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Immer wieder werden Kriminelle ertappt, die mit gefälschten Rezepten Medikamente ergaunern. Dabei kann schon ein einzelner Täter Millionenschäden anrichten. Eine Statistik zu Rezeptfälschungen gibt es bei der ABDA nicht, doch die Dunkelziffer dürfte hoch sein.
Es sei ihr nicht gut gegangen, begründete Ende April eine gelernte Krankenschwester vor Gericht, warum sie in einer Apotheke im nordrhein-westfälischen Bad Laasphe nahe Siegen versucht hatte, mit einem gefälschten Rezept ein Medikament zu bekommen. Fünf Monate auf Bewährung wegen Urkundenfälschung, so lautete das Urteil. Im diesem Fall hatte eine Angestellte der Apotheke den Schwindel bemerkt, allzu oft jedoch gelingt es den Fälschern mit der entsprechenden kriminellen Energie, mit der Fälschung durchzukommen. Ein geschätzter Millionenschaden pro Jahr.
„Uns liegt keine Statistik zu Rezeptfälschungen vor“, sagt dazu ein Sprecher der ABDA. Vor Kurzem erst veröffentlichte allerdings die BKK VBU Zahlen, nach denen rund 300.000 Euro Schaden in den Jahren 2014 und 2015 nur bei dieser Kasse durch falsch abgerechnete Leistungen aus Apotheken entstanden seien, von denen gefälschte Rezepte den Hauptteil ausmachen – denn die Apotheker würden häufiger selbst getäuscht als dass sie selber täuschen würden, sagte eine Sprecherin der Krankenkasse gegenüber DAZ online. Überschlägt man diese Zahlen und rechnet nur einmal durchschnittlich auf alle Kassen hoch, geht es um enorme Schadenssummen und eine entsprechende unentdeckte Dunkelziffer.
Beamtin ergaunerte zwei Millionen
In manchen Fällen geht allein der Schaden durch einen einzelnen Täter in die Millionen. So etwa im Fall einer ehemaligen Beamtin der Stadt Köln, die durch gefälschte Rezepte zwischen den Jahren 2008 und 2013 der Beihilfekasse der Stadt allein einen Schaden von zwei Millionen Euro verursachte. Zu zwei Jahren Haft auf Bewährung wurde sie jetzt deswegen vor dem Amtsgericht Kerpen verurteilt.
Das Risiko, auf dem Schaden sitzenzubleiben, kann dabei auf den Apotheker zurückschlagen – in den Fällen, in denen zwar die Kasse eine Fälschung bemerkt, nicht aber die Apotheke. Versicherungen zahlen in solchen Fällen höchstens aus Kulanz, da das Risiko gefälschter Rezepte ähnlich wie bei gefälschten Geldscheinen in der Regel nicht versicherbar ist. „Wer geschädigt wird, hängt im Einzelnen von der jeweiligen Fallkonstruktion ab“, erklärt der ABDA-Sprecher dazu. Nach Experten-Meinung gehört die Prüfung der Rezepte auf ihre Echtheit aber zur kaufmännischen Sorgfaltspflicht der Apotheker. „Eine intensive Prüfung jedes Rezepts in der Apotheke dient der Vorbeugung von Missbrauch“, sagt der ABDA-Sprecher.
Vierstelliges Geburtsjahr und ungeordnete Adresse können Warnzeichen sein
Die ABDA gibt dazu Hinweise, wie Fälschungen erkannt werden könnten. So seien in den nicht echten Rezepten häufig die Druckzeilen nicht einheitlich linksbündig. In der Kodierzeile rechts unten auf den Rezepten stimme die Vertragsarztnummer dann auch häufig nicht mit der Nummer im Arztfeld überein. Stutzig werden sollten Apotheken-Teams auch bei auffällig ungeordneten Adressangaben, wenn etwa die Postleitzahl nicht vor der Ortsangabe stehe. Ebenfalls auffällig sei es, wenn das Geburtsjahr des Versicherten vierstellig angegeben sei, obwohl die Praxissoftware der Ärzte nur eine zweistellige Angabe zulasse, heißt es von der ABDA. Besonders bei Medikamenten aus dem Betäubungsmittelbereich oder all solchen, die missbräuchlich verwendet werden können, sei besondere Aufmerksamkeit erforderlich, so der Verband.
Allerdings gibt es auch Fälle, in denen die Apotheken-Mitarbeiter es besonders schwer haben, echt von falsch zu unterscheiden. Anfang April warnte etwa die Polizei im oberfränkischen Selbitz die umliegenden Apotheken, weil nach einem Einbruch in eine Arztpraxis Rezepte gestohlen wurden. Und im März entdeckten Ermittler im bayerischen Germering bei Fürstenfeldbruck einen ganzen Rucksack voller Rezepte für Diazepam und Zolpidem, die von einer Ärztin ausgestellt waren, die bereits vor sieben Jahren ihre Praxis in Germering aufgegeben hatte. Bei der Hausdurchsuchung fanden die Polizisten dann noch extra dickes Papier für Rezepte sowie ein speziell präpariertes Schneidebrett.
Täter schlagen oft zu, wenn die Praxen geschlossen haben
Neben besonderer Vorsicht bei solchen Schmerz- und Beruhigungsmitteln wie im Fall in Germering raten Experten, unter anderem die der ABDA, auch zu besonderer Aufmerksamkeit etwa kurz vor Feierabend. Wenn abends die Arztpraxen geschlossen sind, oder Mittwochnachmittags, gibt es keine Chance für Nachfragen – eine Situation, die Betrüger gerne ausnutzen. Auch Unerfahrenheit neuer Mitarbeiter und Berufsanfänger stehen im Fokus der Kriminellen, sagen die Experten. Im Zweifel sollten Apotheken-Mitarbeiter auf ihren Bauch hören und lieber einmal zu viel als zu wenig die Polizei informieren.
Auch das eRezept könnte ein Weg zu mehr Sicherheit sein, sagt die ABDA. „Das elektronische Rezept mit der elektronischen Signatur wird die Sicherheit erhöhen“, sagt der ABDA-Sprecher dazu.
2 Kommentare
Verraten und verkauft
von Karl Friedrich Müller am 21.05.2016 um 18:54 Uhr
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So einfach ist es leider nur noch selten!
von Kerstin Kemmritz am 20.05.2016 um 10:58 Uhr
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