Pharma-Honorare

125 Millionen Euro für Schweizer Ärzte und Organisationen

Stuttgart - 08.07.2016, 10:00 Uhr


Im Rahmen der europaweiten Transparenzinitiative veröffentlichen 59 Schweizer Pharmafirmen Honorare an Ärzte, Apotheker oder Gesundheitsinstitutionen. Anders als in Deutschland ging mehr als die Hälfte der Gelder an Organisationen – wie beispielsweise die WHO. Doch auch in der Schweiz ist die Veröffentlichung nur ein erster Schritt.

Transparenz statt schwarzen Koffern: Erstmalig veröffentlichen derzeit 59 Schweizer Pharmafirmen Zahlungen an Ärzte, Apotheker oder Gesundheitseinrichtungen. Wie auch in Deutschland erfolgt dies im Rahmen einer europaweiten Kampagne des Verbands der Europäischen Pharmaindustrie EFPIA. Die Gesamtsummen für 2015 gab „scienceindustries“, der Schweizer Wirtschaftsverband Chemie Pharma Biotech, nun gegenüber DAZ.online bekannt. Sie unterscheiden sich deutlich von jenen in Deutschland oder Österreich.

Während hierzulande rund zwei Drittel der Gelder in den Topf für „Forschung und Entwicklung“ fallen – hierzu zählen Zahlungen für klinische Studien oder Anwendungsbeobachtungen – machte dies in der Schweiz nur ein Drittel aus. Die 44 Millionen Franken oder rund 41 Millionen Euro werden allerdings von den Firmen nicht individuell ausgewiesen, so dass nicht nachvollziehbar ist, wer jeweils Gelder erhielt.

(jh / DAZ.online)

Anders sieht dies bei sonstigen Zahlungen an Heilberufler wie Ärzte oder Apotheker aus, die im vergangenen Jahr 15,5 Millionen Franken beziehungsweise 14,3 Millionen Euro an Honoraren oder Spesenerstattungen erhielten. Diese Zahlungen werden von den Firmen personenbezogen angegeben, doch nur nach Zustimmung. Während in Deutschland nach Angaben der Freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie nur jeder dritte Zahlungsempfänger eingewilligt hat, geht „scienceindustries“ davon aus, dass die Zahl in der Schweiz deutlich höher liegt.

Mehr Zustimmung und mehr Gelder an Verbände

„Da die Einwilligungsquoten je nach Unterzeichnerfirmen und Empfängergruppen unterschiedlich sind, veröffentlichen wir dazu keine Durchschnittszahlen“, erklärt ein Sprecher. „Wir gehen jedoch davon aus, dass diese deutlich über 50 Prozent liegt.“

Doch anders als in Deutschland oder auch Österreich floss ein Großteil der Gelder an Gesundheitsorganisationen – ganze 75 Millionen Franken beziehungsweise rund 69 Millionen Euro. Was ist der Grund hierfür? „Die hohe Dichte internationaler Organisationen in der Schweiz (insbesondere in Genf) ist offensichtlich“, erklärt der Verband. Da Zahlungen am Ort der Empfänger offengelegt werden müssen, werden diese Zahlungen in der Schweiz erfasst – auch wenn die Gelder beispielsweise von einer deutschen Firma gezahlt werden.

Viele Daten bleiben unzugänglich

Interessant dürfte es sein, welche Pharmahersteller jeweils welche Organisation unterstützen – und zu welchem Zweck. Doch wie auch in den Nachbarländern hält auch der Schweizer Verband keine zentrale Datenbank vor, sodass interessierte Menschen die Internetauftritte aller Firmen aufsuchen müssten, um die Zahlen zu recherchieren. So überwies allein Roche rund 810.000 Euro an die Europäische Gesellschaft für medizinische Onkologie, oder rund 410.000 Euro an die Europäische Gesellschaft für Gynäkologische Onkologie.

Anders als von der FSA angeboten existiert nicht einmal eine Übersicht. „Eine zentrale Liste führen wir nicht, da eine einheitliche Vorlage des europäischen Verbandes EFPIA besteht, wie und unter Angabe welcher Informationen die einzelnen geldwerten Leistungen offenzulegen sind“, erklärt „scienceindustries“.

Auch in der Schweiz kann daher die neue Initiative wohl nur als erster Schritt zu mehr Nachvollziehbarkeit bei den Zahlungen angesehen werden. Ärztepräsident Frank-Ulrich Montgomery forderte bereits eine gesetzliche Pflicht zu Transparenz – die korrupte Kollegen aufdecken soll. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Irgendwie komisch ......

von Gunnar Müller, Detmold am 11.07.2016 um 10:38 Uhr

Bei mir ist nichts angekommen......

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