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Merke: Die oberste ABDA-Spitze, den Präsidenten und seinen Vize, gibt es nur im Doppelpack. Und was ist dem Duo in den letzten Jahren besonders gelungen? Ein großes Amt menschlicher zu machen, weniger präsidial, meint der Präsident. So ein bisschen mehr zum Anfassen, vielleicht? Sonst noch was? Ja klar: Sich für ein neues Haus entschieden zu haben, ergänzt sein Vize. Mein liebes Tagebuch: Unsere ABDA – trautes Heim, Glück allein.
22. August 2016
Apotheker, Ärzte, Krankenhäuser – alle sind sie gegen die Zyto-Ausschreibungen des AOK-Bundesverbands. Die Folgen der Ausschreibungen, bei denen es in erster Linie nur darum geht, dass Zytoapotheken so billig wie möglich liefern, führen laut Ärzten zu gravierenden Vorfällen: fehlende Chemotherapien, nicht lieferbare Begleitmedikationen, unbefüllte Infusionsbestecke, unbeschriftete Spritzen, falsche Packungsgrößen sowie unvollständige oder verspätete Lieferungen. Aber hart wie Beton hält die AOK an den Ausschreibungen fest. Frau Richard vom AOK-Bundesverband will das nicht sehen und säuselt, dass die AOK durch Ausschreibungen die Versorgung verbessern, mehr Transparenz und Nähe in die Zytostatika-Versorgung bringen kann. Mein liebes Tagebuch, schon schier unglaublich, mit welcher arroganten Nonchalance ein Kassenverband wegsieht und Fehlsteuerungen in Kauf nimmt, nur um noch weniger auszugeben.
Und klar, eine Honorarerhöhung für Apotheker bei Rezepturen kommt für die AOK auch nicht in Frage. Es gebe keine ausreichende Datenbasis, ob Anpassungen gerechtfertigt seien und man solle das Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums abwarten, meint Richard. Ja, ja, das Gutachten – auf diesen Knaller dürfen wir uns 2018 alle freuen.
23. August 2016
Es gibt Vorschriften, die gibt es einfach so, ohne tiefen Sinn, ohne Nutzen, halt einfach so. Hat sich irgendeiner mal so ausgedacht. Zum Beispiel, dass sich Apotheken für die Hilfsmittelversorgung präqualifizieren müssen. Ausgerechnet Apotheken! Über deren Tisch hochwirksame, oft mit vielen Nebenwirkungen behaftete Arzneimittel gehen. Aber für die Abgabe von Windeln, Lanzetten und Kanülen sollen sie nicht kompetent sein und sich zusätzlich qualifizieren. Und sich alle fünf Jahre von neuem repräqualifizieren. Das kann keiner verstehen. Das grenzt an Schikane. Wieso macht man das mit Apotheken? Wieso lassen wir uns das alles gefallen?
Die ABDA bezieht Stellung – zum Referentenentwurf des Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetzes. Nicht zufrieden ist unsere Berufsvertretung mit der exklusiven Vergabe von Rabattverträgen, denn das könne zu Lieferengpässen führen. Mindestens zwei pharmazeutische Unternehmer sollten den Zuschlag erhalten. Und wenn Generikahersteller zwischen dem Zuschlag der Krankenkasse und dem Belieferungsbeginn sechs Monate Zeit bekommen, um sich darauf vorzubereiten, dann müsste, so eine ABDA-Forderung, diese Frist auch auf die Apotheken übertragen werden. Eine weitere ABDA-Forderung: Ausschreibungen bei Zytostatika sollten verboten werden. Solche Ausschreibungen bringen die Gefahr von Einbußen im Versorgungsniveau. Außerdem könnten die von manchen AOKs geplanten europaweiten Ausschreibungen die Oligopolbildung fördern und sogar die bestehende Versorgungsstruktur zerstören. Und weiter im Forderungskatalog: Pharmazeutische Dienstleistungen sollen vertraglich zwischen Landesapothekerverbänden und Krankenkassen vereinbart werden dürfen (Aufsichtsbehörden hatten nämlich angezweifelt, dass es dafür eine Rechtsgrundlage gebe). Die nächste Forderung: Wenn, wie vorgesehen, Pharmaunternehmen im ersten Jahr nach der Zulassung ihres Arzneimittels nur noch so lange einen freien Preis festlegen können, bis eine Umsatzschwelle von 250 Mio. Euro überschritten wird und danach ein niedrigerer Erstattungsbetrag gilt, dann drohen dadurch auch den Apotheken Verluste: Ein vorzeitig niedriger Erstattungsbetrag bringt dann weniger bei der 3-Prozent-Marge. Der Erstattungsbetrag sollte daher, so der ABDA-Vorschlag, weiterhin ab Tag 1 des zweiten Jahres gelten. Sollte ein Hersteller die Umsatzschwelle überschreiten, sollte es Ausgleichszahlungen der Hersteller an die Kassen geben.
Als verbesserungsfähig hält die ABDA die Vereinbarungen zu den Retaxierungen bei Formfehlern. Um Formfehler von vornherein erst gar nicht aufkommen zu lassen, solle der Gesetzgeber festlegen, dass die Arztsoftware automatisch alle Vorgaben für die korrekte Rezepterstellung beachtet. Und last but not least fordert die ABDA, die Importquote völlig zu streichen. Mein liebes Tagebuch, den Forderungskatalog kann man nur unterschreiben. Gut, dass das alles mal in einer Stellungnahme zusammengefasst ist. Aber Papier ist geduldig. Jetzt kommt es darauf an, nicht locker zu lassen.
Zufrieden zeigt sich die ABDA mit der Erhöhung des Honorars für Rezepturen und Dokumentation. Was da in der Stellungnahme steht, klingt wie ein nettes Dankeschön, immerhin verbunden mit dem kleinen Nachsatz, dass „die Vergütung aber auch in Zukunft ganz überwiegend nicht kostendeckend sein wird“. Nun, sei’s drum. Und während die ABDA bis vor kurzem noch forderte, die 3-Prozent-Marge und den Zuschlag für den Nacht- und Notdienstfonds auch beim Rezepturhonorar anzuwenden, ist davon jetzt nichts mehr zu lesen. Mein liebes Tagebuch, will man den Bogen nicht überspannen?
24. August 2016
Wenn es etwas nur im Doppelpack gibt, dann stutzt man erstmal, mein liebes Tagebuch. Dann sind das oft Sachen, die sich schlecht verkaufen und weg müssen nach dem Motto zwei zum Preis von einem. Oder wenn das eine etwas, sagen wir mal, problematischer ist als das andere, man aber das eine nicht ohne das andere bekommt. Man findet das z. B. in Heiratsanzeigen: „Mich gibt’s nur im Doppelpack“, will heißen: wenn du mich willst, musst du auch meinen kleinen Balg akzeptieren. Mein liebes Tagebuch, jetzt muss sich auch die ABDA-Mitgliederversammlung über einen Doppelpack Gedanken machen, wenn im Dezember die Wahl des geschäftsführenden ABDA-Vorstands ansteht. Denn: Den jetzigen Präsidenten und seinen Vizepräsidenten gibt es nur im Doppelpack. Hat der Präsident im PZ-Interview gesagt: „Uns gibt es nur im Doppelpack!“ Sollte man sich wieder für den einen oder anderen entschließen wollen, muss man beide nehmen. Mein liebes Tagebuch, ach ja, so isse halt die ABDA. So richtig nett und menschlich eben: Nimmste einen, kriegste auch den andern, ob de willst oder nich. Und dann fragt die PZ, was dem Doppelpack in den vergangenen vier Jahren besonders gelungen sei. Die Antwort Schmidts: Das sei eine schwierige Frage (wie wahr, mein liebes Tagebuch), weil: „Zufriedenheit passt nicht in ein Amt dieser Größe.“ (Ach so, deshalb – und wir dachten schon…) Aber da fällt Schmidt doch noch etwas ein, was er für besonders gelungen hält: „Ich habe versucht, das Amt etwas kleiner und menschlicher zu gestalten“, klopft er sich selbst auf die Schulter. Richtig putzig, nicht wahr mein liebes Tagebuch? Das stellt man sich doch gerne vor: Das kleine Amt eines großen ABDA-Präsidenten eben, der zwischen Honoraranpassungskämpfen, Lieferengpässen, Retaxquerelen und Hausverkaufsverhandlungen nachmittags um 5 im Lindencorso einen Kräutertee (seit Stunden schon warmgehalten in der Alfi-Kanne) schlürfend zu sich nimmt und einen Haferflocken-Keks knabbert. Wie schön menschlich! Abgesehen davon ist ja dieses Präsidentenamt schon lange „nicht mehr so präsidial wie es vorher war“, meint der Präsident, „dafür ist es moderner und zeitgemäßer geworden“. Ui, mein liebes Tagebuch, haben wir da was verpasst? Aber auch der Vizepräsident weiß etwas auf die Frage nach dem besonders Gelungenem zu antworten: „Ein Meilenstein war zudem die Entscheidung für das neue Haus der ABDA….wir haben eine weitreichende Entscheidung für die Zukunft getroffen…“ Wie, das soll ein Meilenstein der ABDA-Arbeit sein? Nun ja, ob dieser Meilenstein gelingen wird, bleibt abzuwarten, denn das alte Haus ist noch nicht verkauft und das neue noch nicht gebaut. Und, mein liebes Tagebuch, das war’s dann auch schon mit den besonders gelungenen Dingen der letzten vier Jahre. Halt, nein, da gibt es doch noch etwas, nämlich: „Dass derzeit niemand daran denkt, das Fremd- und Mehrbesitzverbot abzuschaffen, ist auch eine Leistung, die sich ABDA und Mitgliedsorganisationen auf die Fahnen schreiben können“, meint der Vize. Mein liebes Tagebuch, da wären wir uns mal nicht so sicher, ob derzeit wirklich niemand daran denkt …
25. August 2016
Und dann äußerte der ABDA-Präsident im PZ-Interview noch den Wunsch, in der Führungsmannschaft der ABDA möge Kontinuität beibehalten werden. Dieser Wunsch, mein liebes Tagebuch, wird in Erfüllung gehen, da bin ich mir ganz sicher. Nachdem Apothekerverbandschef Fritz Becker schon vor einiger Zeit sagte, er werde wieder antreten, und in dieser Woche Andreas Kiefer erklärte, dass er es als Präsident der Bundesapothekerkammer nochmal wissen will, und nachdem wir nun wissen, dass es den Präsidenten und den Vize nur im Doppelpack gibt, steht der Kopf der ABDA-Führungsspitze (das Quattrovirat) für die nächsten vier Jahre so gut wie fest. Also, alles im grünen Bereich, wir haben uns alle lieb. Und: „Wir dürfen nicht vergessen“, sagt der Präsident, „dass die ABDA unsere Lebensversicherung ist. Ohne diese einheitliche Organisationsform hätte der Berufsstand vermutlich keine Chance, seine Interessen durchzusetzen.“ Mein liebes Tagebuch, darauf müsste man doch einen ABDA-Rap erfinden: „ABDA, ABDA über alles, über alles auf der Welt. ABDA ist die starke Power, die uns Apothekers hält.“ So klingt der ABDA-Sound.
26. August 2016
Bilden wir uns Lieferengpässe nur ein? Sind Versorgungsengpässe Hirngespinste einiger weniger Apotheker? Den Eindruck muss man bekommen, wenn man die Antworten des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) auf eine Kleine Anfrage der Linken liest. Da schreibt das BMG: „Kenntnisse über konkrete Versorgungsengpässe liegen der Bundesregierung derzeit nicht vor.“ Kein Wunder, mein liebes Tagebuch, denn die Apotheken reißen sich alle Beine aus, damit aus Liefer- keine Versorgungsengpässe werden. Und spricht man mit Krankenhausapothekern, erfährt man, es ist oft nur dem Organisationstalent der Apotheker zu verdanken ist, dass Wirkstoffe unter großen Mühen auf Umwegen beschafft werden konnten. Und mit Lieferengpässen wird nahezu jede Apotheke täglich konfrontiert. Aber das BMG sieht das alles sehr gelassen. Eine verpflichtende Nennung aller Lieferprobleme durch die Hersteller lehnt die Bundesregierung ab, die Pharmaindustrie soll auch nicht gezwungen werden, Arzneimittel auf Vorrat zu produzieren. Mein liebes Tagebuch, ist das gelegentliche leise Stöhnen der ABDA über Lieferengpässe nicht bis ans BMG-Ohr gedrungen? Vielleicht hätte die Bundesregierung mal den Offenbacher Apotheker Diefenbach fragen sollen, der seit Jahren Lieferengpässe listet. Er weiß da ein anderes Lied zu singen.
11 Kommentare
Kidney
von Dr Sunaj Edward am 08.12.2018 um 11:15 Uhr
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Wollen Sie Ihre Niere verkaufen
von elvis whyte am 29.01.2017 um 1:28 Uhr
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unfassbar !
von Martin Didunyk am 28.08.2016 um 20:56 Uhr
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Eure Armut kotzt mich an !
von gabriela aures am 28.08.2016 um 18:15 Uhr
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Je frustrierter die Basis, umso leichter die Wiederwahl.
von Tilman La Roche am 28.08.2016 um 17:00 Uhr
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ABDA Spitze abtreten!
von Heiko Barz am 28.08.2016 um 14:27 Uhr
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Flagge zeigen
von Ingeborg Krenberger am 28.08.2016 um 13:48 Uhr
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Wiederwahl
von Frank ebert am 28.08.2016 um 10:07 Uhr
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Ändert sich etwas bis 2030?
von Ulrich Ströh am 28.08.2016 um 9:12 Uhr
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NRW feiert
von Thesing-Bleck am 28.08.2016 um 8:55 Uhr
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AW: Nord, Süd, Ost, West
von Peter Ditzel am 28.08.2016 um 9:26 Uhr
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