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EMA zu Manipulationen bei Semler Research in Indien
Keine akuten Maßnahmen notwendig
Ende April 2016 hatte die Europäische Arzneimittel-Agentur einen Review eingeleitet, um zu klären, welche Arzneimittel in der EU von der Manipulation bei Studien des indischen Auftragsforschungsunternehmens Semler Research in Bangalore betroffen sein könnten. Nun gibt es erst mal eine Entwarnung.
Das Semler Research Centre in Bangalore war im letzten Jahr nach Inspektionen der US-amerikanischen FDA und der Weltgesundheitsorganisation WHO international ins Zwielicht geraten. Beide hatten Zweifel an der Integrität von klinischen Daten angemeldet, die dort an den Abteilungen für Bioanalytik und Klinik erhoben worden waren. Zu den Dienstleistungen des Forschungszentrums gehören neben der pharmazeutischen und klinischen Entwicklung vor allem Bioverfügbarkeits- und Bioäquivalenz-Studien.
Manipulationen „mit Methode“
Nach der „Notice of Concern“ (Bedenklichkeitserklärung, NOC) der WHO sollen bei mindestens fünf klinischen Studien Manipulationen gefunden worden sein. Aufgedeckt hatten die Inspekteure die Ungereimtheiten anhand des Vergleichs von Konzentrations-Zeit-Profilen für spezifische Paare von Studienteilnehmern. Zweifel meldete die WHO zudem an weiteren Studien mit AIDS-, Malaria- und Tuberkulosemitteln sowie Ophthalmika, Antibiotika und Schmerzmitteln an. Aufgrund der Vielzahl und der Dauer der Manipulationen hegte die WHO in ihrer Notice of Concern die Vermutung, dass dies bei Semler gang und gäbe sein könnte.
EMA leitete Prüfung ein
Ende April reagierte dann auch die Europäische Arzneimittel-Agentur auf die Unregelmäßigkeiten und leitete eine Untersuchung ein, um festzustellen, welche Arzneimittel in der EU hiervon betroffen sein könnten. Der Review wurde nach einem Ersuchen der Arzneimittelbehörden aus Dänemark, Deutschland, den Niederlanden, Spanien und Großbritannien gestartet.
Die Erhebung bezog sich auf eine Reihe von generischen Arzneimitteln, die über nationale Verfahren in den Mitgliedstaaten zugelassen sind. Zentral zugelassene Arzneimittel waren nicht betroffen.
Unternehmen müssen neue Daten vorlegen
Nun hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) bei der EMA seine Untersuchung abgeschlossen und eine Empfehlung an die nationalen Zulassungsbehörden zum Umgang mit den betroffenen Arzneimitteln bekannt gemacht. Insgesamt kommt der CHMP zu dem Ergebnis, dass die Bioäquivalenz-Studien, die bei Semler Research durchgeführt wurden, für Arzneimittelzulassungen in der Europäischen Union nicht infrage kommen. Außerdem empfiehlt die EMA, Präparate in laufenden Zulassungsverfahren, die sich auf solche Studien beziehen, ebenfalls nicht zuzulassen, bevor alternative Daten vorgelegt werden.
Zwei Listen bekannt gemacht
Im Detail werden zwei Listen von Arzneimitteln veröffentlicht. Eine beinhaltet Präparate, für die empfohlen wird, die entsprechenden Zulassungen ruhen zu lassen, beziehungsweise sie nicht zuzulassen, sofern sie sich noch im Genehmigungsverfahren befinden.
Für Deutschland sind in der Liste unter anderem zugelassene Präparate von Hexal, ratiopharm, 1A Pharma, Hormosan, Aristo Pharma und Glenmark Arzneimittel aufgeführt. Sie enthalten die Wirkstoffe Saquinavir, Atovaquon/Proguanil, Pregabalin, Eprosartan und Celecoxib. Nähere Einzelheiten zu den Wirkstärken und Darreichungsformen sind in der Liste ausgewiesen.
Die zweite Liste beinhaltet Präparate, die nach der Empfehlung der EMA auf dem Markt bleiben dürfen. Zu diesen haben die Pharmaunternehmen während der Untersuchungen bereits andere Studien vorgelegt, die die Bioäquivalenz belegen.
Mitgliedstaaten sollen selbst entscheiden
Bei einigen Arzneimitteln, für die die EMA das Ruhen der Zulassungen empfiehlt, wird davon ausgegangen, dass sie wegen des Fehlens von Alternativen in dem jeweiligen Mitgliedstaat kritisch für die Versorgung sein könnten. Deshalb könnten die nationalen Behörden das Ruhen der Zulassungen im Interesse der Patienten gegebenenfalls aufschieben, heißt es in der EMA-Verlautbarung. Auch die Entscheidung, ob ein Rückruf der betreffenden Präparate in dem jeweiligen Land für notwendig gehalten wird, soll den Mitgliedstaaten überlassen werden. Derzeit gebe es keine Hinweise auf irgendwelche unerwarteten Schäden oder eine fehlende Wirksamkeit im Zusammenhang mit den Arzneimitteln. Den Patienten rät die EMA konkret dazu, die Präparate so, wie sie ihnen verordnet wurden, weiter einzunehmen und sich bei Fragen oder Bedenken an ihren Arzt zu wenden.
Die Empfehlung der EMA geht nun an die Europäische Kommission zur Umsetzung in eine Entscheidung, die dann für die gesamte EU verbindlich sein wird.
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