Ärger über PharmaFGP

Noweda kritisiert Vermarktungsmethoden des OTC-Herstellers

02.05.2016, 11:00 Uhr

Reizthema für Noweda: Die Vermarktungsmethoden von PharmaFGP. (Quelle: Kijimea.de)

Reizthema für Noweda: Die Vermarktungsmethoden von PharmaFGP. (Quelle: Kijimea.de)


Der Pharmagroßhändler Noweda ist sauer auf die oberbayerische Firma PharmaFGP. In einem Brief an die Mitglieder der Apothekergenossenschaft beklagt sich das Noweda-Management über „nicht marktkonforme Einkaufskonditionen“ und Beeinflussung der Patienten durch „massive Endverbraucherwerbung“ seitens PharmaFGPs. Die Gräfelfinger sind sich hingegen keiner Schuld bewusst.

Noweda-Vorstand Michael Kuck und Vertriebsleiter Udo Harneit sind derzeit nicht gut auf den OTC-Hersteller PharmaFGP zu sprechen. In einem Informationsschreiben an ihre Apothekenmitglieder, das DAZ.online vorliegt, beklagen sich die beiden Manager über angeblich unfaire Handelspraktiken des schnell wachsenden und selbstbewussten Arzneimittelproduzenten aus Gräfelfing bei München. Darin schreiben sie: „Leider gibt es immer wieder Hersteller, die der Auffassung sind, dass ein marktübliches Verhalten – also die Gewährung angemessener Einkaufskonditionen für die Apotheken – nicht erforderlich ist. Ein Beispiel hierfür ist u.a. die Firma PharmaFGP.“

Gegenüber DAZ.online wird Noweda noch deutlicher. PharmaFGP pflege ein Geschäftsmodell, „das sich gegen die Apotheken richtet“. Den Apotheken würden marktkonforme Einkaufskonditionen vorenthalten, stattdessen werde massiv in Endverbraucherwerbung investiert. Auch die Noweda und damit die angeschlossenen Mitglieder-Apotheken würden keine marktgerechten Einkaufskonditionen erhalten. 

PharmaFGP nicht im Korridor

Üblicherweise gebe es Korridore, in denen sich die Konditionen vergleichbarer Hersteller und Marktsegmente bewegten. Die Konditionen innerhalb dieser Korridore seien in der Regel als marktüblich und angemessen anzusehen. Die Konditionen von PharmaFGP, so das Noweda-Management, seien hiermit jedoch nicht in Einklang zu bringen.

Nach Einschätzung des Großhändlers erzeugt PharmaFGP durch die werbegesteuerte Patientennachfrage so hohen Druck, dass sich Apotheken dem Zwang, die Artikel von PharmaFGP zu führen und abzugeben, nicht verweigern könnten, ohne Patienten zu verlieren. Dies gelte unabhängig davon, ob der jeweilige Apotheker von Artikeln wie „RubaX Gelenknahrung“ pharmazeutisch überzeugt sei.

Auslistung von PharmaFGP-Artikeln erwogen

Wörtlich heißt es: „Noweda ist überzeugt davon, dass ein solches Geschäftsmodell in keiner Weise im Sinne der Apotheken ist. Würde jeder Hersteller so agieren wie PharmaFGP, gäbe es für Apotheken in den entsprechenden Marktsegmenten praktisch keine Einkaufskonditionen mehr.“ Es sei daher wichtig und die Aufgabe als Apotheker-Unternehmen, derartige Geschäftsmodelle zu kritisieren. Noweda gebe die Artikel von PharmaFGP daher ausschließlich zum Apothekeneinkaufspreis ab. „Damit möchten wir auf den Missstand aufmerksam machen und erreichen, dass sich unsere Mitglieder und Kunden mit der Problematik befassen. Von der eigentlich gebotenen, dauerhaften Auslistung der Artikel von PharmaFGP haben wir dagegen abgesehen, um die Entscheidung über die Abgabe den Apotheken zu überlassen.“

PharmaFGP: Endkundenmarketing hat signifikante Vorteile

PharmaFGP teilt seinerseits auf Anfrage von DAZ.online mit, das Schreiben von Noweda „mit Bedauern“ wahrgenommen zu haben, insbesondere vor dem Hintergrund, dass man seit nunmehr acht Jahren mit allen Großhändlern und den Apotheken „sehr gut und kooperativ“ zusammenarbeite. Im Übrigen würden alle Großhändler ihren Apotheken die üblichen Rabatte auf das Sortiment von PharmaFGP anbieten - außer Noweda.

Das Gräfelfinger Unternehmen verweist darauf, wie viele andere Pharmafirmen unter anderem auf Endkundenmarketing zu setzen. Dies habe „signifikante Vorteile“ für die Apotheker. So sei beispielsweise mit der Einführung von Lactostop der Marktumsatz im Bereich Laktoseintoleranz innerhalb kurzer Zeit verdoppelt worden. Mit Kijimea Reizdarm seien mehr als zwei Millionen neue Patienten für die Apotheken gewonnen worden. PharmaFGP weiter: „Unser Endkundenmarketing dient darüber hinaus der Aufklärung der Patienten über Krankheiten und Therapieformen. Aus zahllosen Endkundengesprächen wissen wir, dass dies für Patienten sehr wichtig ist.“ Laut einem Medienbericht gibt PharmaFGP allein in Deutschland mehr als 100 Millionen Euro für Werbung aus. Damit sei man hierzulande einer der größten Werbetreibenden in der Pharmaindustrie.

Selbstbewusstes Auftreten

PharmaFGP tritt selbstbewusst auf, Zurückhaltung scheint nicht die Firmenpolitik zu sein. So werben die Bayern auf ihrer Homepage damit, das beste OTC-Pharma-Unternehmen 2015 zu sein – eine Auszeichnung, die der Firma von einer „hochkarätigen Jury“ verliehen worden sei. Zudem gehöre man zu den am schnellsten wachsenden Pharmaunternehmen in Europa. Bis 2020 wolle sich Pharma FGP zu einem der „Top-10-Unternehmen“ der europäischen Pharmabranche entwickeln.

Clemens Fischer, 40, ist der Mann hinter dieser Vision. Der Gründer und Geschäftsführer von PharmaFGP hat keine Scheu, auch gegenüber Medien seine beruflichen und privaten Leistungen herauszustellen. So ließ er die Zeitschrift „Bunte“ wissen, dass er einen 450 PS starken Audi RS5 fahre, eine Lizenz als Hubschrauberpilot besitze und seinen Körper zwei- bis dreimal pro Woche in einem Schwabinger Fitnessstudio trainiere.

Erste Firma mit 17

Auch beruflich hat Fischer Gas gegeben. Mit 17 gründete er seine erste Firma, er machte seinen MBA in Wirtschaft an der Harvard Business School und stieg bei Novartis schnell in die Geschäftsleitung auf. 2009 gründete er die Firma Naturwohl Pharma, bekannt für das Diätmittel Yokebe, die er 2015 für einen angeblich dreistelligen Millionenbetrag an den irischen Pharmakonzern Perrigo verkaufte. Aktuell bewirbt Fischer mit PharmaFGP Produkte wie Rubax („Wirksam wie harte Chemie“), Deruba („einzigartige Innovation“) oder Kijiema Reizdarm („sensationelle Wirkung des Bifidobakterienstammes“). Insgesamt vertreibt PharmaFGP mehr als 30 rezeptfreie Arzneien und erreicht mit rund 70 Mitarbeitern einen Umsatz im dreistelligen Millionenbereich. „Wenn wir ein cooles Produkt rausbringen wollen, gehen wir kalkulierte Risiken ein. Ich will mehr Tempo in die Pharma-Branche bringen. Findet das Mittel keine Käufer, ziehe ich eben den Stecker“, erläuterte Fischer gegenüber der Bunten seine Vorgehensweise.

Trotz aller Kraftmeierei schlägt Fischer gegenüber Noweda am Ende versöhnliche Töne an, wohlwissend, dass auch ein Durchstarter wie PharmaFGP auf Pharmahändler angewiesen ist: „Unsere Zusammenarbeit mit allen pharmazeutischen Großhändlern ist sehr gut. Dies möchten wir auch in Zukunft so fortsetzen. Auch Noweda schätzen wir als Partner sehr und sind weiterhin für kooperative Gespräche offen.“   


Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Humbug

von Pedja am 19.11.2016 um 17:14 Uhr

Ich vermisse im Artikel vor allem einen Hinweis auf die Unwirksamkeit homöpatischer "Arzneimittel" , die PharmaFGP in erster Linie vermarktet. Mit der massiven Werbung wird so vielen leidenden Menschen Hoffnung gemacht und dann das Geld aus der Tasche gezogen.

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PharmaFGP

von Uffff…. am 02.05.2016 um 21:04 Uhr

Ist das etwa ein Verbrechen????? Liebe DAZ, bitte nicht die Sachebene verlassen:
"So ließ er die Zeitschrift „Bunte“ wissen, dass er einen 450 PS starken Audi RS5 fahre, eine Lizenz als Hubschrauberpilot besitze und seinen Körper zwei- bis dreimal pro Woche in einem Schwabinger Fitnessstudio trainiere."

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