LAV Baden-Württemberg

900.000 Euro Retaxationen für die Apotheken zurückgeholt

Stuttgart - 20.07.2016, 16:11 Uhr

LAV-Vorsitzender Fritz Becker ist zuversichtlich, dass bald klar ist, welche RetaxatIonen nach den neuen Regelungen des Rahmenvertags zu behandeln sind. (Foto: LAV)

LAV-Vorsitzender Fritz Becker ist zuversichtlich, dass bald klar ist, welche RetaxatIonen nach den neuen Regelungen des Rahmenvertags zu behandeln sind. (Foto: LAV)


Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg hat 2015 so viel Geld wie nie zuvor von den Krankenkassen für die Apotheken zurückgeholt. Die Fachabteilung Taxation hat dafür mehr als 16.500 beanstandete Rezepte geprüft. Es zeigte sich: Fast jede zweite Retaxation war unberechtigt.

Fritz Becker, Vorsitzender des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg (LAV), präsentierte  bei der LAV-Mitgliederversammlung am heutigen Mittwoch neue Daten rund um die Arbeit der LAV-Fachabteilung Taxation. Im vergangenen Jahr hat diese 16.572 von den Kassen beanstandete Rezepte geprüft, die zu insgesamt 5.716 Retaxationsvorgängen zusammengefasst waren (Vorjahr: 9.231/ 4.788). Jeder Vorgang wurde in einem komplexen Prüf- und Einspruchsverfahren bearbeitet. Der Gesamtwert der zu prüfenden Retaxationen lag bei 1.471.849 Euro. Im Jahr 2014 waren es nur 682.129 Euro gewesen. Die Prüfung durch die Fachabteilung hat sich gelohnt: Von den fast 1,5 Millionen Euro konnte der LAV im Einspruchsverfahren für die baden-württembergischen Apotheken 897.348 Euro zurückholen.  

LAV-Geschäftsführerin Ina Hofferberth kann sich über die Erfolge der Fachabteilung allerdings nur bedingt freuen: Erstens sei die Summe der im LAV bearbeiteten Retaxationen im Vergleich zum Vorjahr insgesamt deutlich angewachsen. „Das ist ein Zeichen dafür, dass das Engagement der Krankenkassen in diesem Bereich offenbar noch weiter verstärkt wurde“, heißt es in einer Pressemitteilung des LAV. Zweitens: „Die Summe der Retaxationen, die wir für unsere Mitglieder erfolgreich zurückholen konnten, hat sich mehr als verdoppelt. Das zeigt, dass viele Krankenkassen zu Unrecht beanstandet hatten“.

Klarstellung zur rückwirkenden Geltung der Neuregelung erwartet

Unterm Strich waren von den im LAV bearbeiteten Retaxationsbeträgen, die die Krankenkassen einbehalten hatten, ungefähr 40 Prozent, nämlich 574.501 Euro (Vorjahr: 265.656 Euro), berechtigt. Im Umkehrschluss war nach Wert somit annähernd jede zweite dieser Retaxationen unberechtigt. Hofferberth ist überzeugt: Für die LAV-Mitglieder ist ihr Verband im Bereich der Retaxationen eine unverzichtbare Unterstützung, die sie auch oft nutzen, betonte Hofferberth. „Unsere Fachabteilung bearbeitet jeden Fall mit großer Kompetenz. Auch wenn dahinter viel mühsame und personalintensive Kleinarbeit steckt, gibt uns das Ergebnis recht.“

Angesichts der Retaxationsflut einzelner Kassen im vergangenen Jahr sei es „höchste Zeit“ gewesen, dass Regelungen gefunden wurden, die die Apotheken vor Retaxationen – auch wegen kleinster Formfehler – schützen. Seit Ende Mai gibt es diese: Die Schiedsstelle konnte einen Kompromiss zwischen Deutschem Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband herbeiführen. Im Moment wird allerdings noch darüber gestritten, wie weit rückwirkend die gefundenen Regelungen zur Einschränkung der Retaxationen greifen sollen. Der DAV meint, dass alle Retax-Verfahren, die zum 1. Juni noch nicht abgeschlossen waren, nach den neuen Regeln zu behandeln sind. Diese Auffassung teilen allerdings nicht alle Krankenkassen. Becker erklärte, er rechne in den nächsten Tagen mit einer Klarstellung zu diesem Streitpunkt – gegebenenfalls durch die Schiedsstelle selbst.


LAV / DAZ.online 
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2 Kommentare

Beckers 900000

von Heiko Barz am 21.07.2016 um 18:37 Uhr

Dieser Darstellung muß hinzugeführt werden, dass die meisten Kollegen Retaxionen geringerer Ausmaße auch aus Zeitgründen gar nicht erst prüfen sondern gleich bezahlen.

Die über alle Maßen angestiegenen Regresse sind ausnahmslos auf die umtriebigen, von den KKassen instrumentalisierten "Inkassofirmen" zurückzuführen. Sollten die Regresse auf Grund der neuen Gesetzeslage stark zurückgehen, dann höre ich heute schon das Gejammer um die verlorenen Arbeitsplätze bei diesen obskuren Geldeintreiberfirmen .
Wenn ich nur daran denke, wieviel unnütz vertane Zeit stundenlanger Suche nach belastenden Winkelzügen in der AMVV, um Strafkosten zu vermeiden, aufgewandt wurde, die wir wesentlich effektiver für die Medikationsberatung mit den Patienten hätten ausnutzen können, dann wäre die langjährige und frustrierende Diskussion um den Medikationsplan sicherlich entspannter verlaufen.
Jetzt aber wird uns eine zusätzliche, und wie von vielen Seiten behauptete, unentgeltliche Beratungsverpflichtung - Medikationsplan genannt - abverlangt, da ja schon "Alles" in der Beratungs-Gebühr minus 1,77€ unverschämten Kassenabschlages enthalten sei.
So partizipieren die KKassen ungerechtfertigt an dem ideellen Wert unser geistig akademischen Beratungs- Leistung.
Wie dreist ist es eigentlich, dass die KKassen für eine individuelle Geistesleistung einen Rabattabschlag von 1,77 € wider die Guten Sitten verlangen.
Wenn 8,35 € den Wert einer mentalen Leistung entsprechen, welche geistige Leistung erbringen die KKassen für 1,77 € ??

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Gleiches Recht für alle

von Karl Friedrich Müller am 20.07.2016 um 19:10 Uhr

Das heißt, bei unberechtigtem Retax, doppelten Preis bezahlen.

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