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Nach dem Hype
Was bleibt von der „Ice Bucket Challenge“?
Der Sommer 2014 war eisig: Ob Bill Gates oder Kim Kardashian, jeder schien sich Eiswasser über den Kopf zu kippen. Die „Ice Bucket Challenge“ brachte Aufmerksamkeit und Spenden für die Krankheit ALS. Zwei Jahre später bleibt die Frage: Was hat das Ganze gebracht?
Ob im BH wie Sängerin Helene Fischer, im Whirlpool wie Schauspieler Robert Downey Jr. oder im blauen Hemd wie Microsoft-Gründer Bill Gates – im Sommer 2014 schien sich so ziemlich jeder einen Eimer Eiswasser über den Kopf zu gießen. Die „Ice Bucket Challenge“ eroberte die Welt und die Videos davon das Internet. Wer sich dem Eiswasser nicht aussetzen wollte, wie beispielsweise US-Präsident Barack Obama, der spendete. Viele taten beides. Im Kampf gegen die Nervenkrankheit ALS kamen so weltweit Millionen zusammen.
Wer die Aktion erfand und wann, lässt sich nicht mehr genau rekonstruieren, aber die „Ice Bucket Challenge“ stammt wohl aus den USA und im Sommer 2014 verbreitete sie sich über die sozialen Netzwerke rasant. Die Idee dahinter: Sich einen Eimer Eiswasser über den Kopf schütten, das Video davon im Internet hochladen, und einen oder mehrere andere Menschen auffordern, das auch zu tun. Dann spenden. Wer vor dem Eiseimer kneift, sollte noch mehr Geld geben. Zwei Jahre später bleibt die Frage: Was hat das Spenden-Spektakel gebracht?
Ein „spektakuläres und erfolgreiches Ereignis“ sei die Eis-Eimer-Herausforderung im Rückblick betrachtet gewesen, sagt Thomas Meyer, Leiter der ALS-Ambulanz an der Berliner Charité. „Es entstand eine unmittelbare finanzielle Unterstützung für Institute, Arbeitsgruppen und Kliniken, die sich für die Erforschung der ALS und die Versorgung von ALS-Patienten engagieren. Zugleich ist eine gesellschaftliche Aufmerksamkeit entstanden, die für eine seltene Erkrankung sehr ungewöhnlich ist.“ Allein die ALS-Ambulanz nahm durch das Spektakel rund 1,6 Millionen Euro Spenden ein und konnte unter anderem Programme zur ALS-Forschung und zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen auflegen.
Weltweit am meisten Spenden sammelte die amerikanische ALS Association ein: 92 Millionen Euro in acht Wochen. Und die US-Forscher sind es auch, die seitdem mit den spektakulärsten Nachrichten aufwarten können. Mehr als 150 wissenschaftliche Untersuchungen seien mit dem Geld bereits unterstützt worden, teilt die ALS Association mit. Zudem seien zwei neue Medikamente entwickelt und vor allem drei neue Gene entdeckt worden, die in Zusammenhang mit ALS stehen.
Dank Ice Bucket Challenge: Wichtiges Gen zum Verständnis entdeckt
Zuletzt fand eine US-europäische Forscherkooperation das Gen NEK1, einen der wohl wichtigsten Bausteine zum Verständnis von ALS. „Diese Forschung wäre ohne die ‚Ice Bucket Challenge' in dieser Form nicht möglich gewesen“, sagt Charité-Ambulanzleiter Meyer. „Es handelt sich um das Ergebnis eines gigantischen Projektes. Von insgesamt 13.000 ALS-Patienten wurde das gesamte Genom analysiert.“
Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine nach wie vor unheilbare Krankheit. Über ihre genauen Ursachen und Mechanismen ist bislang wenig bekannt. Klar ist: Die Betroffenen können sich im Verlauf der Erkrankung nicht mehr bewegen, und haben Schwierigkeiten beim Schlucken, Sprechen und Atmen. Das Bewusstsein und der Intellekt bleiben aber in der Regel intakt. Etwa die Hälfte der Patienten stirbt innerhalb der ersten drei Jahre, meist an Atemlähmung. Die meisten Fälle treten spontan auf. Am häufigsten erkranken Menschen im Alter von 50 bis 70 Jahren, Männer etwas häufiger als Frauen.
ALS ist keine Volkskrankheit. Es sind vergleichsweise wenig Menschen betroffen, in Deutschland etwa 8000. Deswegen ist es für Forschungseinrichtungen und Hilfsorganisationen normalerweise sehr schwer, an Gelder zu kommen. Seit der „Ice Bucket Challenge“ sei die Spendenbereitschaft insgesamt aber gestiegen, sagt Ambulanzleiter Meyer. „Die Spenden stammen allerdings zumeist von Menschen, die einen spezifischen Bezug zur ALS haben. So spenden Trauergemeinden, die einen Angehörigen durch die ALS verloren haben, zur Unterstützung unserer Arbeit.“
Was seit der „Ice Bucket Challenge“ fehle, sei die Nachhaltigkeit. „Die ALS-Ambulanzen in Deutschland sind nach wie vor dramatisch unterfinanziert“, kritisiert Meyer. „Auch eine Grundausstattung für ALS-Forschung ist in Deutschland nicht vorhanden.“
Die „Ice Bucket Challenge“ sei „wahrscheinlich einmalig“ und werde sich nicht so leicht wiederholen lassen, sagt Meyer. Es gebe inzwischen in Deutschland aber ein Netzwerk mit prominenten Unterstützern wie dem früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder oder dem Sänger Udo Lindenberg, die zum Beispiel bei Spendengalas oder Oldtimer-Rallyes Gelder einsammelten. „Die Offenheit, auf ungewöhnlichen Wegen Menschen mit ALS zu unterstützen, ist durch die ‚Ice Bucket Challenge’ deutlich gestiegen.“
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