Versandapotheke Zur Rose

DocMorris-Mutter eröffnet Flagship-Apotheke

Berlin - 20.07.2016, 15:00 Uhr

Bald aus dem Flagship-Store: Die Schweizer Versandapotheke Zur Rose eröffnet in Bern am 8. August ihre erste Apotheke, um Rx- und OTC-Medikamente an den Kunden zu bringen. (Foto: dpa)

Bald aus dem Flagship-Store: Die Schweizer Versandapotheke Zur Rose eröffnet in Bern am 8. August ihre erste Apotheke, um Rx- und OTC-Medikamente an den Kunden zu bringen. (Foto: dpa)


Ab dem 8. August verkauft die Versandapotheke Zur Rose in der Schweiz ihre Produkte erstmals in einem Flagship Store. In dem Geschäft beim Bahnhof Bern setzt der Mutter-Konzern von DocMorris eine neue Strategie um: Kunden können ihre Online-Bestellungen zu den niedrigen Online-Preisen dort abholen.

Das Schweizer Bundesgericht hatte im vergangenen Jahr gegen eine Verfügung des Kantons Thurgau entschieden, dass rezeptfreie Medikamente der Kategorien C und D nach dem Schweizer Heilmittelgesetz nicht mehr ohne persönlichen Kontakt online bestellt werden dürfen. Der Verkauf ist nach dem Urteil aufgrund der Beschwerden des Apothekerverbandes Pharmasuisse und dem Heilmittelinstitut Swissmedic nur noch stationären Apotheken erlaubt.

Die Versandapotheke Zur Rose hat diese Geschäftspraxis seitdem eingestellt. „Wir glauben weiterhin daran, dass der Gesetzgeber den Bedürfnissen des Marktes nicht dauerhaft entgegenstehen kann“, erklärt jedoch Zur Rose-Sprecherin Lisa Lüthi. Damit Kunden weiterhin auch Rx- und OTC-Medikamente bei Zur Rose bestellen können, will das Unternehmen nun den Flagship-Store eröffnen. Den persönlichen Kontakt stellt Zur Rose im Flagship-Store durch Apotheker und Pharmaassistenten sicher.

Aber auch mit Blick auf das Sortiment hat Zur Rose seine Marktstrategie nach dem Urteil abgeändert. Die Versandapotheke setzt künftig bei nach wie vor rund 3000 frei verkäuflichen Produkten, nach Angaben von Sprecherin Lisa Lüthi, auch stärker auf Heilmittel, die nicht als Medikamente klassifiziert sind. Dazu zählen beispielsweise Alucol Plus oder Reduflux gegen Sodbrennen oder auch Hustenspray. Die Versandapotheke beobachte die Markttrends und stelle eine starke Tendenz fest, wonach neue Produkte von den Pharmaherstellern als Nahrungsergänzungsmittel oder Medizinprodukte auf den Markt gebracht würden, erklärt die Sprecherin.

„Aus diesem Grund umfasst unser Angebot auf dem Webshop immer mehr Medizinprodukte.“  Auch Supermärkte wählen Hersteller-Präparate, die unter die gesetzliche Einordnung „Medizinprodukt“ und nicht unter die Medikamenten-Kategorien von Swissmedic fallen, der für die Zulassung von Medikamenten zuständigen Stelle.

14 Millionen Franken Verlust wegen Gerichtsurteil

Dabei ist nicht in jedem Fall deutlich, wo die Unterschiede zwischen einem Medizinprodukt und einem rezeptfreien Medikament liegen, das nur in der Apotheke verkauft werden darf.  Bei Migros findet sich ein Magen-Darm-Relax-Präparat in Kapselform des Migros-Betriebes Elsa, das wie das Medikament Flatulex des Pharma- und Agrochemiekonzerns Bayer als Hauptwirkstoff Simeticon enthält. Flatulex, in Deutschland Lefax oder Imogas, wird nach Angaben von Fabian Vaucher, Präsident des Schweizer Apothekerverbandes Pharmasuisse, von der Krankenversicherung bezahlt. Coop verkauft im Online-Shop ein Präparat der deutschen Abtei OP Pharma GmbH gegen Verdauungsstörungen, Simeticon ist Bestandteil. Simeticon darf jedoch gemäss Stoffliste von Swissmedic, anders als in Deutschland, nicht zur Selbstbedienung angeboten werden. Zur Rose verkauft Flatulex im Schweizer Online-Shop nicht.

Ab 2017 wird diese Diskussion noch einmal eine neue Komponente erhalten. Denn durch eine Anpassung des Heilmittelgesetzes, dessen Änderungen 2017 in Kraft treten sollen, können aufgrund einer neuen Einteilung innerhalb der Medikamentenkategorien mehr rezeptfreie Medikamente frei verkauft werden. „Es wird sich hier aller Voraussicht nach um Stoffe handeln, die den Charakter eines Nahrungsmittelzusatzes haben, die heutigen Listen D und E“, erklärt Heinz Brand, Präsident des Krankenkassen-Verbandes Santésuisse. Für die Versandapotheken ändert sich dabei aber wenig. Sie dürfen wie seit dem Bundesgerichts-Urteil im Online-Shop rezeptfreie Medikamente nur noch gegen ein ärztliches Rezept verkaufen, das nach einem persönlichen Kontakt mit dem Patienten ausgestellt wurde.

Das Bundesgerichtsurteil hat jetzt schon finanzielle Auswirkungen auf den DocMorris-Mutterkonzern. Der Versandapotheke Zur Rose entgehen durch das Urteil jährlich 14 Millionen Franken, berechnet am Zur Rose- Umsatzanteil von rezeptfreien Medikamenten am Gesamt-Medikamentenmarkt Schweiz. Trotzdem bleibt zur Rose optimistisch. Die Bestellungen im Webshop seien trotz des Wegfalls zwischen Oktober und Dezember im zweistelligen Bereich angestiegen, heisst es im jüngsten Geschäftsbericht.

Madeleine Staeheli Toualbia, freie Journalistin




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