und Akzeptanz in der Politik völlig egal sein.
Durch die Zwangsabgabe des Fußvolkes ist ihre Bezahlung doch garantiert.

Nur die heile Welt heilt ?

von Reinhard Rodiger am 01.05.2016 um 11:48 Uhr

Solange die Botschaft unserer "Vertretung" immer nur ein "alles ist in Ordnung" ist , solange kommt in der Politik nichts an.
Frau Korf (ABDA!!) wird im Tagesspiegel zitiert "wir sind besser als die Ärzte" , die Zuzahlungen werden ein Problem,der kontinuierliche Rückgang ist nicht dramatisch, Flächendeckung gesichert. Alles kein Problem. Wie die selbstinduzierte Barrierefreiheit.
Eigentlich geht es nicht um stark oder schwach, sondern um ein "wo brennts und wo nicht". Es brennt da, wo der direkte Kontakt zu Menschen aus "Marktgründen" minimiert wird.
Wer nicht das Glück hat,in Zentren oder zentrumsnah zu wohnen oder um Helfer nicht verlegen ist, wird kein Problem haben.Doch "Nebenlagen" in Wohngebieten, weite Landstriche, kaufkraftarme Gegenden werden nach den "Marktgesetzen" versorgungsmässig ausgedünnt.Diese Entwicklung hat anderswo schon die Politik mobilisiert.

Doch das ist nicht zu verwechseln mit dem Durchfüttern zu kleiner Unternehmen.Es muss lediglich der Bezug zur Frequenz hergestellt werden.Zu niedrige Frequenz bedeutet nicht Ausschluss von menschengemässer Versorgung.Je stärker die Konzentration in Zentren gefördert und die Infrastruktur überfordert wird,desto mehr verarmt die Peripherie. Dabei liegen hier die Ressourcen vor dem Hintergrund steigender Zahlen, die bewältigt sein wollen.
Anders ausgedrückt:vermeintlich marktgemässes Handeln vermindert die Heilungschancen.
Die Ware Gesundheit hat gegenüber dem kommerziellen Nutzen keine Chance.
Die sich andeutenden Veränderungen sind so grundsätzlicher Natur, dass ein Mitgestalten ein Heraustreten aus der Lethargie braucht. Wo ist die Debatte über die notwendigen Bausteine, um von der IT-Lawine und der Reduzierung der menschlichen Bedürfnisse nicht überrollt zu werden?

Auch, wenn Automatisierung nicht alles ersetzen soll , bleibt die Aufgabe, dies gegenüber den kapitalstarken aufrecht zu erhalten.Hier zeigt sich der allerorten praktizierte Einfluss, die Margen zu reduzieren, weil die Produktivität ja steigt.Da ist nicht die Konzentration auf "Wissenschaft" die Lösung, sondern die Neuerfassung von angemessenen Versorgungsstrukturen.Diese sind nicht dem Markt zu überlassen.

Es gibt viel Raum, der gefüllt werden will.Vieles davon ist durch die Entwicklung in anderen Ländern zu lernen.Etwa zur veränderten Art der Fehlerart durch IT-Verdichtung und die Probleme nicht kompatibler Systeme.Oder den Einfluss zu grosser Arbeitsverdichtung auf Fehlerhäufigkeit und Motivation. Oder den Einfluss zu hoher Kosten auf Kleinstunternehmen All das trifft auf die Notwendigkeit, breit verteilt und niedrigschwellig die Infrastruktur nicht zugunsten von Postdiensten verkommen zu lassen.

Kurz gesagt: Menschengemässes Versorgungskonzept ist gefragt, das Heilung nicht den (zu)starken überlässt.

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Retax

von Dr. radman am 01.05.2016 um 11:40 Uhr

Verpetzt der Apotheker den arzt nicht, droht Null-Retax.. ist doch klar...

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Retro Landapotheke

von Ulrich Ströh am 01.05.2016 um 10:08 Uhr

Die Idee Landapotheken zu fördern, ist gut gemeint.

Nur : Wo ein Markt ist, ist auch ein Anbieter !

Und da der Markt der Landapotheken gewichtig ist,werden
-angedachte - Landapothekenfonds den technischen Fortschritt leider nicht aufhalten können.

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Tacheles reden, auf den Putz hauen ...

von Reinhard Herzog am 01.05.2016 um 9:32 Uhr

Die Schleimspur ist die Autobahn der Apotheker.
Und Zukunftsangst bestimmt das Tempo.

Das war schon immer so. Gründe: Viele ... ( ... u.a. Lebenslügen des Berufes)

Aber immerhin: Bei Schneckentempo ist das Crashrisiko gering. Und vielleicht rutschen die Schnelleren, die uns zu überholen trachten, ja dann auf der Schleimspur aus?

"Unsere Branchenlage bleibt „politikgetrieben“ und das ist gar nicht schön" ...
... sicher nicht schön (sehe ich auch so), aber eben ausdrücklich gewünscht. Oder wie kann man die Wünsche an die Politik anders verstehen?

Der altbekannte Spruch: "Die glücklichen Sklaven sind die entschiedensten Gegner der Freiheit" stimmt!

Man muss nur wieder seitens der Politik ein paar Zückerli verteilen, und dann flutscht es wieder für eine Weile auf der Schleimspur ... und das werden die Politiker schon tun, immerhin. Man lässt Günstlinge zwar gerne zappeln, aber nicht ganz verkommen.

Alternativen? Für die Starken sicher einige denkbar, für die Mehrzahl schwierig. Konsequenz? Siehe oben ...

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Düstere Aussichten

von Dr. Jochen Pfeifer am 01.05.2016 um 9:04 Uhr

Diese Entwicklung hat aber noch andere Konsequenzen: der Einfluss von Kammern und Verbänden wird noch weiter sinken. Zwar kommen jetzt noch Politiker zu den Veranstaltungen unserer Stammesfürsten, man hört ihnen auch freundlich zu, aber ich habe langsam das Gefühl, dass diese Stammesfürsten keiner mehr Ernst nimmt. Warum? Weil die Apotheker anders als die Ärzte nicht mit einer Stimme sprechen. Das können wir auch nicht mehr. Große Apothekenkooperationen und Familienclans haben eine Machtfülle erreicht, dass sie Verbände und Kammern nicht mehr brauchen- die sind eigentlich nur noch lästig. In dem Moment, wo diese neuen "Mächtigen" des Apothekenwesens eine Flächendeckung hinbekommen, die sie zur Zeit noch nicht haben, werden unsere bisherigen Stammesfürsten zur Bedeutungslosigkeit verdammt. Dann wird nicht mehr gejammert und politisiert sondern knallhart verhandelt, genauso wie das unter Ketten schon längst geschehen wäre (nein, ich bin nicht für die Ketten- bevor wieder diese Gerüchte auftreten). Nur: diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die nicht in diesen Strukturen arbeiten, werden dann ein großes Problem bekommen- und das werden nicht nur die berühmten "Landapotheken" sein. Es wird dann auch bei den Apotheken so sein, wie in jedem anderen "Einzelhandel" (sorry): die Erfolgreichen werden immer erfolgreicher und die anderen bleiben auf der Strecke.

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