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Einzigartige Sammlung
Ein Schatz der Pharmazie-Geschichte
Der Düsseldorfer Apotheker Helmut Vester war ein „besessener Sammler“. So ziemlich alles, was mit Pharmazie und dem Apothekenwesen zu tun hat, hortete er. Heute ist die Sammlung in drei Teile gesplittet. Die meisten zum Teil sehr alten Bücher befinden sich in der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf, die sie aufwändig digitalisieren und für jedermann in Netz stellen ließ.
„Helmut Vester war ein Besessener. Das kann man sagen“, sagt Frank Leimkugel, Apotheker in Mülheim an der Ruhr und Professor für Geschichte der Pharmazie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Der Pharmazie-Historiker ist Experte für den Düsseldorfer Apotheker Helmut Vester, der von 1932 bis zu seinem Tod im Jahr 2002 eine Sammlung schuf, die in ihrer Vielfalt wohl ihresgleichen sucht. „Vester wollte bleibende Werte für den Apothekerstand schaffen, wollte alles zusammentragen, was vor allem in der Literatur verstreut über Vergangenheit und Gegenwart seines Berufes in Wort und Bild existiert“, erklärt Leimkugel. So habe er nicht nur alles Geschriebene und Gedruckte, was seit dem Medizinaledkit des Hohenstaufer-Kaisers um 1340 die Entwicklung der Pharmazie prägte, gesammelt, sondern auch Gerätschaften, Medaillen, Münzen und vieles mehr, was mit Pharmazie, Apothekenwesen und Medizin, Chemie und Biologie zusammenhing, sagt der Hochschullehrer.
Die Sammlung ist heute in drei wesentliche Teile gesplittet
Auch wenn die Sammlung des Apothekers Vester, der bis 1981 die heute nicht mehr existierende Löwen-Apotheke in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf besaß, heute in drei wesentliche Teile gesplittet ist, ist sie immer noch ein einzigartiger Schatz. „Die immense Vielfalt der Sammlung ist etwas Besonderes“, sagt Anne Liewert, die als Leiterin der Abteilung für Historische Sammlungen an der Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) Düsseldorf die „Pharmaziehistorische Bibliothek Dr. Helmut Vester“ sehr gut kennt.
Dieses umfangreichste Drittel der zusammengetragenen Schätze des geradezu sammelwütigen Apothekers ist seit 1961 im Besitz der ULB und stellt dort heute eine der bedeutendsten Sammlungen dar, erklärt Liewert. Über 2700 Monographien, also in Buchform gefasste Abhandlungen über ein Thema, umfasst die Sammlung. Darunter sind über 100 Kräuter- und Pflanzenbücher aus der Zeit des 16. und 17. Jahrhunderts. „Da wäre etwa das „Alexikepus, seu auxilliaris et medicus hortus“ des aus dem 16. Jahrhundert zu nennen, sagt Leimkugel. Übersetzt bedeutet das in etwa „Der Garten der Helfer und Ärzte“. Außerdem finden sich im Düsseldorfer Teil der Sammlung noch Herbaren (Sammlungen getrockneter Pflanzen), Antidotarien (Auflistung von Gegenmitteln etwa gegen Gifte), Dispensatorien und Pharmakopöen (Arzneibücher) aus dem 18. Und 19. Jahrhundert. „Da gibt es etwa noch das Buch „Der angehende Apotheker“ aus dem Jahr 1894“, sagt Leimkugel.
Im Internet kann man viele Bücher der Sammlung digital betrachten
„Besonders die kunstvolle gemalte Darstellung der Pflanzen in den Büchern ist sehr schön anzusehen“, sagt Liewert. Und dazu muss man noch nicht einmal in die ULB um sich die wertvollen Bücher in einem eigenen Lesesaal anzuschauen. „Das geht natürlich auch“, sagt Liewert. Aber da die Bibliothek in einem aufwändigen zwei Jahre dauernden Verfahren die gesamte Sammlung mit Unterstützung der Deutschen Forschungs-Gesellschaft hat digitalisieren lassen, kann heute jeder von Zuhause aus am Computer die historischen Bücher Seite für Seite betrachten.
„Wir hoffen damit auch, dass diese Sammlung nun noch intensiver für die Forschung genutzt werden“, sagt Liewert. Die zeitliche und thematische Komplexität der Sammlung erlaube es vor allem auch, vergleichende Studien zu erstellen, sagt die promovierte Expertin für Buch- und Handschriftenkunde. Durch die Digitalisierung, die erst 2014 abgeschlossen wurde, stünden die Bücher nun nicht nur jederzeit für jeden online zur Verfügung. Es sei auch ein Weg, die besonders wertvollen Exemplare zu schonen. Selbstverständlich stünden aber für entsprechende Forschung auch diese Bücher zur Ansicht zur Verfügung.
Fragebögen zeigen ein Bild er Apothekerschaft im 20. Jahrhundert
Ein Schatz der deutschsprachigen Apothekengeschichte aus der Sammlung Vester ist allerdings zu Leimkugels Bedauern nicht digitalisiert. Der sogenannte Zettelkasten des Apothekers Helmut Vester besteht aus über 6000 ausgefüllten Fragebögen, die Apotheker seit 1925 im gesamten ehemaligen Deutschen Reich ausgefüllt hatten. Einen Großteil davon hatte Vester selber an die Apotheker verschickt und große Resonanz erhalten. Ein älterer Teil der Bögen stammt von einem Sammler, dessen Nachlass Vester in seine Sammlung integrierte. „Diese Fragebögen liefern ein Abbild der Pharmazie und der Apothekerschaft im 20. Jahrhundert.“, erklärt Leimkugel.
Daneben habe Vester über viele Apotheker auch alle möglichen biographischen Fakten gesammelt. „Er hat auch Artikel und Anzeigen unter anderem aus der Deutschen Apotheker-Zeitung aufbewahrt und sortiert“, sagt Leimkugel. Dieser Teil der Sammlung sowie etliches weiteres Material befinden sich heute in der Universität Basel in der Schweiz. Darunter sind vor allem zahlreiche Dokumente über die Geschichte des Apothekerwesens, darunter auch Kupferstiche und etwa eine Urkunde über eine Magdeburger Apotheke mit der Unterschrift des damaligen Bürgermeisters, dem als Forscher bekannt gewordenen Otto von Guericke , der von 1602 bis 1686 lebte.
Apotheken-Gerätschaften und mehr sind in Bochum ausgestellt
Ein weiterer Teil der Sammlung, Vesters „Pharmakognostisches Kabinett“, kann heute im Malakowturm, der zur Ruhr-Universität Bochum gehört, betrachtet werden. Als Dauerleihgabe bereichern die zahlreichen Apotheken-Gerätschaften die dortige Medizinhistorische Sammlung der Ruhr-Uni. In Bochum ist auch der dritte Teil der Literatursammlung zu finden. „Vesters Archiv“ umfasst eine Sammlung von Fachliteratur und Dokumentationen zur Geschichte der Wissenschaften. Darunter finden sich auch Dissertationen und eine Sammlung von Büchern, Flugblättern und vielem mehr auf über 3500 Mikrofilmen.
Dass die Sammlung heute aufgeteilt sei, sei natürlich bedauerlich, sagt Liewert. Allerdings sei die Digitalisierung der Bücher auch ein Schritt, sie zumindest virtuell wieder zusammen zu führen.
1 Kommentar
Medizinaledikt
von Tobias Niedenthal am 06.06.2016 um 18:54 Uhr
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