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Arzneimittelreport 2016
Barmer GEK will mit Biosimilars sparen
Eine Weile schienen die Steigerungen bei den Arzneimittelausgaben gebremst – doch längst warnen die Krankenkassen wieder vor einer beunruhigenden Entwicklung. Vor allem teure Biologika sorgen für hohe Kosten. Die Barmer GEK setzt auf Entlastung durch Biosimilars. Sie sieht hier ein Einsparpotenzial in Millionenhöhe.
Die Barmer GEK setzt in ihrem Arzneimittelreport 2016 den Schwerpunkt auf biotechnologisch hergestellte Arzneimittel. Sie sind es im Besonderen, die derzeit die Arzneiausgaben der Kassen in die Höhe treiben. Bei der Barmer GEK machen sie bereits 21 Prozent der Arzneimittelkosten aus. Dabei sind die sogenannten Biologika keine Arzneimittel für die Masse – vielmehr kommen sie in der Regel als Zweitlinientherapie in Betracht. Doch selbst geringe Verordnungszahlen, können hier für die Kassen deutlich spürbar sein. So fallen bei der Barmer GEK 50 Prozent der Arzneimittelausgaben auf 2,9 Prozent der Versicherten mit Arzneimittelverordnungen.
Und so sieht Barmer-GEK-Chef Christoph Straub hier auch den Ansatz zum Sparen – und zwar durch den vermehrten Einsatz von Biosimilars. Denn einige der umsatzstärksten biotechnologisch hergestellten Medikamente haben kürzlich ihren Patentschutz verloren beziehungsweise werden diesen in Kürze verlieren. Damit treten neben den klassischen Generika zunehmend auch Biosimilars als Nachahmerprodukte auf den Markt.
Während die Krankenkassen schon lange erkannt haben, wie viel mit Generika
gespart werden kann, entdecken sie die Potenziale von Biosimilars erst nach und
nach. Das liegt zum einen daran, dass die Zahl der Biosimilars noch
übersichtlich ist. Zum anderen ist der Austausch mit dem Original nicht so
leicht wie bei Generika. Letztere können Apotheken unkompliziert austauschen. Damit eine Substitution bei Biosimilars zulässig ist, müssen die Präparate in der Anlage I des Rahmenvertrags gelistet sein. Bei Biosimilars liege der Schlüssel daher in der Hand des Arztes, so Straub.
Biosimilars rund 25 Prozent preiswerter
Würden mehr Biosimilars verordnet, so ist der Vorsitzende der Barmer GEK überzeugt, könnten allein in den nächsten fünf Jahren ohne großen Aufwand mehr als vier Milliarden Euro in der gesetzlichen Krankenversicherung GKV eingespart werden. Allein für die Barmer beziffert der Report das Potenzial auf eine halbe Milliarde Euro. Denn ein Biosimilar ist im Schnitt etwa 25 Prozent günstiger als das entsprechende Referenzbiologikum. Straub betonte, dass es ihm nicht darum gehe, auf die Kostenbremse zu treten – doch wenn sich Mehrausgaben so leicht vermeiden lassen, sollte man dieses Potenzial nicht verschenken, sondern in andere innovative Medikamente fließen lassen. Doch dafür müssen die Ärzte erst einmal motiviert werden, entsprechend zu verordnen.
Biosimilar-Einsatz mit großen regionalen Unterschieden
Bislang ist es nicht zuletzt eine Frage des Wohnorts, ob ein Patient ein Biosimilar erhält oder nicht. Denn die Biosimilarquoten differieren je nach Kassenärztlicher Vereinigung (KV) um fast 100 Prozent. Im Schnitt kommen die KVen insgesamt zwar auf eine Verordnungsquote von 43 Prozent. Doch die Streuung reicht von 54 Prozent in Bremen bis hin zu 27 Prozent im Saarland.
Betrachtet man die einzelnen Präparate, sind die Unterschiede zwischen den KV-Regionen noch größer. So hat Mecklenburg-Vorpommern für Somatropin eine „Null-Quote“ – Spitzenreiter ist hier Thüringen mit fast 25 Prozent. Deutlich höher sind hingegen die Umsetzungsquoten bei Biosimilars, die schon länger auf den Markt sind. So liegt die bundesweite Biosimilarquote für Filgrastim bei 74 Prozent, für Erythropoetin bei 73 Prozent.
Straub setzt nun auf die Umsetzung der Vereinbarungen des
Pharmadialogs: Die Ärzte sollen besser über Arzneimittel informiert werden. Und
einer der ersten Schritte müsse es sein, dass Kassen und KVen Zielvereinbarungen
zu Umsetzungsquoten vereinbaren.
Unterschiedliche Reaktionen aus der Pharmabranche
Die Arbeitsgemeinschaft Pro Biosimilars kann den Appell der Kasse nur unterstützen: Andreas Eberhorn, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft, betonte, zehn Jahre nach Einführung des ersten Biosimilars sei festzustellen: „Biosimilars brechen bestehende Monopole auf. Sie sind damit eine große Chance für unser Gesundheitssystem. Denn Patienten können bei gleicher Wirksamkeit und gleicher Qualität spürbar kostengünstiger versorgt werden“. Eberhorn stimmt mit der Barmer GEK überein, dass Ärzte umfassend über Biosimilars informiert werden müssten. Dabei komme den Kassenärztlichen Vereinigungen eine wichtige Rolle zu. Auch die Bundesregierung habe im Pharmadialog erkannt, dass es regional bereits sehr gute Ansätze gebe, Biosimilars schnell in die Versorgung zu bringen. „Deswegen engagieren wir uns dafür, dass wir diese ‚best practices‘ im Rahmen der bevorstehenden Gesetzgebung bundesweit ausrollen.“
Weniger verständig zeigte sich Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Pharma-Unternehmen (vfa): „Biosimilar-Quoten oder regionale Zielvereinbarungen für deren Verordnung sind überflüssig, denn Biosimilars sind längst in den ärztlichen Verordnungen etabliert und haben bereits heute hohe Verordnungsanteile. Die Notwendigkeit einer speziellen Förderung besteht daher nicht“. Sie betont, dass ein Präparatewechsel bei gut eingestellten Patienten stets sorgfältig überlegt sein müsse und allein in der Verantwortung des Arztes liege. Das gelte für jede Umstellung: von Biosimilar zu Original, von Original zu Biosimilar und von einem Biosimilar zu einem anderen Biosimilar.
Hier finden Sie den Barmer GEK Arzneimittelreport 2016 als PDF zum Herunterladen.
1 Kommentar
Aut Idem
von Dr Schweikert-Wehner am 15.06.2016 um 11:43 Uhr
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