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Korruption im Gesundheitswesen
Weihnachtsgeschenke – jetzt strafbar?
Dürfen sich Apotheken nach Inkrafttreten der neuen Korruptionstatbestände im Gesundheitswesen noch für die gute Zusammenarbeit mit Arztpraxen erkenntlich zeigen? Oder ist es nun strafbar, einer Arzthelferin ein Weihnachtsgeschenk zu machen? Auch wenn Vorsicht geboten ist: Ganz auf Geschenke verzichten müssen Apotheken sicher nicht!
Die Frage der Zulässigkeit von Geschenken an Ärzte und deren Personal zu bestimmten Anlässen, insbesondere zu Weihnachten, ist ein Dauerbrenner. Nachdem am 4. Juni 2016 die neuen Antikorruptionstatbestände der §§ 299 a und b StGB in Kraft getreten sind, ist die Verunsicherung, was erlaubt ist und was nicht, noch gewachsen. Das zeigen die Anfragen unserer Leser rund um Geschenke und Essenseinladungen für Ärzte und ihr Personal. Der Münchener Rechtsanwalt Dr. Christian Tillmanns erklärt, welche Geschenke problematisch sind – und welche auch künftig strafrechtlich nicht zu beanstanden sind.
Dr. Christian Tillmanns zur rechtlichen Zulässigkeit von Geschenken
Gemäß § 32 der Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä) ist es Ärzten nicht gestattet, unter anderem von Apothekern Geschenke oder andere Vorteile anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. Flankierend zu den Regelungen im ärztlichen Berufsrecht finden sich auch in manchen Apotheker-Berufsordnungen entsprechende Verbote. So sind zum Beispiel gemäß § 19 Nr. 5 der Berufsordnung der Bayerischen Landesapothekerkammer „unangemessene Geschenke und Zuwendungen an Angehörige anderer Heilberufe und Heilhilfsberufe“ verboten. Diese sogenannten „Geschenkeverbote“ sollen eine unsachliche Beeinflussung von gesundheitlichen Entscheidungen vermeiden und die Unabhängigkeit der Heilberufler wahren. Sie gipfeln übrigens in dem sich von der pharmazeutischen Industrie selbst aufgelegten absoluten Geschenkeverbot (§ 21 Abs. 1 FSA-Kodex Fachkreise).
Kooruptionstatbestände nehmen einseitige Geschenke aus
Doch wie sieht es nun mit dem Risiko einer Strafbarkeit nach § 299 a/b StGB aus? Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers sollen rein einseitige Zuwendungen (zum Beispiel ein Geschenk oder eine Einladung zu einem Geschäftsessen) nach diesen Vorschriften grundsätzlich nicht strafbar sein. Dies gilt nach der Gesetzesbegründung selbst dann, wenn diese über das nach dem Berufsrecht Erlaubte hinausgehen. Das wären auch Geschenke, die beispielsweise nicht mehr als sozialadäquat anzusehen sind oder aus Sicht von Dritten den Eindruck erwecken können, dass die ärztliche/apothekerliche Unabhängigkeit beeinträchtigt ist. Konkret heißt es in der Gesetzesbegründung insoweit, dass „auch bloße Verstöße gegen berufsrechtliche Verbote der Annahme von Vorteilen wie beispielsweise § 32 Abs. 1 MBO/Ä nicht zur Strafbarkeit nach § 299 a StGB führen.“
Denn als zentrales Element für den Strafbarkeitsvorwurf nach § 299 a/b StGB muss zusätzlich noch die sogenannte Unrechtsvereinbarung hinzukommen. Um strafbar zu sein, müsste das Geschenk an den Arzt oder dessen Personal daher gerade deshalb erfolgen, damit diese im Gegenzug den Schenker bevorzugen. Beispielsweise indem sie ihre Patienten in die Apotheke des Schenkers verweisen (Verstoß gegen das Zuweisungsverbot nach § 31 Abs. 1 MBO-Ä). Anders als bei Zuwendungen an Amtsträger, wo eine sogenannte „gelockerte Unrechtsvereinbarung“ ausreichen kann, ist es bei Schenkungen an niedergelassene Ärzte sowie an angestellte Ärzte (die nicht beamtet sind) nicht ausreichend, dass mit der Zuwendung nur das allgemeine „Wohlwollen“ des Arztes erkauft werden soll. Ebenfalls nicht strafbar ist nach der Gesetzesbegründung eine Schenkung, die als Belohnung für eine bereits erfolgte Handlung gedacht ist.
Hochwertige Geschenke als Indiz für Unrechtsvereinbarung?
Es ist allerdings zu befürchten, jedenfalls nicht auszuschließen, dass die Strafverfolgungsbehörden die Zuwendung von besonders teuren oder umfangreichen Geschenken gegebenenfalls als Indiz für das Bestehen einer (stillschweigenden) Unrechtsvereinbarung werten. Sie könnten daher etwaige Ermittlungen und Überprüfungen bezüglich der Zusammenarbeit zwischen dem zuwendenden Apotheker und den betreffenden Ärzten intensivieren. Vor diesem Hintergrund erscheint es sicherlich ratsam, sich an die Vorgaben des Berufsrechts zu halten und nur solche „sozialadäquate“ Geschenke an Ärzte und deren Personen auszureichen, bei denen nicht der Eindruck erweckt wird, dass die ärztliche Unabhängigkeit beeinflusst wird.
Besser im „sozialadäquaten“ Rahmen halten
Die Frage, in welcher Höhe Zuwendungen noch als „sozialadäquat“ anzusehen sind, ist für Ärzte und deren Personal unterschiedlich zu beantworten. So können Geschenke für Ärzte tendenziell höherwertiger sein also solche für ihr Praxispersonal. Leider sehen die §§ 299 a/b StGB keine Geringwertigkeit- oder Bagatellgrenze vor. In der Gesetzesbegründung wird lediglich ausgeführt, dass es bei geringfügigen und allgemein üblichen Werbegeschenken oder bei kleinen Präsenten an einer objektiven Eignung fehlt, konkrete heilberufliche Entscheidungen zu beeinflussen, so dass von einer sozialadäquaten Zuwendung auszugehen sei. Nicht sozialadäquat sind dagegen nach der Gesetzesbegründung solche Vorteile, deren Annahme den Eindruck erweckt, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. Eine Richtschnur, welche Beträge bei Geschenken an niedergelassene Ärzte noch als sozialadäquat angesehen werden, kann aber zum Beispiel die Auffassung der Berufsordnungsgremien der Bundesärztekammer von vor über zehn Jahren bieten: Danach soll die Wertobergrenze bei 50 Euro liegen (DÄBl. 2004, A-297, 298). Dabei ist zu beachten, dass diese Obergrenze auch dann überschritten ist, wenn mehrere kleinere Vorteile beziehungsweise Geschenke in einem überschaubaren Zeitraum zugewendet werden. Eine Apotheke, die einer Arzthelferin oder MTA zu Weihnachten ein Geschenk im Wert von etwa zehn Euro macht, und für einen Arzt bis zu 20 Euro ausgibt, bewegt sich damit noch im sozialadäquaten Bereich. Ohne Hinzutreten einer Unrechtsvereinbarung sind derartige Präsente als Dank für die gute Zusammenarbeit im letzten Jahr nicht strafbar.
Im Klinikbereich sollte man etwas vorsichtiger sein. Zum Teil wird empfohlen, dass ein Geschenk für einen Klinkarzt nicht mehr als 25 bis maximal 40 Euro Euro wert sein sollte. Bei verbeamteten Ärzten – etwa an Universitätskliniken – legen gegebenenfalls dienstrechtliche Bestimmungen noch geringere Obergrenzen für Geschenke fest. Wer hier auf Nummer sicher gehen möchte, sollte vor der Zuwendung eines entsprechenden Geschenkes zur Risikovermeidung die Genehmigung des Dienstherrn beziehungsweise des Arbeitgebers (in der Regel der Krankenhausverwaltung) einholen.
Und Geschäftsessen?
Was die Einladung von Ärzten zu einem (echten) Arbeitsessen betrifft, kann als Orientierungsgröße für eine noch angemessene Bewirtung auf die Leitlinie des FSA-Vorstands zur Auslegung des Begriffs „angemessene Bewirtung“ abgestellt werden. Danach ist eine Bewirtung bis zu 60 Euro angemessen. Es muss sich aber nachweislich und dokumentiert um ein Arbeitsessen handeln.
Die Wertgrenze des Zuwendungsverbotes nach § 7 Heilmittelwerbegesetz (regelmäßig maximal fünf Euro gegenüber Angehörigen der Fachkreise) ist vorliegend nicht zu berücksichtigen, da es sich bei Präsentkörben, Essenseinladungen oder anderen vergleichbaren Geschenken in der Regel nicht um eine produktbezogene Werbung handelt.
Dr. Christian Tillmanns, Meisterernst Rechtsanwälte München
1 Kommentar
Gute Zusammenarbeit ?
von Frank ebert am 13.08.2016 um 14:23 Uhr
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