Apotheken-Dienstleistung

Immer mehr Schweizer Apotheker dürfen impfen

Berlin - 05.10.2016, 13:25 Uhr

In der Apotheke: Immer mehr Schweizer Kunden profitieren von neuen Dienstleistungen, wie dem impfen in ihrer Apotheke. (Foto: Africa Studio/fotolia)

In der Apotheke: Immer mehr Schweizer Kunden profitieren von neuen Dienstleistungen, wie dem impfen in ihrer Apotheke. (Foto: Africa Studio/fotolia)


In der Schweiz haben viele Apotheker ihren deutschen Kollegen eine besondere Kompetenz voraus. Sie dürfen impfen, jedenfalls gegen bestimmte Infektionskrankheiten und in bestimmten Kantonen. Das werden immer mehr. Im November zieht der Kanton St.Gallen nach.

Nachdem die Regierung des ostschweizerischen Kantons St-Gallen eine entsprechende Anpassung der Heilmittelverordnung abgesegnet hat, darf dort ab dem 1. November 2016 in Apotheken selbständig und ohne Rezept geimpft werden. Yvonne Geiger, Präsidentin des St.Gallisch-Appenzellischen Apothekerverbandes, hat mit der Erlaubnis gerechnet. Sie teilt im St. Galler Tagblatt mit: „Es gibt bereits Apotheker in unserem Verbandsgebiet, die über die nötige Befähigung verfügen. Weitere sind in Ausbildung."

In zwölf Kantonen erlaubt

Im Jahr 2015 waren in der Schweiz die Kompetenzen und Verantwortungen der Apotheker auf Bundesebene mit Anpassungen im Medizinalberufe- und im Heilmittelgesetz erweitert worden. Unter anderem wurde auch das Impfen vorbehaltlich bestimmter Voraussetzungen und Genehmigungen erlaubt. Der erste Schweizer Kanton, in dem speziell dafür ausgebildete Apotheker gesunde Erwachsene ohne vorliegendes Arztrezept impfen durften, war Zürich, und zwar seit September 2015. In der zweiten Jahreshälfte 2015 zogen die Kantone Bern, Freiburg, Neuenburg, Solothurn und Zürich nach. Mittlerweile darf in zwölf Kantonen direkt, das heißt ohne Rezept, und im Tessin mit Rezept geimpft werden.

Hauptsächlich Grippe und FSME-Impfung

Die Erlaubnisse sind allerdings in den Kantonen unterschiedlich ausgelegt und in der Regel beschränkt auf Impfungen gegen Grippe und Frühsommer-Meningoenzephalitis (Zeckenimpfung) sowie auf Folgeimpfungen (bisher fast ausschließlich gegen Hepatitis A und B). Kinder unter 16 dürfen in Apotheken nicht geimpft werden. Anlässlich des nationalen Grippeimpftags am 6. November 2015 hat der Schweizerische Apothekerverband pharmaSuisse die Plattform impfapotheke.ch lanciert. Dort ist mit einem Klick auf eine übersichtliche Landkarte des Alpenlandes zu erfahren, in welcher Apotheke sich Erwachsene in den einzelnen Kantonen nun direkt und ohne Voranmeldung impfen lassen können.

Apotheker benötigen Fähigkeitsausweis

Die Apotheker in der Schweiz dürfen dies allerdings nur, wenn sie den speziellen Fähigkeitsausweises „FPH Impfen und Blutentnahme“ haben und wenn für die Apotheke und die Apothekerin bzw. den Apotheker eine kantonale Bewilligung vorliegt. Für den Befähigungsausweis muss eine fünftägige Schulung (plus Vorbereitungszeit) absolviert werden. Dort lernen die Kursteilnehmer nicht nur, wie man impft und Blut abnimmt, sie erwerben auch ein umfassendes Wissen zu Impfstoffen und deren Anwendung. Sie absolvieren einen Reanimationskurs und lernen, mit einem anaphylaktischen Schock umzugehen. In Zukunft sollen diese Fähigkeiten bereits im Pharmaziestudium vermittelt werden.

Ärzte teilweise immer noch skeptisch

Als der Kanton Zürich mit dem Service die Vorreiterrolle übernahm, gab es noch Bedenken und Widerstand aus der Ärzteschaft. Dies hat sich zwar laut pharmasuisse gebessert, aber als der Genfer Staatsrat das Impfen in der Apotheke im August 2016 genehmigte, mußte er sich erneut mit einer heftigen Gegenwehr seitens der Hausärzte auseinandersetzen. Auch in Luzern, wo der Apotheker-Verein unlängst einen Antrag beim Kanton gestellt hat, stoßen die Pläne bei der kantonalen Ärztegesellschaft auf Skepsis. In St.Gallen ist ein Konflikt mit den Medizinern wohl nicht zu erwarten – im Gegenteil. Der Antrag auf Änderung der Heilmittelverordnung erfolgte einvernehmlich. „Tatsache ist, dass es immer weniger klassische Hausärzte gibt. Insofern ist die Neuerung auch ein Beitrag an das Sicherstellen der Grundversorgung,“ betont  Apothekerverbandspräsidentin Geiger.

Kosten tragen die Patienten

Die Kosten für die Grippeimpfung werden nicht von den Krankenkassen getragen, egal wo die Impfung durchgeführt wird. Einzige Ausnahme sind Risikopatienten. Den Preis für die Dienstleistung können die Anbieter selber festlegen. Er liegt meistens zwischen 35 und 45 Franken. Das Angebot ist jedoch derzeit nicht gewinnbringend. Als Grund hierfür werden die Ausgaben für die Impfstoffe und die die hohen Investitionen angeführt. Die Schulung kostet 3500 bis 4000 Schweizer Franken. Hinzu kommen Material und Infrastruktur, inklusive Liege, Notfallkoffer, Sauerstoffgerät und weitere medizinische Hilfsmittel.  

Überall professionelle Impfberatung

Auch in Kantonen, in denen sie noch nicht impfen dürfen, bieten viele Schweizer Apotheker eine professionelle Impfberatung an. Zum Service gehört ein elektronischer Impfausweis. Dieser kann online zur Verfügung gestellt werden, sodass der Kunde jederzeit und überall einen aktuellen Überblick über seine Impfungen hat.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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