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Kaapke analysiert Standesvertretung
„Das Sendungsbewusstsein des Ehrenamts erschwert optimiertes Arbeiten“
Kritik an der Arbeit der ABDA gibt es immer wieder. Auch über die Aufteilung der Interessenvertretung der Apotheker in 17 Kammern und Verbänden im Land wird gern debattiert. Professor Andreas Kaapke hat sich für die DAZ das Konstrukt genauer angesehen. Entstanden ist eine schonungslose Analyse.
Professor Andreas Kaapke will den Umbruch: „Kammern und Verbände zwischen dem Mut zur Erneuerung und der Kraft etablierter Strukturen“ heißt sein Dossier, das in der aktuellen DAZ erscheint, und in dem er die gewachsenen Strukturen in der Berufsvertretung analysiert. Er benennt Missstände und Probleme – gibt aber auch Lösungsvorschläge. DAZ.online stellt Ihnen einen Auszug vor:
Kern-Fragen
- Kammern und Verbände haben völlig unterschiedliche Aufgaben – zumindest gemäß der jeweiligen Definition Ihrer Institutionen. Von daher müssen und können sich beide Institutionen bestenfalls ergänzen und sollten vor allem in inhaltlicher Hinsicht nicht in Konkurrenz zueinander stehen. Wer aber hat den ersten Vertretungsanspruch für die in einem Land ansässigen Apotheker und vertritt diese gegenüber der Politik und den Kassen – nicht nur in den eindeutig zugewiesenen Aufgabenfeldern sondern auch bei Schnittmengenthemen?
- Welche Aufgaben werden vom Deutschen Apothekerverband (DAV) als Bundesverband und welche von der Bundesapothekerkammer wahrgenommen? Welche von der gemeinsamen Dachorganisation ABDA? Ist diese Aufgabenteilung tatsächlich allgemeiner Konsens?
- Die Aufteilung in die Dachorganisation ABDA, die Bundesorganisationen DAV und BAK sowie die jeweiligen Landesorganisationen ist für Dritte nur schwer nachzuvollziehen und selbst für Apotheker nur bedingt zu durchschauen. Wer steht für was?
Kaapke stellt fest:
- Es bedarf einer klaren Festlegung der spezifischen Aufgaben der Kammern und Verbände sowohl zwischen Bundes- und Landesebene als auch zwischen den beiden Institutionen untereinander. Zudem muss sichergestellt werden, dass alle „Player“ dasselbe Rollenverständnis haben und dasselbe meinen, wenn sie über dasselbe sprechen.
- Wenn Kammern für die Einhaltung pharmazeutischer Standards zuständig sind, muss deren Exekutierung auch flächendeckend auf einem einheitlichen Standard erfolgen, um glaubwürdig zu sein und auch Ansprüche gegenüber Dritten zu rechtfertigen und um Ansprüchen von Dritten an die Apotheker gerecht zu werden. Tatsächlich gibt es genau hier Probleme.
Die Probleme in der aktuellen Situation:
- Die Atomisierung: Für jede politische Frage gibt es aus Sicht der Politik oder der Krankenkassen mehrere Ansprechpartner. Der Politik wird es damit leicht gemacht, die Verhandlungspartner gegeneinander auszuspielen, da sie sich in der Regel auf die Stimme wenigstens eines Beteiligten berufen kann, der tendenziell die Position der Politik stärkt oder die Sicht eines anderen Standesvertreters relativiert.
- Die Heterogenität der Kammern und Verbände, die Fülle an generellen und spezifischen Themen sowie die unterschiedliche Auffassung der Mitglieder hinsichtlich der eigentlichen Aufgaben einer Kammer- und/oder Verbandsgeschäftsstelle führen nahezu zwangsläufig zu unbesetzten oder nicht hinreichend prominent besetzten Themenfeldern.
- Wo Aufgaben liegen bleiben, passiert oft in gleichem Maße das Gegenteil. Wenn 37 und mehr Institutionen sich um Aufgaben kümmern, bleibt es nicht aus, dass vieles parallel bearbeitet wird.
- Viele Ehrenamtsträger sind schon jetzt extrem ausgelastet. Der ökonomische Druck in den Apotheken führt zudem dazu, dass Verbandsmitgliedschaften bzw. Kammer- und Verbandsmandate nicht nur in budgetärer Hinsicht auf dem Prüfstand stehen. Ferner erscheint es zunehmend fraglich, inwieweit das zeitliche Engagement von Inhabern ggf. auch von Mitarbeitern einer Apotheke in einer Kammer- und/oder Verbandsorganisation noch gerechtfertigt ist.
- Die Tatsache, dass die Kammern und Verbände trotz knapper Besetzung sämtliche Themenfelder zu besetzen versuchen, kann dazu führen, dass nicht auf allen Gebieten eine tiefgreifende Kompetenz vorhanden ist, sondern eher ein „Halbwissen“. Auch in der Gegenüberstellung zu vergleichbaren Institutionen erscheint die Besetzung in den Kammern und Verbänden der Apotheker eher dünn.
Ein Lösungsvorschlag: Das Ehrenamt entmachten, das Hauptamt stärken!
In keinem klassischen Verband sei das Verhältnis von Haupt- zu Ehrenamt so stark ehrenamtslastig wie bei den Apothekern, schreibt Kaapke. Als Begründung werde oft angeführt, dass man für bestimmte Aufgaben vom Fach sein müsse. Kaapke räumt ein, dass das ist in vielen Fällen sicher richtig sei – das müsse dann aber auch für juristische und betriebswirtschaftliche Belange, für Kommunikationsfähigkeiten, Verhandlungsgeschick und Rhetorik gelten. Genau das aber hätten die Apotheker meist nicht gelernt.
In der Konsequenz werden Kammern und Verbände praktisch von zwei Personen geleitet und geführt: von einem hauptamtlichen Geschäftsführer und von einem ehrenamtlichen Vorstand bzw. Präsidenten. Problematisch sei daran, dass durch diese Doppelspitze der hauptamtliche Geschäftsführer schwächer gemacht wird, als er sein müsste. Kaapke fragt, warum man sich einen Geschäftsführer leistet, wenn der nicht im bestverstandenen Sinne die Geschäfte führt, in betriebswirtschaftlicher, disziplinarischer und inhaltlicher Hinsicht?
Ein erstes Fazit
Eine Umstrukturierung der Kammer- und Verbandsstrukturen würde und müsste die gegenwärtige Struktur tiefgreifend verändern, in einigen Bereichen würden die Strukturen sogar erschüttert. So stünden Ehren- und Hauptamt auf dem Prüfstand, die Standorte der Kammern und Verbände müssten überprüft werden, Rang und Amt würden hinterfragt werden, jahrzehntelange Seilschaften gekappt. Angesichts dessen fühlt sich Kaapke in der derzeitigen Situation an Überlebensstrategien erinnert.
Lesen Sie hier die ganze Analyse „Quovadis, Standesvertretung. Kammern und Verbände zwischen dem Mut zur Erneuerung und der Kraft etablierter Strukturen".
1 Kommentar
Ja
von Peter am 27.05.2016 um 8:50 Uhr
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