Gesundheitsausschuss des Bundestags

Expertenstreit um Zyto-Ausschreibungen

Berlin - 19.10.2016, 17:45 Uhr

(Foto: VZA)

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Während das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu ausländischen Rx-Boni am Vormittag die Runde machte, fand im Gesundheitsausschuss des Bundestages ein Expertengespräch zur Ausschreibung von Zytostatika statt. Auch hier prallten zwei Welten aufeinander.

Schon seit langem streiten Krankenkassen, Apotheker und Ärzte über die Zytostatika-Ausschreibungen. Derzeit ermöglicht das Sozialgesetzbuch V den Kassen Ausschreibungen auf Apothekenebene. Doch nach massiver Kritik von Ärzten und Apothekern hat das Bundesgesundheitsministerium entschieden, diese Selektivverträge, die andere Apotheken von der Versorgung ausschließen, abzuschaffen. Die zu diesem Thema schon länger zuvor anberaumte Expertenanhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages wollte es gar nicht mehr abwarten. Minister Hermann Gröhe (CDU) hat die entsprechenden Änderungen bereits im vor einer Woche vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf für das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) untergebracht. Dennoch fand am heutigen Mittwoch das nicht öffentliche Fachgespräch statt. 

Wie der Bundestagspressedienst „hib“ mitteilt, wurden die gegensätzlichen Auffassungen hier erneut deutlich. Stephan Schmitz, Vorstandschef beim Berufsverband der niedergelassenen Hämatologen und Onkologen (BNHO), stand auf der Seite der Kritiker. Er zählt auch zu den Mitgründern des Bündnisses, das sich im September gegen die Zyto-Ausschreibungen formiert hat. Schmitz erläuterte im Ausschuss, die Zytostatika-Herstellung sei ein ausgesprochen komplexer Prozess. Mit den Ausschreibungen werde die ganze bewährte Prozesskette ausgeschaltet. Das habe Folgen für die Patienten, denn es gehe nicht nur um die Krebsmittel, sondern auch um die Begleitmedikation, die aus einer Hand organisiert werden müsse, um die Patienten nicht zu überfordern.

Zudem wies Schmitz darauf hin, dass die Zubereitungen oft kurzfristig bereitgestellt werden müssten. Dies sei über ortsferne Ausschreibungen nicht zu erreichen. Vielmehr könne es sein, dass teure Medikamente nicht zur rechten Zeit verabreicht und so unbrauchbar würden. Dies sei nicht zu akzeptieren, wenn eine Infusion 8.000 Euro koste. Mit den Ausschreibungen werde überdies in das Arzt-Patienten-Verhältnis eingegriffen.

Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), Fritz Becker, warnte laut hib, die flächendeckende Versorgung mit Spezialapotheken sei durch die Ausschreibungspraxis gefährdet. Er betonte: „Wenn die Labors mal zu sind, geschieht nichts mehr.“ In der Folge könnten nur noch wenige qualifizierte Apotheken übrig bleiben und frisch hergestellte Präparate über weite Wege zu spät zu den Patienten gelangen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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