- DAZ.online
- News
- Debatte & Meinung
- Mein liebes Tagebuch
Der Beifall der Apotheker auf dem Apothekertag ist ihm sicher: Gröhe kommt und bringt 100 Mio. Euro Honorar mit und das Aus für Zyto-Ausschreibungen. Hätte er noch den Medikationsplan für Apotheker dabei, würde der Saal jubeln. Hat er aber nicht. Und ob alles so kommt, wie’s kommen soll? Das weiß man nicht. Was vielleicht kommt: ein Kandidaten-Duell Schmidt-Siemsen, das hätte was.
4. Oktober 2016
Wenn demnächst Badezimmer nett begrünt aussehen und möglicherweise auch nachts noch beleuchtet sind, dann kann es gut sein, dass dort Cannabis-Pflanzen heranwachsen, ganz offiziell. Diese Badezimmer sind ausgewiesene Anbauflächen für Cannabis – mit Genehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Patienten, die die Erlaubnis dafür bekommen, Cannabis selbst anzubauen, weil Cannabisblüten ihre Schmerzen lindern, aber die Handelsdroge zu teuer für sie ist, dürfen mit Sondergenehmigung ihr häusliches Bad zur Anbaufläche umfunktionieren und bis zu 130 Pflanzen im Kalenderjahr züchten, gleichzeitig jedoch höchstens 20. Das BfArM muss diesen Patienten laut gerichtlicher Entscheidung den Eigenbau von Cannabis gestatten. Allerdings ist diese Erlaubnis befristet. Bis nämlich das geplante Gesetz kommt, das bestimmte Cannabis-Produkte aus der Apotheke erstattungsfähig macht, z. B. Cannabis-Blüten. Mein liebes Tagebuch, muss die Apotheke dann die Drogen prüfen? Und warum tut sich das Amt so schwer damit, Extrakte zuzulassen? Bisher ist nur Sativex als Cannabis-haltiges Fertigarzneimittel zugelassen. Aber mindestens einen weiteren Anwärter gibt es. Ist schon irgendwie schräg.
5. Oktober 2016
Das hat er nun davon, unser Bundesgesundheitsminister, dass er uns Apothekers beim Medikationsplan so verschmäht hat: Ärger mit den Ärzten. Die nämlich sind unzufrieden. Sie kriegen zwar ein Honorar für den Plan, aber das ist ihnen zu wenig. Und am liebsten würden sie den Kreis der Patienten, die Anspruch auf den Plan haben, drastisch verringern. Mein liebes Tagebuch, zwischen den Zeilen merkt man’s: Huhu, Lust auf den Plan sieht anders aus, unsere Heilberufsbrüder sind davon nicht besonders begeistert. Macht ja auch Arbeit und die paar Euro dafür sind mehr als überschaubar. Tja, hätte der Minister uns Apothekers rangelassen! Wir hätten unser Glück kaum fassen können! Wie euphorisch und fast schon high waren wir damals mit der Aussicht, den Plan erstellen zu dürfen. Und wenn Gröhe mit uns verhandelt hätte, hätten wir glatt noch eine Medikationsanalyse als Zugabe gemacht. So trunken vor lauter Medikationsplan waren wir. Und das überschaubare Honorar hätten wir, anders als die Doktores jetzt, ohne großes Murren hingenommen. Vielleicht sollte Gröhe den Ärzte mal drohen: Wenn ihr mit dem Honorar nicht zufrieden seid, dann dürfen die Apotheker den Plan erstellen. Mein liebes Tagebuch, aber dann ist sofort Ruhe im Karton!
Warum dürfen die das und wir nicht? Was machen unsere Schweizer Kolleginnen und Kollegen besser als wir? Ja, mein liebes Tagebuch, in immer mehr Kantonen der Schweiz dürfen Apotheker auch ohne Vorlage eines Rezepts gegen bestimmte Infektionskrankheiten impfen, zum Beispiel gegen Grippe. In Großbritannien und in den USA dürfen Apotheker schon seit einigen Jahren den „Flu-shot“ setzen. Mit Erfolg. Die Kunden nehmen diese Serviceleistung gerne an. Und zahlen dafür. Und in Deutschland? Bisher gibt es hierzulande noch keinen Vorstoß von Apothekerseite. Warum eigentlich nicht? Angst vor den Ärzten? Angst vor der eigenen Courage? Mein liebes Tagebuch, Grippeimpfungen in deutschen Apotheken – vielleicht eine Frage der Zeit, bis es soweit ist?
6. Oktober 2016
Manchmal ist die Politik für Überraschungen gut. Echte Überraschungen. Da streiten sich seit Monaten Krankenkassen- und Apothekerverband über die Zytostatika-Ausschreibungen. Kassen wollen auf Teufel komm raus sparen, Apotheker beklagen zerstörte Kommunikationsstrukturen zum Nachteil der Patienten, Gefahren für die Qualität der Versorgung und den Verlust der freien Apothekenwahl für Patienten. Während die Kassen stur bleiben und partout nicht von ihrer Ausschreibungspraxis abrücken wollen, scheinen die Argumente von Apothekern, Ärzten und Patienten im Gesundheitsministerium auf offene Ohren gestoßen zu sein. Wie man hört, kursiert ein „Regelungsentwurf“ zur Abschaffung der exklusiven Zyto-Verträge, der noch in das geplante Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) einfließen soll. Der Deutsche Apothekerverband hatte sich vor ein paar Wochen mit Ärzteverbänden zusammengetan, um die Abschaffung der Verträge zu fordern. Das Ministerium kommt allerdings auch den Kassen entgegen und das bedeutet wohl Federn lassen für die Zyto-Apotheker. Es sieht vor, dass Kassen und Apotheker die Hilfstaxe anpassen müssen, die tatsächlichen Einkaufspreise für Zyto-Substanzen sollen transparent sein und die Apotheker sollen den Kassen die erzielten Rabatte mitteilen, damit Kassen davon profitieren können. Mein liebes Tagebuch, nichts ist umsonst – die freie Apothekenwahl wird die Zyto-Apotheken etwas kosten. Und möglich, dass das alles den Kassen nicht reicht. Möglich auch, dass Apotheker erneut ins Retax-Kreuzfeuer genommen werden. Bisher sind das alles nur Entwürfe, Vorschläge und Überlegungen. Aber dass was kommt, zeichnet sich schon ab. Und: Finanziell besser wird’s nicht.
7. Oktober 2016
Er kommt. Direkt von der Kabinettssitzung in Berlin fliegt Bundesgesundheitsminister Gröhe nach München auf den Apothekertag. Er kommt mit schwerem Gepäck. Sein Kabinettsentwurf könnte den Apotheken rund 100 Mio. Euro bescheren: mehr Honorar für Rezepturen, mehr Honorar für die Dokugebühr (BtM- und T-Rezepte). Vermutlich ist auch ein Entwurf für das Aus der Zyto-Ausschreibungen im Koffer (siehe oben), womit die freie Apothekenwahl auf diesem Gebiet wieder hergestellt werden könnte. Da es in der Gesundheitspolitik keine echten Geschenke gibt, werden die Zyto-Apotheken aber in Zukunft damit leben müssen, dass die Hilfstaxe geändert wird, Transparenz bei den Zyto-Einkaufspreisen hergestellt wird und Krankenkassen mit Herstellern künftig Zyto-Rabattverträge abschließen. Selbst wenn das Kabinett das so beschlossen haben sollte, ist noch lange nicht sicher, dass das alles so kommen wird. Die Krankenkassen feuern bereits dagegen. Dann gibt es noch Expertenanhörungen und öffentliche Anhörungen und dann muss alles durch den Bundestag. Mein liebes Tagebuch, lassen wir Herrn Gröhe seinen Koffer öffnen und die Entwürfe präsentieren – die trockenen Tücher, in die alles noch muss, werden leider nicht dabei sein.
Und nächste Woche: Apothekertag! Mein liebes Tagebuch, was echt awesome super wäre: eine Präsidenten-Debatte auf dem Apothekertag. Schmidt und Siemsen im Kandidaten-Duell, Friedemann und Kai-Uwe gemeinsam in der Bütt. Das hätte was. Wäre mal ein echtes Novum auf einem Apotag. Ein Programmpunkt mit Unterhaltungswert. Der Saal wäre brechend voll. Aber das machen die ja leider nicht. Deshalb haben die Landesapothekerverbände von Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland die beiden zu einer gemeinsamen Vorstellung eingeladen. An einem Termin im November soll das Event stattfinden – wenn die beiden die Einladung annehmen. Wie zu hören war, würde Siemsen wohl kommen, während Schmidt wohl eher keinen offenen Wahlkampf möchte. Mein liebes Tagebuch, wäre schade, wenn’s nicht stattfände. Es muss ja auch nicht in „Kampf“ ausarten, aber die Ansichten und Pläne der beiden kennenzulernen, wär’ schon nicht schlecht. Mein liebes Tagebuch, na klar, wir hätten auch nichts dagegen, wenn Schmidt im Doppelpack käme und seinen Arnold mitbrächte.
14 Kommentare
4. Oktober. Tag der Badezimmer?
von Axel Junker am 10.10.2016 um 12:42 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Überleben- aber wie?
von Reinhard Rodiger am 10.10.2016 um 0:34 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Apothekertag
von Frank ebert am 09.10.2016 um 17:22 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Das ist zu einfach
von Veit Eck am 09.10.2016 um 18:41 Uhr
Wahlmüdigkeitssyndrom
von Christian Giese am 09.10.2016 um 11:20 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Guten Morgen, meine Lieben !
von gabriela aures am 09.10.2016 um 11:06 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: teilweise Korrektur
von gabriela aures am 09.10.2016 um 11:11 Uhr
AW: Guten Morgen meine Lieben / diesjähriger DAT
von Winkler am 09.10.2016 um 17:23 Uhr
Mehr Licht bitte !
von Ulrich Ströh am 09.10.2016 um 10:05 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Die Hoffnung stirbt zuletzt!
von Thesing-Bleck am 09.10.2016 um 12:01 Uhr
AW: Goethes letzte Worte auf seinem Sterbebett ...?
von Gunnar Müller, Detmold am 09.10.2016 um 13:58 Uhr
Schaulaufen der Kandidaten
von Veit Eck am 09.10.2016 um 9:38 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Völlig richtig: Liefern - statt Schaulaufen !
von Gunnar Müller, Detmold am 09.10.2016 um 10:23 Uhr
Schmidt & Siemsen im Gespräch
von Thesing-Bleck am 09.10.2016 um 8:27 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.