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Gekaufte Forschung?
Boehringer kann bei Uni-Publikationen mitsprechen
Im Juli räumte die Uni Mainz „Fehler“ in umstrittenen Millionenverträgen mit der Boehringer Ingelheim Stiftung ein. Nun gibt es einen zweiten Fall. Recherchen haben ergeben: Die Uniklinik gestattete Boehringer Ingelheim weitgehende Mitspracherechte bei einer großen Gesundheitsstudie. Dies könnte die Freiheit von Forschern unzulässig beschneiden.
Nachdem vor wenigen Wochen der Präsident der Uni Mainz, Georg Krausch, „Fehler“ in Millionenverträgen mit der Boehringer Ingelheim Stiftung einräumte und Änderungen ankündigte, ergaben Recherchen des WDR und SWR nun ähnliche Probleme bei einem anderen Vertrag. Offenbar hat die Unimedizin Mainz in Vereinbarungen zur großen „Gutenberg-Gesundheitsstudie“ dem Sponsor Boehringer Ingelheim Rechte eingeräumt, bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen mitreden zu dürfen. Die Studie läuft seit 2007 und schließt nach Angaben der Uni Daten und Proben von mehr als 15.000 Teilnehmern ein, die Pharmafirma unterstützt sie mit Millionenbeträgen.
Nach Angaben der Unimedizin haben beide Partner das Recht, Veröffentlichungen gegenseitig zu kommentieren, die Vertraulichkeit von betriebsinternen Informationen sicherzustellen und zu vermeiden, dass patentierbare Erfindungen unbeabsichtigt vor der Einreichung des Patents veröffentlicht werden. Dies könnte die Wissenschaftsfreiheit unzulässig beeinträchtigen, denn nach Artikel 5 des Grundgesetzes ist die Freiheit von Forschern ein wichtiges Gut.
Einflussnahme findet laut Uniklinik nicht statt
Doch eine Sprecherin betont, dass von einem „Freigabe-Vorbehalt“ keine Rede sein könnte. „Eine Einflussnahme auf oder gar Unterdrückung von wissenschaftlichen Ergebnissen findet nicht statt“, erklärt sie gegenüber DAZ.online. Es ginge in dem Passus beispielsweise um den zeitlichen Aspekt einer Veröffentlichung. „Dieser Fall ist in der Studie bisher nicht eingetreten“, schreibt sie.
Auch Boehringer erklärt auf Nachfrage, die Freiheit von Forschung und Lehre sei für den Konzern ein hohes Gut. Regelungen, dass Manuskripte vor Veröffentlichungen zur Freigabe vorgelegt werden müssen, seien „in Verträgen zum Sponsoring von Studien nicht unüblich.“ Auch seien sie von der Rechtsabteilung geprüft worden. Ein Sprecher betont, dass beide Partner frei sind, sich über Kommentare hinwegzusetzen, so dass „das Veröffentlichungsrecht und damit die Freiheit von Forschung und Lehre nicht eingeschränkt werden“.
Doch schon allein die Möglichkeit der Prüfung stößt auf
Kritik, wie im Beitrag „Gekaufte Forschung – Wie Konzerne an deutschen
Hochschulen forschen lassen“ des ARD-Magazins „Monitor“ am Donnerstag diskutiert wird. Unklar blieb aus den
Anfragen, welche Rolle der Pharmakonzern über das reine Sponsoring genau hat.
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