Beratungs-Quickie

Diuretika-Kombination zur Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz

München - 12.05.2016, 17:00 Uhr

(Foto: contrastwerkstatt / Fotolia)

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Welche Punkte sind bei der Beratung wichtig? Was für Zusatzinformationen können Sie in der Apotheke geben? Im „Beratungs-Quickie“ stellen wir jeden Donnerstag einen neuen Fall vor. Diesmal geht es um eine Verordnung über Spironolacton und Furosemid für eine alte Dame. Außerdem hat der Arzt ihr ein Schmerzmittel verschrieben.

Eine gut gekleidete, betagte Dame betritt die Apotheke und löst ihr Rezept ein. Sie läuft sehr langsam und auf einen Stock gestützt. Bei der Rezeptbelieferung berichtet die Kundin auf Nachfrage, dass sie die Arzneimittel schon kenne. Bis auf die Tropfen. Sie habe Tropfen gegen ihre Rückenschmerzen daheim, aber die hießen anders. Von diesen nehme sie bei Bedarf zwanzig Tropfen.

Formalien-Check

Verordnet sind 100 ml Novaminsulfon Tropfen und 50 Stück Spironolacton 50 mg sowie eine Packung N3 Furorese®, Wirkstärke 40 mg.

Bei allen drei Positionen ist aut-idem angekreuzt, obwohl es sich bei Position eins und zwei um Wirkstoffverordnungen handelt. Für diese sind daher Rabattverträge zu beachten. .

Die vom Arzt handschriftlich angegebenen Dosierungen sind gut leserlich auf die Packungen zu übertragen.

Die Kundin ist gebührenpflichtig. Ab Ausstellungsdatum ist das Rezept einen Monat gültig.

Beratungs-Basics

Novaminsulfon Tropfen enthalten das Analgetikum Metamizol, das neben einer peripheren auch eine zentrale Wirkkomponente hat. Ältere Patienten (> 65 Jahre) dürfen Metamizol nur in reduzierter Dosis anwenden, da eine verzögerte Ausscheidung der Metamizol-Stoffwechselprodukte möglich ist. Der Arzt hat für die Patientin eine Einzeldosis von 20 Tropfen (entspricht 500 mg Metamizol) gegen ihre starken Rückenschmerzen vorgesehen. Die Dame sollte die Tropfen maximal viermal täglich einnehmen.

Im aktuellen Fall sind Novaminsulfon Tropfen der Firma Lichtenstein® das Vertrags-Präparat. Da einige Hersteller Novaminsulfon unter dem Namen Metamizol vertreiben, ist die Kundin über den Präparatewechsel aufzuklären. Ist der Kundin das nicht zu vermitteln, sollten pharmazeutische Bedenken geltend gemacht werden, damit sie nicht beide Tropfenpräparate gegen ihre Schmerzen einnimmt.

Die beiden anderen Arzneimittel sind Diuretika zur Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz. Das kaliumsparende Diuretikum Spironolacton wird zur Therapie von Ödemen eingesetzt. Als Erhaltungsdosis sind in der Regel 50 bis 100 mg Spironolacton. Die Tabletten sind unzerkaut mit einer Mahlzeit und mit ausreichend Flüssigkeit einzunehmen. Die Resorption von Spironolacton ist erheblich besser, wenn die Einnahme mit Nahrung erfolgt.

Die diuretische Wirkung wird durch die Kombination mit dem kaliuretischen Schleifendiuretikum Furosemid gesteigert. Der Wirkstoff wirkt antiödematös und senkt die Vorlast. Die tägliche Erhaltungsdosis liegt in der Regel bei 40 bis 80 mg Furosemid. Die Tabletten sind nüchtern und unzerkaut mit ausreichend Flüssigkeit einzunehmen. Am besten morgens, um die Nachtruhe nicht durch Toilettengänge zu stören.

Für eine alte Patientin ist die Diuretika-Dosierung relativ hoch. Die Gabe von Spironolacton sollte auf einen möglichst kurzen Zeitraum begrenzt sein. Die Dame scheint ziemlich schwach. Auf Nachfrage berichtet sie jedoch, dass es ihr durch die Therapie viel besser gehe und die Wasseransammlungen schon fast verschwunden seien. Dennoch muss die Therapie periodisch vom Arzt überprüft werden.

Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Spironolacton zählen lebensbedrohliche Hyperkaliämien, vor allem bei eingeschränkter Nierenfunktion. Symptome einer Hyperkaliämie sind Herzrhythmusstörungen, Blutdruckabfall, Muskelschwäche und Parästhesien. Sie bedürfen einer sofortigen ärztlichen Abklärung. Die Gefahr einer Hyperkaliämie besteht auch bei gleichzeitiger Behandlung mit einem kaliuretischen Schleifendiuretikum. Des Weiteren kann Spironolacton bei Frauen zu Mastodynie und Zyklusstörungen (hier nicht relevant) führen.

Furosemid kann Kopfschmerzen, Schwindel, Hyperurikämie, Wadenkrämpfe und Muskelverspannungen durch Magnesiumverlust verursachen. Besonders bei älteren Patienten kommen Elektrolytstörungen, Dehydratation und Hypovolämie vor. Während der Einnahme von Metamizol kann sich der Urin rot verfärben, eine harmlose Erscheinung. Das Schmerzmittel hat keinen Einfluss auf den Kaliumspiegel. 

Auch noch wichtig

Wechselwirkungen mit verordneten Arzneimitteln und mit der Selbstmedikation sind zu beachten.

Die Gefahr einer Hyperkaliämie steigt durch eine zusätzliche Kaliumzufuhr, z.B. durch Mineralstoffpräparate oder Kochsalzersatzprodukte. Kaliumpräparate sind grundsätzlich in der Selbstmedikation kontraindiziert.

Zur Schmerzbehandlung sollte die Patientin (neben Metamizol) nur Paracetamol verwenden. ASS oder andere NSARs haben Einfluss auf das Kalium-Gleichgewicht.

Der übermäßige Genuss von Lakritze kann zu verstärktem Kaliumverlust und dadurch zu einer Hypokaliämie führen. Auch durch die regelmäßige hochdosierte Einnahme von Laxanzien (z.B. Anthranoide, Bisacodyl und Natriumpicosulfat) ist eine Hypokaliämie möglich.

Kommt es durch Erbrechen oder Durchfall zu einem Volumenverlust, begünstigt auch das die Entwicklung einer Hypokaliämie. Flüssigkeit und Elektrolyte sind ausreichend zu substituieren. Da jedoch gerade bei älteren Personen mit instabiler Herzinsuffizienz die plötzliche Zufuhr einer großen Flüssigkeitsmenge zu einer Volumenüberladung mit akuter Dekompensation führen kann und aufgrund des empfindlichen Kaliumhaushaltes, sollte die Kundin bei gastrointestinalen Erkrankungen den Arzt aufsuchen.

Klagt die Kundin über Muskelschwäche oder Parästhesien ist an eine Hyperkaliämie zu denken und eine ärztliche Abklärung erforderlich.

Berichtet sie über Schwindel, liegt die Ursache evtl. in einer übermäßigen Blutdrucksenkung.

Der DAZ.online-Beratungsquickie

Jede Woche präsentieren wir einen kurzen Fall, wie er im Apothekenalltag vorkommen könnte. Die Fälle und die Beratungshinweise basieren auf dem Rezepttrainer 1, dem Rezepttrainer 2 und dem HV-Trainer, des Deutschen Apotheker Verlags.
Die Beispiele geben Anregungen zur Beratung und anderen Dingen, die bei der Abgabe zu beachten sind:

  • Formalien-Check: unter anderem Informationen zur Verordnungsfähigkeit sowie Gültigkeit des Rezeptes

  • Beratungs-Basics: die wichtigsten Informationen zur Anwendung

  • Auch noch wichtig: Infos zu häufigen Nebenwirkungen und anderen Anwendungsproblemen, Wechselwirkungen mit der Selbstmedikation, Warnzeichen für Komplikationen, …

  • Darf`s ein bisschen mehr sein? Weitergehende Informationen und mögliche Zusatzempfehlungen

Fehlt was?
Haben wir etwas Wichtiges übersehen, haben Sie noch eine weitere Idee oder gar einen ganz anderen Ansatz? Nutzen Sie die Kommentarfunktion und lassen Sie es uns wissen.

Darf´s ein bisschen mehr sein?

  • Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zur Behandlung der Herzinsuffizienz finden sie hier.
  • Während der Diuretika-Therapie sind regelmäßige Kontrollen des Serumkaliumspiegels und der Creatinin-Clearance notwendig. Der Arzt muss außerdem regelmäßig den Blutdruck, die Zucker-, Blutfett- und Harnstoffwerte überprüfen.
  • Bei Langzeitanwendung von Furosemid ist eine Magnesiumsubstitution angezeigt. Magnesium kann zudem die Rückenschmerzen der Kundin lindern, da es zur Muskelentspannung beiträgt.
  • Die Rückenschmerzen können außerdem unterstützend lokal behandelt werden, z. B. mit topischen NSAR.

Auf das Angebot ihr die Türe aufzuhalten und sie hinaus zu begleiten, antwortet die alte Dame keck: „Machen Sie sich bloß keine Umstände. Sie sind ja auch nicht mehr die Jüngste.“


Manuela Kühn, Apothekerin
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

chron. Herzinsuffizienz

von Joachim Sievers am 24.05.2016 um 17:25 Uhr

24.Mai 2016

Guten Abend, gibt es einen Grund, warum meine Anfrage zum Thema auch heute noch nicht bearbeitet worden ist?
Grüße Joachim Sievers

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

chron. Herzinsuffizienz

von Joachim Sievers am 13.05.2016 um 8:56 Uhr

Ist Ihnen hier eventuell ein Fehler unterlaufen?
"Für eine alte Patientin ist die Diuretika-Dosierung relativ hoch. Die Gabe von Spironolacton sollte auf einen möglichst kurzen Zeitraum begrenzt sein."
Spironolacton wird in der Therapie der chron. Herzinsuffizienz nicht (mehr) als Diuretikum angesehen (z.B. Rose/Friedland, angewandte Pharmakotherapie S.10), sondern als spezifisches (Dauer) Medikament gegen Herzinsuffizienz.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Wir fragen nach

von Julia Borsch/DAZ.online am 13.05.2016 um 9:30 Uhr

Lieber Herr Sievers,
Danke für den HInweis. Wir haben bei der Autorin nachgefragt, auf welche Quelle sie sich da beruft.
Grüße
Julia Borsch

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