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Lieferengpass bei Kreon 40.000
Wenn fehlende Zuchtsauen zu Defekten führen
Bei Pankreas-Erkrankungen oder zystischer Fibrose helfen Extrakte aus Bauchspeicheldrüsen, Pankreatin genannt. Doch bei der stärksten Dosierung gibt es schon länger einen Lieferengpass. Was ist der Hintergrund? Wir haben nachgefragt.
Patienten mit anhaltenden Verdauungsbeschwerden oder einer Unterfunktion
der Bauchspeicheldrüse können die mangelnden Enzyme als Extrakt zu sich nehmen.
Doch in der höchsten Dosis, die aktuell nur der Hersteller Abbott als „Kreon
40.000“ verkauft, gibt es schon seit längerem Lieferschwierigkeiten. Auch viele
DAZ.online-Leser haben den Defekt in den letzten Wochen gemeldet. Was ist der
Grund für die Probleme?
„Die Ursache für den Engpass ist, dass es sich um ein biologisches Arzneimittel handelt und die Enzymaktivität des verfügbaren Ausgangsmaterials Pankreatins, das für die Herstellung von Kreon 40.000 verwendet wird, niedriger ist als erwartet“, antwortet Abbott auf Nachfrage. Hergestellt wird Kreon – wie auch andere Pankreatin-Präparate – aus Bauchspeicheldrüsen von Schweinen. Doch diese seien derzeit nicht im ausreichenden Maßstab verfügbar, schreibt Abbot. Zumindest nicht für die hohe Dosierung: „Für die Produktion von Kreon 40000 werden besonders hohe Konzentrationen von aktiven Enzymen im Ausgangsmaterial benötigt.“
Spezielle Tiere werden benötigt
Ursache seien weder Probleme mit der Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Enzympulvers, noch Probleme mit dem jeweiligen Produktionsprozess, stellt der Hersteller klar.
Hohe Mengen des Wirkstoffs können insbesondere aus Zuchtsauen gewonnen werden, während für niedrigere Dosierungen auch Pankreasdrüsen von Schweinen geeignet sind, die als Masttiere gehalten werden und vergleichsweise jung geschlachtet werden. Aufgrund der großen Zahl an Mastschweinen ergeben sich anscheinend auch keine Lieferengpässe bei Pankreas-Präparaten, die weniger Lipase-Einheiten als Kreon 40.000 enthalten. Doch die Anzahl der Zuchtsauen ist für die Nachfrage an hochdosiertem Pankreatin offenbar zu niedrig – und allein für die Herstellung von Arzneimitteln rechnet es sich im modernen Agrarbetrieb nicht, unnötig viele Zuchtsauen aufzuziehen.
„Abbott arbeitet intensiv daran, so schnell wie möglich eine Lösung für die Situation zu finden, unter anderem durch Suche nach weiteren Bezugsquellen“, schreibt der Hersteller auf Nachfrage. Kreon gehöre jedoch zur Klasse der stark regulierten biologischen Arzneimittel. Daher dauere es, bis neue Lieferanten, die die Qualitätsstandards erfüllen, für die Produktion von Pankreatin qualifiziert und angemeldet seien.
Behörden, Dienstleister und Ärzte seien informiert
Auch der Lieferant Mylan versichert, dass er gewissenhaft und eng mit dem Abbott zusammenarbeite, um den Engpass so schnell wie möglich zu beheben und die Auswirkungen für Patienten so gering wie möglich zu halten. „Mylan hat die Situation den zuständigen Behörden und Gesundheitsdienstleistern gemeldet und die Ärzte darüber informiert, wie sie ihre Patienten auch weiterhin optimal versorgen können“, schreibt die Firma auf Nachfrage. Sie bedauere die aktuelle Situation. Für Patienten stünde unter der Rufnummer 0511/6750-2400 ein Kundenservice bereit.
Diese können zwar auch mehrere niedriger dosierte Kapseln des Wirkstoffs zu sich nehmen. Doch sind hierzu oft Abstimmungen mit dem jeweiligen Arzt und Apotheker notwendig, um die Optionen abzuklären.
Wie bei anderen Arzneimitteln wird wohl auch bei Pankreatin der in einem Land erzielbare Preis mit darüber entscheiden, wohin die verfügbaren Mengen des Wirkstoffs fließen. „Der Lieferengpass für Kreon 40.000 betrifft einige Märkte/Länder“, schreibt Abbot, ohne anzugeben, wo genau das Arzneimittel verfügbar ist.
Lieferengpässe auf unattraktiven Märkten?
So werden wohl auch Festbeträge und Rabattverträge einen Einfluss haben, welche Märkte für Produkte unattraktiv sind, sagt der Apotheker Jan Lüdemann, Leiter des Geschäftsbereich Arzneimittel bei Nordmark Arzneimittel. Das schleswig-holsteinische Pharmaunternehmen ist ein deutscher Hersteller der niedriger dosierten Pankreatin-Präparate. „Je unattraktiver ein Markt wird, desto eher ist er für Lieferengpässe gefährdet“, sagt Lüdemann.
Laut Abbot ist es derzeit nicht möglich vorherzusagen, wann die reguläre Liefersituation für Kreon 40.000 wiederhergestellt sein wird. „Wir arbeiten eng mit unseren Partnern zusammen, um in allen Märkten ausreichende Mengen der zugelassenen Stärken von Kreon zu liefern, so dass der therapeutische Bedarf der Patienten gedeckt wird“, schreibt die Firma.
Langfristig besteht auch die Möglichkeit, durch die Herstellung der Enzyme aus Zellkulturen die Produktion des Arzneimittels von den derzeitigen Quellen unabhängig zu machen. Auch Nordmark arbeite hieran und teste in klinischen Studien eine bakterielle Lipase, sagt Lüdemann. Doch auf eine schnelle Behebung der Lieferschwierigkeiten beim hochdosierten Pankreatin dürfen die betroffenen Patienten sich wohl dennoch nicht freuen.
3 Kommentare
kreon 40000
von elisabeth karsch am 12.04.2017 um 19:29 Uhr
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Engpass von Kreon 40 000
von Konrad Heintze am 02.06.2016 um 22:14 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Kreon vs. Pangrol & co
von John Doe am 29.06.2016 um 15:42 Uhr
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