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Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für
Infektionsforschung haben einen Virusblocker gegen Hepatitis B und D
entwickelt, der nun in zwei Studien am Menschen mit Erfolg getestet werden
konnte.
Etwa 350 Millionen Menschen leiden an chronischen Infektionen mit Hepatitis-B-Viren, 25 Millionen an Hepatitis D, das nur gemeinsam mit Hepatitis B auftritt. Zugelassene Therapien für Hepatitis B führen in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht zur Ausheilung. Nun gibt es neue Hoffnung, auch für die bislang schwer therapierbaren Hepatitis-D-Patienten. Sie heißt Myrcludex B, ein Peptid mit 47 Aminosäuren.
Abgebrochener Schlüsselbart
Der Virologe Stephan Urban vom Universitätsklinikum Heidelberg hat den Virusblocker vor rund zwanzig Jahren entdeckt und weiterentwickelt. Urban hat an dem dortigen Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF)-Standort seit dem 1. April 2014 die erste DZIF-Professur für „Translationale Virologie“ inne. Seit 2002 wurde die Lead-Substanz Myrcludex B optimiert.
Es handelt sich um den ersten Vertreter einer neuen Therapieklasse für Hepatitis B und D. Sowohl in der Zellkultur als auch in Mausmodellen hatte sich zunächst gezeigt, dass der Wirkstoff den Zelleintritt beider Viren effizient blockiert, und zwar so: Das Peptid ist ein Proteinbruchstück aus der Virushülle, das passgenau an die Leberzelle bindet und damit das Andocken der gefürchteten Viren verhindert. Wie der abgebrochene Bart eines Schlüssels, bleibt es im Schlüsselloch stecken und blockiert damit den Eintritt von Hepatitis-B- und -D-Viren. Auf diese Weise schützt Myrcludex B die Hepatozyten mit einer sehr hohen Effizienz vor einer Infektion.
Sehr gut vertragen
In zwei klinischen Studien konnten die Wissenschaftler nun zeigen, dass der Wirkstoff tatsächlich auch im Menschen einen Effekt hat, und zwar nicht nur auf Hepatitis B, sondern auch auf Hepatitis-D-Viren.
In der auf Erstanwendungsstudien spezialisierten Studieneinheit KliPS am Universitätsklinikum Heidelberg erhielten 36 freiwillige, gesunde Probanden den Wirkstoff subkutan und intravenös bis zu einer hohen Dosis von 20 mg injiziert. „Zum ersten Mal konnte die Substanz erfolgreich und mit sehr guter Verträglichkeit an Menschen verabreicht werden“, freut sich Professor Walter E. Haefeli, der die Phase-I-Studie gemeinsam mit Antje Blank durchgeführt hat. Dies ist ein Meilenstein in der Entwicklung jedes Medikaments.“ Und Blank, die Erstautorin der veröffentlichten Studienergebnisse, fügt hinzu: „Nun wissen wir für die weiteren Studien, wie sich das Medikament im Menschen verhält.“
Virus-DNA signifikant gesenkt
In der zweiten, noch laufenden Studie, die am Moscow Regional Research Clinical Institute in Russland durchgeführt wird, konnte die Annahme bestätigt werden, dass Myrcludex B tatsächlich auch einen Effekt auf Hepatitis-D-Viren hat. 24 Patienten mit chronischer Hepatitis D bekamen im Rahmen der Pilotstudie entweder den neuen Wirkstoff oder Interferon alpha (PegIFNα-2a) oder eine Kombination aus beidem.
Die virologische und biochemische Response wurde nach zwölf und 24 Wochen untersucht. Die Hepatitis-D-Virus-DNA (HDV-DNA) als Infektionsmarker war in Woche 24 in allen Kohorten signifikant gesenkt. In der Myrcludex B und der Interferon-alpha-Gruppe wurden jeweils zwei Patienten HDV-RNA-negativ und fünf Patienten in der Gruppe mit der Kombinationstherapie. Auch die Hepatitis-B-Virus-DNA war bei den Patienten mit der Kombinationstherapie signifikant erniedrigt. Die Wissenschaftler vermuten einen starken Synergieeffekt der beiden Therapieansätze. Zudem war die Alanin-Aminotransferase (ALT) als laborchemischer Parameter für Lebererkrankungen in der Myrcludex-B-Gruppe signifikant verringert (bei sechs von acht Patienten). Auch in dieser Studie wurde der Wirkstoff bislang gut vertragen. Es gab keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse.
Gute Chancen für schnelle Weiterentwicklung
„Die Zwischenergebnisse dieser Studie zeigten, dass Myrcludex B die Last an Ribonukleinsäuren des Hepatitis-D-Virus nach einem halben Jahr in einem Teil der Patienten bei guter Verträglichkeit deutlich senkte und zu einer Normalisierung der Leberwerte führte“, fasst Urban die Ergebnisse zusammen. Da es für Hepatitis-D-Infektionen, die aggressivste Form viraler Leberentzündungen, das erste spezifisch wirkende Arzneimittel wäre, sehen die Forscher gute Chancen für eine schnelle Weiterentwicklung und hoffen, dass sich diese Effekte in größeren Therapiestudien, die gerade anlaufen, bestätigen.
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