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Pro Generika zu Lieferengpässen
Rabattverträge haben Katalysator-Effekt
Lieferengpässe betreffen häufig Rabattvertragsarzneimittel – schließlich ist der Generikamarkt nahezu komplett vertraglich geregelt. Die Generikahersteller wollen sich allerdings nicht den Vorwurf machen lassen, dass sie etwas falsch machen. Sie verweisen auf den Kostendruck, unter dem sie stehen, und die zunehmende Marktkonzentration.
Generika bringen Effizienz in die Versorgung, betont Pro Generika-Geschäftsführer Bork Bretthauer. Doch man müsse sich bewusst sein, dass die Effizienzreserven nicht unendlich sind. Darauf macht der Verband derzeit auch mit seiner „7 Cent“-Informationskampagne aufmerksam. So viele Cent verdient ein Hersteller nach Abzug aller Rabatte durchschnittlich noch an einer Tagesdosis für ein Generikum. Damit sei ein Punkt erreicht, an dem man leider auch über Engpässe reden müsse, so Bretthauer. Seit dem Jahr 2012 sind diese ein Thema. Zunächst schien es vor allem ein Problem von Krankenhäusern zu sein. Doch schnell breitete sich das Problem auch in die öffentlichen Apotheken aus.
Vertragsstrafen und Schadensersatzforderungen als Einkommensmodell der Kassen?
Auch wenn Lieferengpässe bei Generika in der Regel nicht zu Versorgungsengpässen führen – für Apotheken sind sie mit Aufwand verbunden. Und die Hersteller bringen sie ebenfalls in eine missliche Lage. Sie stehen natürlich in der Verantwortung und sie haben auch einen Ruf zu verlieren, sagt Wolfgang Späth, Vorsitzender von Pro Generika. Zudem sehen Rabattverträge Vertragsstrafen vor, wenn es Lieferprobleme gibt. Schadensersatzforderungen kommen noch dazu – das wird für die Unternehmen schwer kalkulierbar. Späth schließt nicht aus, dass sich dies bei manchen Kassen schon als „Einkommensmodell“ entwickelt habe.
Der Verband weist darauf hin, dass es viele Gründe für Engpässe gibt. So sind bereits auf Ebene der Wirkstoffhersteller Marktkonzentrationen zu beobachten. Aber auch bei den Generikaherstellern selbst kommt es zunehmend zur Oligopol-Bildung. Einige Arzneimittel werden nur noch von wenigen Unternehmen angeboten, etwa weil ihre Herstellung sehr komplex ist. Bei vielen Herstellern musste zudem eine Portfoliobereinigung stattfinden, sagt Späth. Sie bieten nicht mehr die volle Bandbreite von Wirkstoffen an. Hinzu kommen Probleme bei der Produktion, mal fällt eine Anlage aus, mal sind die Kapazitäten schlicht erschöpft. Zudem gibt es behördliche Auflagen, die die Herstellung sicherer machen sollen, sie aber eben auch erschweren. Ein „Ammenmärchen“ ist es laut Späth allerdings, dass Hersteller in Deutschland deshalb lieferunfähig werden, weil sie ihre Produkte in Länder liefern, in denen mehr dafür bezahlt wird. Denn wenn sie hierzulande Rabattverträge abgeschlossen haben, würden diese auch erfüllt. Können die Hersteller das nicht, haben sie die bereits erwähnten Probleme. Es könne allerdings sein, so Späth, dass ein Hersteller mit begrenzten Produktionskapazitäten eher darauf verzichtet, einen zweijährigen Rabattvertrag in Deutschland einzugehen – und stattdessen für andere Länder produziert.
Rabattverträge akzeptiert – aber minimalinvasive Schritte nötig
Ein entscheidender Grund für die Engpässe, der mit einigen der oben genannten eng zusammenhängt, ist letztlich der Kostendruck. Je höher dieser ist, desto höher sei auch das Risiko für Engpässe, sagt Späth. Und hier kommen die Rabattverträge ins Spiel. Allerdings kann man diesen – zumal im globalen Arzneimittelmarkt – nicht die alleinige Schuld geben. Das weiß auch Pro Generika. Die Hersteller haben sich mittlerweile damit abgefunden, dass dieses Sparinstrument aus unserer Versorgungslandschaft nicht mehr hinwegzudenken ist – für Kostenträger und Politik hat es sich klar bewährt. Daher ist Pro Generika auch in den Pharmadialog nicht mit der Forderung gegangen, Rabattverträge müssten abgeschafft werden. Doch die Verträge sind – etwa neben Festbeträgen und den Regelungen zur Zuzahlungsfreistellung – Teil eines Systems, das erheblichen Kostendruck auf die Hersteller ausübt. Und zwar ein nicht ganz unbedeutender. Und: Gibt es ein Problem mit der Lieferfähigkeit, hat der Rabattvertrag nochmals einen erheblichen „Katalysator-Effekt“, sagt Bretthauer. „Das ist es auch, was die Apotheken zu spüren bekommen“.
„Es gibt offensichtlich einen Zielkonflikt: Auf der einen Seite will man Versorgungssicherheit, auf der anderen will man alles zum günstigsten Preis.“
Wenn man an dem System grundsätzlich festhalten will, seien zumindest „minimalinvasive“ Schritte nötig, um Engpässen besser vorzubeugen, so Bretthauer. Dazu verweist er auf die Ergebnisse des Pharmadialogs, die allerdings unterschiedlich verbindlich formuliert sind. Aus Pro Generika-Sicht besonders bedeutsam sind drei Punkte:
- Recht konkret als Maßnahme vereinbart ist: „Rabattverträge sollen so ausgestaltet werden, dass den pharmazeutischen Unternehmen eine hinreichend lange Frist zur Umsetzung bleibt. Diese soll möglichst 6 Monate betragen“. Die Unternehmen sollen also sicherstellen können, pünktlich zu Vertragsbeginn genügend Arzneimitteln zur Verfügung und den Großhandel ausreichend beliefert zu haben. Bislang ist eine solche Zeitspanne der Praxis fremd, wie eine Auswertung von Pro Generika zeigt. Meist müssen sich die Hersteller innerhalb von zwei bis drei Monaten auf ihren großen Auftrag einstellen.
- Im Abschlussbericht des Pharmadialogs „verabredet“ ist ferner, dass es künftig eine Liste versorgungsrelevanter, engpassgefährdeter Arzneimittel geben soll. Sie wird derzeit vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erarbeitet und soll dabei helfen, gezielt die Versorgung mit diesen Arzneimitteln sicherzustellen. Wie konkret, lässt der Bericht offen. Die Vorstellung von Pro Generika ist: Sofern es sich bei diesen relevanten und engpassgefährdeten Arzneimitteln um Generika handelt, sollte für sie ein Rabattvertrags-Verbot gelten. Schließlich sind Generika bereits auf vielfältige Weise reguliert, da bedürfe es nicht auch noch der Rabattverträge. „Das Versorgungsinteresse der Allgemeinheit übersteigt hier das Spar-Interesse der einzelnen Kasse“, so Bretthauer.
- Nicht
zuletzt setzt Pro Generika auf die ebenfalls weich formulierte Passage: „Die Dialog-Partner wollen sich in Gesprächen
mit den Krankenkassen dafür einsetzen, dass die Instrumente [die ihnen
erlauben, flexibel auf Marktgegebenheiten zu reagieren] verstärkt eingesetzt
werden mit dem Ziel, die Liefersicherheit im Rahmen der Rabattverträge
beispielsweise durch Mehrfachvergaben
zu stärken.“ Zwar hat auch die Mehrfachvergabe Nachteile für die Hersteller –
es bleibt immer Unsicherheit, ob alle Bezuschlagten gleichmäßig abgefordert
werden oder ein Unternehmen mit größerem Namen sich durchsetzt. Dennoch hält
Pro Generika die Mehrfachvergabe noch immer für besser, will man dafür sorgen,
dass Anbietervielfalt erhalten bleibt.
Mit Krankenhausapothekern im Gespräch
Was Engpässe in Krankenhäusern betrifft, hat Pro Generika übrigens ebenfalls Pläne. Man will mit Klinikapothekern eine Art „best practice“ zum Arzneimitteleinkauf vereinbaren. Hier werde derzeit oft extrem kurzfristig eingekauft – und zugleich um jeden Cent Ersparnis gefeilscht, so Bretthauer. Das sei einer Vermeidung von Engpässen nicht zuträglich. Deshalb müsse man versuchen ein gemeinsames Verständnis zu finden.
Letztlich setzt Pro Generika vor allem auf Maßnahmen, die dafür sorgen, dass einer weiteren Marktkonzentration und damit auch der Gefahr von Engpässen vorgebeugt wird. Sie sind aus Verbandssicht dem bloßen Management von Engpässen und weiteren gesetzlichen Regulierungen – etwa zu einer erweiterten Lagerhaltung – vorzuziehen.
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