Schmidt zu EuGH-Schlussanträgen

Preiswettbewerb gehört nicht in die Apotheke

Berlin - 02.06.2016, 13:05 Uhr

Enttäuscht, aber nicht hoffnungslos: ABDA-Präsident Friedemann Schmidt. (Foto: ABDA)

Enttäuscht, aber nicht hoffnungslos: ABDA-Präsident Friedemann Schmidt. (Foto: ABDA)


ABDA-Präsident Friedemann Schmidt bedauert, dass der Generalanwalt am EuGH der deutschen Auffassung in Sachen Rx-Boni-Verbot nicht folgen will. Das ist für ihn „nicht nachvollziehbar“. Rechtsanwalt Morton Douglas meint, die ABDA sei sich ihrer Sache möglicherweise zu sicher gewesen.

Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH), Maciej Szpunar, hat am heutigen Donnerstag seine Schlussanträge im Fall „Deutsche Parkinson Vereinigung“ vorgelegt. Darin kommt er zu dem Schluss: Die deutsche Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel beschränkt den freien Warenverkehr. Und diese Beschränkung sei nicht aus Gründen des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt. 

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt erklärte hierzu: 


„Wir bedauern, dass der Generalanwalt den ausländischen Versandapotheken ein Unterlaufen der deutschen Arzneimittelpreisvorschriften erlauben will. Dass er die Gründe des deutschen Gesetzgebers für eine grenzüberschreitende Preisbindung nicht für ausreichend erachtet, ist nicht nachzuvollziehen“.  


Schmidt weist darauf hin, dass nicht nur die Wettbewerbszentrale, sondern auch die Bundesregierung sich klar positioniert hatte. Sie sind überzeugt: Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel dient dem Erhalt einer flächendeckenden Arzneimittelversorgung durch ortsnahe Apotheken und sichert gleichzeitig eine finanzierbare Krankenversicherung. Der Wettbewerb bei rezeptpflichtigen Medikamenten soll daher nicht über den Preis, sondern über die Qualität ausgetragen werden. Denn dies nutze letztlich allen Patienten.  

Nun, so Schmidt, weiche der Generalanwalt von der gefestigten Rechtsprechung des EuGH und der deutschen Gerichte ab, wonach den EU-Mitgliedstaaten ein Gestaltungsspielraum im Gesundheitswesen zusteht. Auch das deutsche Bundesverfassungsgericht hatte erst kürzlich keinen Anlass für Bedenken gesehen. Schmidt hat die Hoffnung aber noch nicht verloren: „Letztlich entscheidet nun die zuständige Kammer des EuGH, die nicht an die Empfehlungen des Generalanwalts gebunden ist“. Das Urteil wird für den Herbst erwartet.

Douglas sieht Gesetzgeber gefordert

Der Freiburger Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas, der selbst schon zahlreiche DocMorris-Boni-Verfahren geführt hat, erklärte gegenüber DAZ.online: „Die Schlussanträge zeigen, dass es der Wettbewerbszentrale und der ABDA offensichtlich nicht gelungen ist, im Rahmen des Verfahrens den anderen Beteiligten die Bedeutung des Arzneimittelpreisrechts als zentraler Bestandteil der Versorgung mit Arzneimitteln näher zu bringen. Vielleicht war man sich hier seiner Sache zu sicher“. Aus seiner Sicht könnte sich jetzt rächen, dass man sich von Seiten der ABDA bisher geweigert habe, sich mit diesem Szenario, nämlich einer Entscheidung des EuGH gegen das deutsche Arzneimittelpreisrecht, auseinanderzusetzen.

Auch Douglas betont: Sollte der EuGH den Schlussanträgen seines Generalanwaltes folgen, wird eine „äußerst unbefriedigende Situation“ entstehen. Dann würden nämlich deutsche Apotheker diskriminiert. „Ob man nun das Preissystem in Deutschland gut findet oder nicht, mag dahinstehen, jedoch sollte stets für alle Marktteilnehmer gleiche Recht gelten“. Daher sieht Douglas nun den Gesetzgeber gefordert, kurzfristig eine Lösung vorzubereiten, um einer Vielzahl von Verfahren deutscher Apotheker, die dann für gleiches Recht streiten werden, zuvorzukommen.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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9 Kommentare

EUGH und Arzneimittelpreisverordnung.

von Franz Sedlmayr am 03.06.2016 um 16:55 Uhr

Angenommen, die Pessimisten haben Recht und die Arzneimittelpreisverodnung fällt auch im Inland ( Stichwort: Inländerdikriminierung): Wem steht dann ein etwaiger Preisvorteil zu?
Da die GKV auf dem Sachleistungsprinzip beruht, denke ich, dass die Krankenkassen die "Einsparungen" haben wollen. Hier wären Ausschreibungen und Verträge wie im Hilfsmittelbereich denkbar.

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wer unterstützt die Apotheker? ABDA und Kammern wohl nicht

von Dr. Jochen Pfeifer am 03.06.2016 um 16:21 Uhr

Wenn ich in den Online Kommentaren der einschlägigen Medien manche Kommentare durchlese, müssen wohl viele Kommentatoren Anhänger von rechten Parteien sein. Es ist doch so was von egal, aus welchem Land der Generalanwalt kommt. Ihn jetzt zu beschimpfen, weil er als Pole wagen würde, den deutschen Apothekern Ärger zu machen, ist einfach nur unverschämt. Übrigens: lesen Sie doch mal die Kommentare zu dieser Entscheidung des Generalanwalts in der Tagesschau, n-tv oder Neuen Osnabrücker Zeitung - jeweils online- um nur einige zu zitieren. Mehr als 90% der Kommentatoren sind dafür und schimpfen die Apotheker aus. Hier haben die ABDA und die Kammern versagt, kläglich versagt, dass die Apotheker so ein Bild abgeben. Und wie hiess noch mal der ABDA Pressesprecher?

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Nach 0:1 ausgeschieden!

von Ulrich Ströh am 02.06.2016 um 16:06 Uhr

Resultate ersetzen alle Argumente...

Kollege Schmidt von der ABDA ist jetzt mit seinen Juristen
gefordert ,im Herbst nach negativem Urteil zu vermeiden,dass Deutsche Apotheker
gegen Binnenländerdiskreminierung und für Rx-Rabatte
klagen werden.

Standespolitik muss sich an Resultaten messen lassen .

Die Boulevardpresse wird es dann nach dem Urteil endgültig richten!

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Mensch..

von Christiane Patzelt am 02.06.2016 um 15:19 Uhr

da brauchen wir ja gar kein TTIP mehr, um brandgerodet zu werden, das schafft ein einzelner Generalanwalt mal ebenso
im Alleingang..RRRRespekt!
Und lieber Wolfgang Müller, manchmal möchte ich dich knuddeln..Vertrauen darauf, dass die Politik das rettet...einfach goldig, aber bewundernswert optimistisch!! Daumen hoch, das klappt schon!! Oder auch nicht....

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AW: Es ist schwer, ich weiss ja .....

von Wolfgang Müller am 02.06.2016 um 17:59 Uhr

Sagen wir mal ganz vorsichtig so, Spaß beiseite und Danke für´s Stichwort:

Wir sollten uns schonnn darauf vorbereiten - jeder für sich, und alle zusammen -, dass das Ganze doch schief geht. Obwohl ich "Der Politik" WIRKLICH zutraue, das noch hinzukriegen.

Aber falls nicht: Das würde Standes-intern echten Krieg bedeuten, und das wäre ganz und gar nicht mehr goldig. Wenn z. B. eine "Perspektiv"-Mehrheit von nicht lernfähigen ........ "Interessenvertretern" (ich hätte fast gesagt "DAT-Drohnen") diesen heutigen Weckruf-Paukenschlag ignorieren würde. Und sich weiter nicht wenigstens um eine Teil-Kompensation der sich daraus ergebenden "Rx-Prämien"-Zwangs-Werbekosten von gerne mal 80.000 Euro pro Jahr z. B. für eine typische Berlin-nahe Landapotheke oder größere Berliner Kiez-Apotheke bemühen würde. Durch die Entrümpelung der Regularien für unser GESCHÄFT - denn ganz genau das ist es ja wohl, was Sie und ich bekanntermaßen gerne so weiter betreiben würden ......

Jetzt nicht den Überblick verlieren .......

von Wolfgang Müller am 02.06.2016 um 15:13 Uhr

Erstmal Alles völlig richtig, was hier so über "Die EU" geschimpft wird, EU ist für uns Apotheker gerade der Größte Anzunehmende Mist.

10.000 Apotheken sind heute unverkäuflich geworden, mindestens bis zum Zeitpunkt einer doch nicht dem EU-Generalanwalt folgenden Gerichts-Entscheidung. Ca. 2 - 3 MILLIARDEN Vermögens- und Altersvorsorge-Verlust sind im Zuge dessen bei den Selbständigen zu verbuchen.

Zig-Tausend Arbeitsplätze von Angestellten stehen ebenso auf dem Spiel. Und so viele Kolleg/innen könnten Behörden, Krankenhäuser, Industrie etc. nicht annähernd aufnehmen, wie im Zuge eines "Wer gibt die höchste Prämie pro Rx-Packung?"-Wettbewerbs aus den betreffenden Apotheken freigesetzt würden.

Aber: Exakt die von Vielen nun hier und anderswo wohlfeil gescholtene deutsche "Politik" wird das Ganze ziemlich sicher noch verhindern. Genau wie sie in vielen anderen aktuellen Belangen immer wieder erstaunliches Interesse zeigt, unsere TATSÄCHLICHEN Interessen zu wahren. Z. B. in punkto Barrierefreiheit, auskömmliche Rezeptur-Honorierung, Bürokratie- und Regulierungs-Abbau etc. Genaugenommen hat uns "Die Politik" im Zuge der E-Health-Gesetzgebung sogar erstmal vor unseren aufwändigsten und kostenträchtigsten eigenen Wünschen beschützt ......

Also: "Der Politik" sollten wir mit dem verdienten Respekt begegnen. Nur von Minister Gröhe und seiner Umgebung. kann hier ernsthaft Rettung erhofft werden. Sei es durch eine Abwendung des Ganzen, oder ein anschließendes Rx-Versand-Verbot. Ich sage mal optimistisch: Die Chancen stehen so oder so 65 : 35.

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EU entscheidungen

von Dr.DIEFENBACH am 02.06.2016 um 14:40 Uhr

Wir werden abermals eine Entscheidung schlucken,die von Leuten getroffen ist,deren Kenntnisstand über Verhältnisse vor Ort rudimentiert bis nicht vorhanden ist.Dem dümmlichen Argument der "Vebraucherfreiheit" hatten auch andere Branchen nichts entgegenzusetzen.Insofern wird noch vieles im Mittelmaß versinken,Hauptsache einige windige Typen machen den großen Gewinn.Ich stelle fest,dass DIESE EU immer mehr zu einer Farce verkommen ist.Vielleicht war es nie anders.Über nationale Alleingänge wundert sich hoffentlich bald keiner mehr

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EU

von Frank ebert am 02.06.2016 um 13:16 Uhr

Man kann der britischen Bevölkerung nur den Brexit gönnen. Wir haben als selbstständiges Land doch überhaupt nichts mehr zu melden, und das ist alles den Laienschauspielern,die sich Politiker und Gesundheitsexperten nennen geschuldet.

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AW: Wie sprach Altkanzler Kohl erst jüngst...

von Andreas P. Schenkel am 02.06.2016 um 14:15 Uhr

Ja, da hat sich so einiges verselbständigt, was auf supranationaler Ebene zu allerlei unvorhergesehenen und unerwünschten Effekten führte. Und das ist den Politikern tatsächlich vorzuwerfen, nämlich dass vieles zu komplex, unübersichtlich, unpraktikabel und kleinteilig geraten ist. Da sind in letzter Zeit wohl zu viele Politiker zum Arzt gegangen, vorbeugend, aus Angst vor Visionen.

Vor einiger Zeit wurde der Altkanzler Kohl in der Presse mit den Worten zitiert: "... die macht mir mein Europa kaputt...."
Es mag sein, dass seine Art, Politik zu machen, heute auch etwas anders wäre als damals. Aber angesichts der vorgeblichen "Alternativlosigkeit" des heutigen Seins kommt mir in letzter Zeit öfter der Spruch in den Sinn:

"Früher hatten wir den Kohl, jetzt haben wir den Salat."

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