- DAZ.online
- News
- Debatte & Meinung
- Wann kommt Plan B
Trotz schönstem Sommerwetters kommt Ann-Kathrin Kossendey-Koch an diesem Mittwoch aus dem Grübeln nicht heraus: Die Honorierung der Beratungsleistung wirft viele Fragen auf. Und: Was passiert, wenn der europäische Gerichtshof im Herbst nicht im Sinne der Apotheker vor Ort entscheidet?
Ein guter Coach hat Stundensätze von 150 bis 200 Euro. Anwälte fangen nicht unter 250 Euro ein Gespräch an. Aber bei uns Apothekern ist mit 8,35 Euro pro Arzneimittel-Packung alles bezahlt. Zu allererst bedienen sich die Krankenkassen selbst mit 1,77 Euro Rabatt - wofür war der nochmal genau? Dafür, dass wir die Rabattverträge umsetzen und den Kassen Millionen einbringen? Oder dafür, dass wir wochenlang auf unser Geld warten dürfen und monatelang rückwirkend retaxiert werden?
Von den restlichen 6,58 Euro müssen wir alle unsere Kosten bezahlen - Personal, Strom, Gas, Miete, Zinsen, Steuern und vieles mehr. Da bleibt uns Akademikern für die geleistete Beratung kaum etwas über. Wir sollten einfach mal die Art der Beratung, für die wir bezahlt werden, auch anbieten - das würde nicht wirklich über „Tüte, Umschau, raus“ hinausgehen. Qualität kostet, wird aber von uns in der Apotheke jeden Tag kostenlos erbracht.
Keiner gibt gerne freiwillig etwas aus seinem Topf ab, da
erscheint es fast schon logisch, dass das Bundesversicherungsamt als
Aufsichtsbehörde interveniert, wenn die Apotheker mit neuen Honorar-Ideen um
die Ecke kommen. Jahrelang wurde von unserer Standesvertretung das Thema
„Honorarerhöhung“ fast schon stiefmütterlich behandelt, hatte sich doch unser
Präsident Friedemann Schmidt auf die Fahne geschrieben, uns über pharmazeutische
Dienstleistungen unabhängig von der Packungsanzahl zu machen.Wie kann man die
Zukunft eines Berufsstandes auf so unsichere Beine stellen? Das ist ja schon
fahrlässig.
Quailifizierte Beratung zum Tiefpreis
Für Beratungs- und Dienstleistungen und die dafür dringend nötige Honorierung gibt es laut Bundesversicherungsamt keine gesetzliche Grundlage - ein absolutes Totschlagargument! Es wäre wohl sinnvoll gewesen, die Leistungen für unser Packungshonorar genau zu definieren, bevor man Luftschlösser wie Medikationsmanagement und Arzneimitteltherapiesicherheit implementiert. Was heißt Information und Beratung? Zu welchem Umfang sind wir gesetzlich verpflichtet? Was kann von unserer Seite für so einen Hungerlohn definitiv nicht erbracht werden? Ab welcher Höhe ist das Packungshonorar kostendeckend und ab wann erwirtschaften wir einen Gewinn?
Beratungsleistungen sind eine reine Interpretationssache - wer entscheidet über Dauer und Tiefe der Beratung? Natürlich wird keiner der Verantwortlichen freiwillig an dem jetzigen Zustand etwas ändern - eine qualifizierte Beratung eines Akademikers oder einer Fachkraft zum Discount-Preis, besser geht es doch nicht für die Krankenkassen und die Politik.
Anstatt konsequent die Honorarforderungen in den Vordergrund zu stellen, um unsere finanzielle Basis zu sichern, unterstützt unsere Standesvertretung mit der neuen Apothekenbetriebsordnung auch noch die Sortimentsbeschränkung in Apotheken. Die Drogerie- und Badeschlappen-Apotheken sind doch nur der hilflose Versuch einer Mischkalkulation.
Warum kämpfen denn die Online-Apotheken um ihre Rx-Boni? Sie wollen ihre Frequenz erhöhen, um über die Masse die Zahlen stimmig zu machen. In jedem Wirtschaftsseminar für Apotheker geht es genau um die Themen „Sinkende Packungszahlen auffangen“ und „Kundenzahlen steigern“. Kein Wunder also, dass viele Kollegen kreativ werden, um mit ihrer täglichen Arbeit Gewinn zu erwirtschaften.
Plan B? Gegenangriff?
Uns Apothekern geht es aber nicht nur um den blanken Rubel, sondern es ist auch die fehlende Wertschätzung, die uns unsere Arbeit verleidet. Das strikte Weigern von den Krankenkassen, uns gerecht zu bezahlen und die ambitionierten Versuche, uns für unsere geleistete Arbeit aufgrund von Formfehlern nicht zu entlohnen, führt auf Apotheker Seite zu Frustration. Auch die Politik nimmt uns nicht als kompetente Partner im Gesundheitswesen wahr, unsere Lobbyarbeit ist einfach nicht nachhaltig genug dafür. Und als Politiker klingen Worte wie „Liberalisierung“ und „Einsparung“ gerade vor Wahlen einfach zu verlockend - über die Konsequenzen denkt da so mancher gar nicht nach.
Was ist der Plan B, wenn der europäische Gerichtshof im Herbst nicht in unserem Sinne entscheidet? Pharmazeutische Dienstleistungen wie das Medikationsmanagement scheiden als Rettungsring ja schon mal aus. Natürlich kann man die Kapelle auf der sinkenden Titanic unbeirrt weiter spielen lassen, um den Passagieren zu suggerieren, dass alles in bester Ordnung sei. Ob das allerdings eines guten Kapitäns würdig ist, bleibt dahin gestellt.
Wo bleibt der Gegenangriff? Warum fragt denn keiner unserer Standesvertreter das Bundesversicherungsamt, welche gesetzliche Grundlage das massive Schalten von Werbung der Krankenkassen rechtfertigt? Wenn laut Perspektivpapier 2030 unsere Zukunft in pharmazeutischen Dienstleistungen liegt, dann darf man wohl eine engagierte Antwort unserer Standesvertreter auf das Säbelrasseln der Krankenkassen erwarten. Man kann aber auch realistisch sein und sich einen eigenen Plan B stricken.
7 Kommentare
Plan B ?
von Heiko Barz am 23.06.2016 um 18:17 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
tja, der Plan B ...
von Alfons Neumann am 22.06.2016 um 22:10 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Max Müller
von Christiane Patzelt am 22.06.2016 um 21:46 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Christliche und andere Werte
von Dr. Christoph Klotz am 23.06.2016 um 10:49 Uhr
Brexit,dann Exit?
von Ulrich Ströh am 22.06.2016 um 21:13 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Plan B ...
von gabriela aures am 22.06.2016 um 19:12 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Nachtrag
von gabriela aures am 22.06.2016 um 19:45 Uhr
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.