BMG vertröstet Versandapotheken

Das eRezept war langsamer als Papierrezepte

Berlin - 01.06.2016, 14:30 Uhr

Frühestens 2019: Norbert Paland vom BMG erklärt den Versandapotheken , dass das e-Rezept keine Priorität habe und erst andere Projekte umgesetzt werden müssten. (Foto:dpa)

Frühestens 2019: Norbert Paland vom BMG erklärt den Versandapotheken , dass das e-Rezept keine Priorität habe und erst andere Projekte umgesetzt werden müssten. (Foto:dpa)


Das Bundesgesundheitsministerium hat die Hoffnungen der Versandapotheken auf eine schnelle Einführung des eRezeptes gedämpft. Das Ministerium hatte das eRezept getestet und dabei festgestellt, dass der Verarbeitungsprozess länger dauert als bei Papierrezepten. In der Gesetzgebung wurde daher unter anderem der Medikationsplan vorgezogen.

Die Versandapotheken hatten große Hoffnungen in das E-Health-Gesetz, das der Bundestag Ende 2015 verabschiedet hat. Ihre Kernforderung war die Einführung elektronischer Verordnungen, die direkt aus der Arztpraxis an den Patienten geschickt werden könnten. Doch dieser Wunsch erfüllte sich nicht: In dem Gesetz kommt das -Rezept nicht vor. Enthalten sind vielmehr andere neue Anwendungen für die elektronische Gesundheitskarte (eGK) wie etwa die Einführung eines Medikationsplans, der zunächst in Papierform und ab 2018 auch elektronisch erhältlich sein soll.

Beim Kongress des Bundesverbandes der Deutschen Versandapotheken (BVDVA) erklärte Norbert Paland, im BMG zuständig für Grundsatzfragen der Gesundheitspolitik und Telematikanwendungen, warum sein Haus das eRezept hintangestellt hat. Paland erklärte, dass das elektronische Rezept in den Anfangsplanungen der eGK die zentrale Anwendung gewesen sei. „Das Rezept wanderte dann in mehrere Testvorhaben, die allesamt ein überraschendes Ergebnis hatten: Das eRezept war in den Verarbeitungsprozessen langsamer als das Papierrezept.“ Insbesondere für die Signatur der Rezepte habe es keine gute Lösung gegeben.

Der Leidensweg des eRezeptes

Zwischen 2009 und 2010 habe man in der Diskussion dann festgelegt, dass zunächst einmal andere Anwendungen den Vorrang haben sollen. „Als erste große, zentrale Anwendung haben wir damals die Stammdaten festgelegt“, sagte Paland. Als nächste zentrale Anwendung der eGK sollte dann der elektronische Medikationsplan folgen. Und erst wenn dieser implementiert sei, könne man über das eRezept nachdenken. Paland erklärte: „Erst wenn die Apotheken durch den elektronischen Medikationsplan voll in die Digitalisierung eingeschlossen sind, haben wir alle Werkzeuge, die wir für das eRezept brauchen.“

Der Ministerialdirektor wies die Versandapotheker darauf hin, dass solche Großprojekte „nicht trivial“ seien und große Vorlaufzeiten benötigten. „Da geht es um ein paar hundert Millionen Euro“, sagte Paland. Er rief daher zu Geduld auf. „Man muss auch mal akzeptieren, dass Projektabläufe so getroffen wurden.“

Selbstverwaltung nicht überlasten

Ein weiterer Grund, warum das eRezept auch jetzt nicht weiter vorangetrieben werde, sind die Nachbeben des E-Health-Gesetzes. „Wir haben der Selbstverwaltung insgesamt 30 Umsetzungsfristen gesetzt. Wenn wir jetzt gleichzeitig neue Vorschläge einbringen würden, könnte das auch zu einer Überlastung führen. Manchmal ist zu viel Tempo auch unvernünftig“, erklärte Paland. Schon jetzt hinke die Selbstverwaltung an vielen Stellen hinterher. Einzelne Anwendungen, wie beispielsweise eine neue Video-Sprechstunde, sollten bald umgesetzt werden. „Sonst drohen empfindliche Sanktionen.“

Das eRezept sei daher erst „einer der nächsten Schritte“ auf dem Weg der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Wenn die Workflows in der Apotheke mit dem elektronischen Medikationsplan ins Laufen gebracht seien, werde man über die nächsten Gesetze nachdenken. Ein konkretes Datum für das eRezept nannte Paland nicht. Das BMG hat allerdings angekündigt, dass der e-Medikationsplan im Laufe des Jahres 2018 kommen soll. Hält das Ministerium die von Paland angekündigte Reihenfolge ein, dürften sich die Versandapotheken wohl frühestens 2019 über elektronische Verordnungen aus der Arztpraxis freuen.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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