Pharmastoc

Zwischenhandel 2.0

Köln - 11.05.2016, 09:18 Uhr

Plattform für die Apotheke: Das Team von Pharmastoc um Chef-Softwareentwickler Sebastian Albers (2.v.l.). Sprecher Andre Amberge ist der Mann mit dem Laptop in der Hand. (Foto: DAZ.online)

Plattform für die Apotheke: Das Team von Pharmastoc um Chef-Softwareentwickler Sebastian Albers (2.v.l.). Sprecher Andre Amberge ist der Mann mit dem Laptop in der Hand. (Foto: DAZ.online)


Ab 1. Juni bietet Pharmastoc, ein neues Onlineportal, Apothekern mit oder ohne Großhandelserlaubnis die Möglichkeit, nicht retournierbare Warenüberhänge abzuverkaufen oder Arzneimittel günstig zu erwerben. Der Betreiber möchte speziell kleinere Apotheken logistisch unterstützen. 

Pharmazeutische Ideen kommen nicht immer aus der Apothekerschaft selbst, wie jetzt auch bei Pharmastoc. Hinter der Aktiengesellschaft mit Sitz in Köln stecken Software-Entwickler. „Viele kamen aus dem Apothekenumfeld und entwickelten früher Warenwirtschaftssysteme oder Schnittstellen“, sagt Andre Amberge, Sprecher bei Pharmastoc DAZ.online. „Ihnen sind die Sorgen und Nöte gerade kleinerer Apotheken vertraut.“

Strategien gegen Ladenhüter in der Apotheke

Ein erklärtes Ziel war, Inhaber ohne Versandhandelserlaubnis branchenintern zu unterstützen. Hier spricht Amberge sogar von einer „politischen Motivation“ des Unternehmens. Als Gesamtvolumen gibt er für den Pharmazwischenhandel zirka zwei bis drei Milliarden Euro pro Jahr an. Günstige Konditionen, aber auch die Möglichkeit, nicht retournierbare Warenüberhänge leicht zu veräußern, machen diesen Bereich für Inhaber interessant.

Erst überprüfen, dann handeln

Zum Ablauf selbst: Ab 1. Juni können sich deutsche Apotheken, Pharmagroß- und -zwischenhändler sowie Pharmahersteller registrieren. Sie müssen eine deutsche Betriebserlaubnis gemäß § 1 Absatz 2 Apothekengesetz (ApoG), eine Großhandelserlaubnis gemäß § 52 a Arzneimittelgesetz (AMG) oder eine Herstellungserlaubnis gemäß § 13 AMG vorweisen können. „Eine Großhandelserlaubnis benötigen diejenigen Apotheken, die Arzneimittel verkaufen wollen“, heißt es bei Pharmastoc.

Hinzu kommen eine deutsche Arzneimittel-Bezugsberechtigung sowie ein Handelsregistereintrag. Nach Überprüfung aller Eingaben schalten die Administratoren den Nutzer frei.

Anonymität garantiert, Apotheken an Apotheker

„Bieter bleiben im Portal anonym“, erklärt Amberge. „Damit haben Käufer keinen Grund, nur bei großen Apotheken oder Händlern einzukaufen.“ Gleichzeitig erfahren mögliche Konkurrenten nicht, wer gerade Präparate anbietet. Bei der Konzeption habe man sich entschlossen, mit Festpreisen, aber nicht mit Auktionen zu arbeiten. Der eingestellte Betrag kann später noch nach unten korrigiert werden.

Apotheker zahlen zehn Cent pro Angebot plus ein Prozent des Nettowarenwerts bei erfolgreicher Transaktion, mindestens jedoch einen Euro. Als weiteren Service sei ein Factoring geplant. Dabei übertragen Anbieter Forderungen inklusive möglicher Risiken eines Forderungsausfalls an Dienstleister. Ein System, um Transaktionen zu bewerten, sei vielleicht zu einer späteren Phase geplant, berichtet der Sprecher. Momentan stehe die Anonymität aller Beteiligten bis zum Vertragsabschluss im Mittelpunkt. Danach liegt es an allen Beteiligten, den Transport zu organisieren.

Das Geschäftsmodell wirft allerdings auch Fragen rechtlicher Natur auf: Dass Apotheken von Apotheken Arzneimittel beziehen dürfen, ist nur in Ausnahmefällen zulässig (§ 17 Abs. 6c ApBetrO). Eine davon ist, dass die liefernde Apotheke eine Großhandelserlaubnis hat. Hier geht Pharmastoc auf Nummer sicher. Apotheken, die keine Großhandelserlaubnis besitzen, dürfen über die Plattform zwar Kosmetik, Nahrungsergänzungsmittel oder Medizinprodukte verkaufen – jedoch keine Arzneimittel.

Kritischer mag die umsatzbezogene Vergütung (ein Prozent des Nettowarenwerts) sein, die die verkaufende Apotheke an Pharmastoc zu entrichten hat. Sie ist mit Blick auf § 8 ApoG zumindest zu hinterfragen. Das Landgericht Hamburg hat zwar schon einmal entschieden, dass eine Vergütung, die sich am Umsatz einzelner Geschäfte ausrichtet, nicht unter das Verbot fällt. Abschließend geklärt dürfte diese Frage allerdings nicht sein. 


Michael van den Heuvel, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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