Nach dem EuGH-Urteil

Liegt die Lösung im Rahmenvertrag?

Stuttgart - 28.10.2016, 16:30 Uhr

Haben sich die ausländischen Versandapotheken durch den Beitritt zum Rahmenvertrag vertraglich zur Einhaltung der Preisbindung verpflichtet? Experten sehen das so.

Haben sich die ausländischen Versandapotheken durch den Beitritt zum Rahmenvertrag vertraglich zur Einhaltung der Preisbindung verpflichtet? Experten sehen das so.


Nachdem der EuGH geurteilt hat, dass ausländische Arznei-Versender nicht an die deutsche Preisbindung für Arzneimittel gebunden sind, weisen Experten nun auf eine bisher nicht beachtete Regelung im Rahmenvertrag hin.

Die ABDA hat sich auf ihren „Plan B“ festgelegt: Als Reaktion auf das Urteil aus Luxemburg, dass Deutschland ausländischen Arzneimittelversendern Boni und Preisnachlässe nicht verbieten darf, will sie ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erreichen. Doch nicht jeder hält diese Forderung für realistisch. Für die Geschäftsführer des Arzneimittelimporteurs Kohlpharma, Jörg Geller, und der Apothekenkooperation Avie, Dominik Klahn, gehört das Versandverbot ins „Land der Träumerei“. Dabei sei das Verbot gar nicht nötig, denn die Lösung für die Wettbewerbsverzerrung ist in ihren Augen im Arzneimittel-Rahmenvertrag zu finden, wie sie gegenüber DAZ.online erklärten. 

Jörg Geller, Kohlpharma

Rahmenvertrag fordert Einhaltung der Preisbindung

Im „Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung“ zwischen DAV und GKV-Spitzenverband heißt es nämlich im § 2b, der den Beitritt ausländischer Apotheken zum Rahmenvertrag regelt: „Für Abrechnungen unter den Voraussetzungen nach Satz 1 gelten die Preisvorschriften nach § 78 Arzneimittelgesetz sowie § 7 Heilmittelwerbegesetz (sog. Rabattverbot).“ Der erwähnte § 78 AMG ist die Grundlage für die Arzneimittelpreisverordnung, in ihm ist geregelt, dass die Preisspannen vom Bundeswirtschaftsministerium festgelegt werden. Er enthält auch die Feststellung, dass die deutschen Preisregelungen auch für ausländische Versender gelten, wenn sie Arzneimittel nach Deutschland liefern.

„Eine Rabatt- oder Bonigewährung ist damit ein Verstoß gegen den Rahmenvertrag“, so Geller. Denn alle relevanten ausländischen Versandapotheken, die nach Deutschland liefern, sind dem Rahmenvertrag freiwillig beigetreten, um mit den deutschen Krankenkassen abrechnen zu können. Sie hatten sich diesen Beitritt sogar vor dem Bundessozialgericht erstritten. Die Geltung des deutschen Preisrechts ergibt sich für Geller und Klahn also aus einer freiwilligen vertraglichen Verpflichtung. Gegen Verstöße könnten zwar Wettbewerber nicht vorgehen, sehr wohl aber die Vertragspartner. Laut Rahmenvertrag drohen dann Verwarnungen, Vertragsstrafen bis zu 25.000 Euro oder Ausschluss des Apothekenleiters von der Versorgung für bis zu zwei Jahre.

Unabhängig von Geller und Klahn geht auch die Kölner Rechtsanwältin Dr. Sabine Wesser davon aus, dass ausländische Versandapotheken, die aufgrund ihres Beitritts zum Rahmenvertrag an der GKV-Versorgung teilnehmen, an die rahmenvertraglichen Vorgaben und damit an die Preisvorschriften nach § 78 AMG sowie das Heilmittelwerbegesetz gebunden sind. Der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts dürfte hier nicht zum Zuge kommen, weil das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt lasse. 

Sollte die rahmenvertragliche Preisregelung nicht eingreifen, dürften laut Wesser die ausländischen Versandapotheken so lange keine Arzneimittel zulasten der GKV abgeben, wie sie nicht mit den Krankenkassen Preisvereinbarungen getroffen haben. Denn gemäß § 3 RahmenV dürfen nur solche Arzneimittel zulasten der gesetzlichen Kassen abgegeben werden, deren Preis entweder durch gesetzliche oder vertragliche Regelungen bestimmt oder zwischen Apotheke und Krankenkasse  vereinbart ist. 

Einzelverträge eher ungefährlich

In gesonderten vertraglichen Vereinbarungen nach § 140e SGB V zwischen den ausländischen Versandapotheken und (einigen) gesetzlichen Krankenkassen sehen weder Geller/Klahn noch Wesser die akute Gefahr grundlegender Marktveränderungen. Alle drei gehen davon aus, dass in einem solchen Fall die Krankenkasse die Preisnachlässe für sich fordern würde. Für die Gewährung eines Bonus direkt an den Versicherten bliebe dann wohl kein finanzieller Spielraum. Doch damit würde das entscheidende „Lockmittel“ für die Versender wegfallen. Und die Kasse kann ihre Versicherten nicht zum Bestellen bei einer bestimmten Apotheken zwingen, betont die Rechtsanwältin Wesser: „Das Recht zur freien Apothekenwahl nach § 31 Abs. 1 Satz 5 SGB V steht dem entgegen. Und ob die Krankenkassen ihren Versicherten wirtschaftliche Anreize anbieten können, damit diese sich von den ‚wirtschaftlicheren‘ Apotheken versorgen lassen, ist auch fraglich. Denn in den Arzneimittellieferverträgen ist meist vorgesehen, dass die Krankenkassen ihre Versicherten nicht zugunsten bestimmter Apotheken beeinflussen dürfen.“

Dr. Sabine Wesser

Was ist mit dem Herstellerabschlag?

Geller weist noch auf einen weiteren Punkt hin: Auch bei der Erstattung der Herstellerrabatte gebe es eine Verpflichtung zur Beachtung deutscher Preisregelungen. Für zulasten der GKV abgegebene Arzneimittel ohne Festbetrag muss der Hersteller der Krankenkasse einen Zwangsrabatt gewähren, den Herstellerabschlag. Dieser wird der Apotheke bei der Bezahlung des Arzneimittels abgezogen, die Apotheke bekommt ihn vom Hersteller erstattet. Für Geller ist ganz klar, dass die Hersteller durch das EuGH-Urteil nicht mehr verpflichtet sind, diese Erstattung an ausländische Apotheken zu leisten, wenn sich diese nicht an die AMPreisV halten. Das habe das Bundesozialgericht bereits 2008 entschieden – damals hatten ausländische Versandapotheken Boni und Nachlässe gewährt. Unter den jetzigen, neuen Vorzeichen gelte diese Regelung wieder, „daran ändert auch ein freiwilliger Beitritt zum Rahmenvertrag nichts“.

Wesser verweist in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach ausländische Versandapotheken, die einen „Herstellerrabatt“ gewähren, zu dem sie nicht aufgrund des Beitritts zum Rahmenvertrag verpflichtet sind, sondern zu dem sie sich „freiwillig“ über eine entsprechende (Einzel-)Vereinbarung mit einer Krankenkasse verpflichtet haben, sich diesen Rabatt nicht beim Hersteller zurückholen können. Das Bundessozialgericht habe wiederholt, zuletzt im Jahr 2013, darauf hingewiesen, dass eine Apotheke nur durch Beitritt zum Rahmenvertrag die Rechtsstellung erwerben könne, die ihr einerseits auf gesetzlicher Grundlage Vergütungsansprüche gegen die Krankenkassen vermittle und sie andererseits durch die Pflichten zur Leistung von Apotheken- und Herstellerabschlag hoheitlich belaste beziehungsweise in den Dienst nehme. Das Gericht benenne in diesem Zusammenhang mehrere Möglichkeiten, wie sich ausländische Versandapotheken an der Versorgung GKV-Versicherter beteiligen könnten. Danach ist eine mögliche Versorgungsform die Belieferung der Versicherten auf Rechnung und deren Verweis auf Kostenerstattung gegen die Krankenkasse. Dies kann gegebenenfalls mit einer zwischen Versandapotheke und Krankenkasse getroffenen „Abrechnungsvereinbarung“ verbunden sein, die eine unmittelbare Abrechnung ermöglicht, sodass die Versicherten nicht in Vorleistung treten müssen. Diese Möglichkeit habe für die ausländischen Versandapotheken unter anderem den Vorteil, keinen gesetzlichen Abschlagspflichten zu unterliegen. Eine weitere Möglichkeit sei die Einbindung in das leistungserbringungsrechtliche System des SGB V, das heißt die Teilnahme am Sachleistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Regime des § 129 SGB V. Dies erfordere bei ausländischen Apotheken den Beitritt zum Rahmenvertrag. Dabei sei durch dessen Gestaltung sicherzustellen, dass in- und ausländische Apotheken gleich behandelt würden. Und schließlich könne die ausländische Apotheke unmittelbare vertragliche Beziehungen zu den beteiligten Krankenkassen aufnehmen.

Rechtsanwältin Wesser betont, dass das Bundessozialgericht eine Kumulation der Vorteile verschiedener Versorgungsformen im Wege der „Rosinenpickerei“ ausdrücklich ausschließe. Bei einer Versorgung von GKV-Versicherten aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung hat die ausländische Apotheke also nicht die Möglichkeit, sich einen der Krankenkasse gewährten „Herstellerabschlag“ beim Hersteller zurückzuholen. „Damit“, so Wesser, „dürfte es den Kassen weitgehend möglich sein, Wirtschaftlichkeitsreserven der ausländischen Versandapotheken, die jene gerne zum Anlocken von Patienten einsetzen würden, abzugreifen.“

Dominik Klahn, Avie

Und was ist mit der PKV?

Für privat bezahlte Arzneimittel gelten die Vorgaben des Rahmenvertrages nicht. Hier sieht Avie-Geschäftsführer Klahn aber ein ganz anderes Problem: Wenn die Patienten die Boni gegenüber ihrer Versicherung verschweigen, könnten sie sich dem Vorwurf des Betrugs aussetzen. Geben sie sie dagegen korrekt an, verliert der Bonus wieder seine Lockfunktion – denn die Versicherung würde ihre Erstattung um den entsprechenden Betrag kürzen, ist sich Klahn sicher.



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23 Kommentare

EuGH-Urteil hebt Preisbindung für Medikamente auf

von Maik Preußner am 27.10.2016 um 14:33 Uhr

Das Wichtigste ist Klarheit. Bei allem sollte der Patient im Mittelpunkt stehen. Das aktuelle Urteil des EuGH vom 19.10.2016 hier: https://drive.google.com/file/d/0B-lghzjiORKsOFdJSE01YlQ5R28/view?usp=sharing

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Gute Gedanken

von Ivo Profen am 27.10.2016 um 10:51 Uhr

aber m.E. nicht zielführend. Soll denn der DAV gerichtlich gegen den GKV-Spitzenverband als Vertragspartner darauf hinwirken, dass die Kassen Forderungen der ausländischen Versender nicht mehr erstatten? In einem 5jährigen Hauptsacheverfahren? Würden die Hersteller einen leider wichtigen OTC-Absatzkanal verprellen wegen eines Streits um den Herstellerabschlags?

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Richtig

von dr.c.m.klotz am 26.10.2016 um 22:03 Uhr

Wir von der Liste BasisApotheker in WL sind auch genau zu diesem Hebel gelangt, der, wenn er funktioniert, nicht einmal ein Verbot des Rx-Versandhandels nötig machte.

Andererseits sollte die Politik bedenken, dass jeder Tag, der ohne Handlung ihrerseits vergeht, Deutschland Millionen kostet. Die in der Schublade liegende Novellierung, um den Rx-Versand zu verbieten, wäre meines Erachtens die schnellste Reaktion, damit die Versender das Urteil nicht aus dem Stand heraus für sich ausschlachten können. Und dann als zweiten Schlag die Nichteinhaltung des Rahmenvertrags mit dem Ausschluss von der Abrechnung mit der GKV sanktionieren. Dabei sollte schon die Kenntnis von entsprechenden Werbemaßnahmen reichen, um den Versender für eine Zeit x zu sperren. Damit Patienten das melden, sollte es eine Meldeprämie von 1.000.- geben für den ersten, der das dem BMG bzw. dem GKV-Spitzenverband meldet.
Also einmal rechts und einmal links abwatschen, damit der Cent fällt, in D von diesem Geschäftsmodell Abstand zu nehmen.
Mag dann das Rx-Verbot vor Gericht fallen, dann hält noch der andere Riegel, bis die GKV den Vertrag kündigt.
Aber die gewonnene Zeit reicht, um in der neuen Legislaturperiode das SGB V so zu modifizieren, dass die Versorgungssicherheit entkoppelt vom Preisgefüge sichergestellt werden kann, indem es zum Beispiel eine GO-Apotheker gibt.

Zu empfehlen wäre eine juristisch konzertierte Aktion der preisgebundenen Berufe, da alle von dem Urteil betroffen sind. auch Österreich könnte mit ins Boot, damit deren Rx-Versandhandelsverbot nicht kippt.

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Solidarprinzip

von Werner Rusberg am 26.10.2016 um 22:02 Uhr

Mir gefällt an dieser Idee (die ist auch nicht so abwegig, als dass die ABDA nicht hätte selbst darauf kommen können), dass auf diesen Wege die Krankenkassen und damit auch die Versicherten in die Diskussion eingebunden werden können. Wünschenswert wäre eine offizielle Stellungnahme einer großen Krankenkasse, in der den Bürgern/Kunden/Patienten erklärt wird, warum Rx-Boni etc. eigentlich ein Problem sind und zwar nicht für das Portemonnaie der Apotheker sondern für alle, die gern jederzeit über bezahlbare Gesundheitsleistungen verfügen möchten. Vielleicht greift das ein bisschen zu weit, aber da liegt doch der Hase im Pfeffer ... die Preisbindung für Rx-Arzneimittel (ua) trägt dazu bei, dass kein unfairer Wettbewerb zu Lasten der "Endkunden" stattfindet. Das heißt auch, dass dem Einzelnen ein "Verzicht" auf Rabatte und Boni zugemutet werden kann, sollte und muss. Ein freier Preiswettbewerb hätte letztendlich zur Folge, dass mancherorts die Arzneimittelversorgung entweder gar nicht mehr zur Verfügung steht oder (abhängig von der Krankenkasse?) das Zehnfache kostet. Ein solidarisch finanziertes Gesundheitswesen funktioniert nur, wenn sich alle daran beteiligen, das ist doch der Sinn der Sache.

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AW: Solidarprinzip

von Michael Völter am 27.10.2016 um 20:00 Uhr

Da es leider keine Funktion dafür gibt: EIN DICKES "LIKE"

Lösungs-Optionen

von Uwe Hüsgen am 26.10.2016 um 20:45 Uhr

Die Beantwortung folgender Fragen wäre für eine solide Analyse hilfreich:
- Wer hat seitens des DAV nach dem Schlussantrag des polnischen Generalanwalts M. Szpunar im März mit Vertretern des GKV-Spitzenverbandes und anderen maßgeblichen Kassen über die möglichen Konsequenzen eines aus Apothekersicht negativen Verfahrensausgangs diskutiert?
- Wie ist der aktuelle (Verhandlungs-)Stand?
- Wer verhandelt jetzt mit den Krankenkassen (mit welchem Ziel)?

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AW: Geheimniskrämerei

von dr.c.m.klotz am 27.10.2016 um 0:17 Uhr

Uwe, dass Du als Insider solche fragen stellen musst ... tz tz
Das spricht mal wieder für die eingeschränkte Mitteilsamkeit der ABDA. Die Informationen, die Du haben willst, kann man von jedem Bundestagsabgeordneten bekommen, nur nicht von unserer Führungsclique.

AW: Lösungs-Optionen/Geheimniskrämerei

von Uwe Hüsgen am 27.10.2016 um 9:33 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Klotz.
es geht nicht um Bundestagsangeordnete, sondern um die Verhandlungen zwischen DAV und GKV-SPiBu.
Wusste nicht, dass Abgeordnete über solche Gespräche informiert sind oder werden - und dass wir uns duzen

AW: das Bild nicht verstanden

von dr.c.m.klotz am 27.10.2016 um 12:28 Uhr

Oh, das mit dem Duzen tut mir leid. Stimmt, das war der andere Uwe. Aber Ihre Antwort zeigt doch die mangelnde Sensibilität, die wahrscheinlich auch auf Ihre Tätigkeit zutrifft.
Bei jedem Bundestagsabgeordneten kann ich das herausbekommen, was wer wann wo gemacht hat, welche Termine er hatte und welche Ergebnispapiere daraus resultieren. Nur unsere eigenen Leute leben in ihrem Informationsbunker. Und Sie sind selbst als Rentner noch ein Insider und müssen solche Fragen stellen? Das ist doch ein Armutszeugnis für Ihre Kommunikationskanäle. Aber schön, dass Sie es kund getan haben. Arbeiten Sie daran, dass sich das bessert und lassen Sie die Berufsöffentlichkeit daran teilhaben.

Die ....

von gabriela aures am 26.10.2016 um 20:37 Uhr

..Industrie hat sich bisher ja sehr zurückgehalten, da "nicht unmittelbar betroffen".
Könnte sich das jetzt etwa ändern, denn was, wenn nicht die mögliche Einsparung des Herstellerrabattes, trifft sie (im Moment) noch unmittelbarer ?



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Was meinen die ABDA-Juristen?

von G. Wagner am 26.10.2016 um 19:20 Uhr

Ich bin gespannt, was das große Heer der verstummten ABDA-Juristen um Herrn Tisch zu dem Ansatz von Wesser und Kohl meint. Es ist schon erstaunlich, dass solche Ausführungen nicht aus dem ABDA-Hauptquartier kommen, sondern von "externen" Juristen. Auch wäre es interessant, die Schriftsätze, die im EuGH-Verfahren von unseren Vertretern (und den DocMorris-Vassallen) verfasst und vorgelegt wurden, kennenzulernen. Können sie nicht öffentlich zugänglich gmeacht werden? Dies wäre ein überzeugendes Zeichen in Richtung Transparenz.

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AW: Was meinen die ABDA-Juristen

von Heiko Barz am 27.10.2016 um 11:47 Uhr

Genau so, im Frühjahr noch lese ich die Zeilen um die Äußerungen von L.Tisch: " wir brauchen keinen Plan B "! Wenn er dann damals diese jetzt von "Außen" eingebrachten Argumente der eindeutigen Vertraginhalte geäußert hatte, wäre möglicherweise ein ganz anderes EUGH - Urteil ausgewiesen worden.
Mir erschließt sich außerdem nicht, dass " unsere Juristen " diesen Weg nicht kannten, zumal unsere nicht unerheblichen Zwangsbeiträge dafür Verwndung finden müßten!!

Interessanter Ansatz

von Norbert Peter am 26.10.2016 um 19:12 Uhr

Es handelt sich hier um einen interessanten Gedankenansatz, der parallel zum RX Versand Handelsverbot, welches ich für nicht so unmöglich wie manch andere halten, verfolgt werden sollte.
Ich glaube ja, dass die Krankenkassen einem derartigen Vorstoß auch nicht unbedingt ablehnend gegenüber stehen, steht doch bei einer einem Fall der AMPV weit mehr auf dem Spiel als ein paar lumpige Boni.
Da ist immer noch die ungeklärte Mehrwertsteuerproblematik (der End-verbraucher, die Krankenkassen müssten die Mehrwertsteuerdifferenz von sechs zu 19 % abführen), denn über den EU-Mehrwertsteuer-Länderfinanzausgleich wird das in diesem Fall hier nicht geregelt.
Außerdem würde das ganze System der Rabattverträge möglicherweise kippen, wenn ein multinationaler Großkonzern statt der Rabatt- Arzneimittel seine eigene preiswerte Marke in den Markt drückt und nach Verdrängung einer großen Anzahl von Konkurrenten einfach nicht mehr in der Höhe in die Rabattverträge einsteigt.
Google, Apple und Co. lassen grüßen.
Die größte Angst der bundesrepublikanischen Politik allerdings wird mit Sicherheit sein, dass die EU-Verdrossenheit durch 60.000 Apotheker weiter gestört wird und im nächsten Wahlkampf radikale, Euroskeptische Parteien noch mehr Oberwasser als ohnehin schon bekommen, droht hier gar bei einer weiteren Einmischung der EU in nationale Angelegenheiten der Dexit?
Trotzdem sehe ich in diesem von Herrn Geller und Herrn Klahn vorgelegten Ansatz eine sehr gute Möglichkeit, parallel zum Abwarten auf die Politik selbst das Heft des Handelns wieder in die Hand zu bekommen. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich die Apothekerschaft bei einem möglichen Erfolg zurücklehnen kann. Die Apotheker müssen sich jetzt bewegen und ein unverzichtbarer und innovativer Partner im Gesundheitssystem der Zukunft zum Vorteil der Patienten werden.

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AW: Interessanter Ansatz

von Norbert Peter am 26.10.2016 um 23:21 Uhr

Muss mich korrigieren, die MWST-Problematik scheint bis Frühjahr 2017 komplett geklärt zu sein, zu allem anderen stehe ich.

Neuer Blickwinkel

von Ulrich Ströh am 26.10.2016 um 17:51 Uhr

Das reflexhafte Fordern des RX-Versandhandelsverbots seitens unserer Standesvertretung ist emotional verständlich.
Die Forderung wird sich in der nächsten Zeit aber nicht durchsetzen lassen.
Viel zu groß ist die Furcht der Parteien,
als Klientelpartei zu enden.Die FDP erinnert sich noch heute schmerzhaft an die Hotelsteuersenkung vor drei Jahren.

Insofern ist den Herren Geller und Klahn für ihre Lösungsvorschläge zur Geltung des deutschen Preisrechts zu danken.
Auf einen Kommentar der ABDA bin ich gespannt.

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AW: Neuer Blickwinkel

von Daniela Klahn am 26.10.2016 um 18:53 Uhr

(...) vielleicht sollte man endlich mal davon abkommen, immer wieder Verständnis für die "emotionale" Ebene aufzubringen oder um ein solches zu werben. Und in dieser Sache hier sollten die Emotionen nun wirklich außen vor bleiben. Es geht nicht darum, gekränkten Apothekern das Mütchen zu kühlen, sondern um einen sinnvollen und sachlichen Umgang mit den Widersprüchen zwischen dem deutschen regulierten AM-Markt und den Konsequenzen der Freiheiten im europäischen Binnenmarkt. Zudem ist die Frage um ein mögliches Verbot des RX-Versandhandels keine (partei-)politische, sondern eine rechtliche. Und als solche gibt es eine klare Antwort: Das wird nicht funktionieren. Ansonsten gebe ich Ihnen in allem Recht ... :o) VG

so läufts

von Erik Modrack am 26.10.2016 um 17:23 Uhr

Irgendwie immer das Gleiche: Wenn man sich zu siegessicher ist, hat man schon verloren!

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Herstellerabschlag entscheidend

von Dr. Thomas Müller-Bohn am 26.10.2016 um 17:20 Uhr

Der wichtigste Aspekt dürfte der Herstellerabschlag sein. Die Hersteller haben die Kraft, das durchzuklagen, und wenn sie den Abschlag nicht erstatten müssen, fehlt den Versendern das Geld für Boni. Die restliche Argumentation ist leider von den Krankenkassen abhängig. Diese sind nicht zu Retaxationen verpflichtet und warum sollten sie den Vertrag durchsetzen, wenn ihre Versicherten die Boni toll finden. Besteht nicht auch die Gefahr, dass die Kassen einen neuen Rahmenvertrag durchsetzen?! Und noch eine Einschränkung: Für die Pille, Viagra und Co wirkt das natürlich nicht.

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AW: Herstellerabschlag entscheidend

von Bernd Jas am 27.10.2016 um 13:02 Uhr

Für die Pille, Viagra und Co würde dann nur ein Versandhandelsverbot greifen, welches die Politik ja schon ganz prächtig auf der Großleinwand zu sehen bekommt und anfängt zu es begreifen.
Dieses nun aufgeschlagene Buch (Versandhandelsverbot ) darf angesichts der hiesigen Euphorie um den Rahmenvertrag auf keinen Fall wieder zu geschlagen werden.
Strategisch ist das vorbringen des Rahmenvertragsargument (abgesehen vom drängendem Zeitproblem) sogar ein großer Fehler, denn das hätte man nach weiteren Entscheidungen im Sinne eines Versandhandelsverbotes noch als Joker in den Ring werfen können. Fatal vertan.

Potential

von Daniela Klahn am 26.10.2016 um 17:08 Uhr

Der bisher am besten durchdachte Vorschlag, wie den Auswirkungen des EuGH-Urteils nun begegnet werden könnte, kommt also nicht von der Standesvertretung der deutschen Apothekerschaft sondern aus der Ecke der Hersteller bzw. Apothekendienstleister.
Das ist per se bemerkenswert.
Es dürfte sich lohnen, die hier aufgezeigten Gedanken zu vertiefen: Möglicherweise bietet tatsächlich die Art und Weise der vertraglichen Bindung ausländischer Versandapotheken an die Kostenträger der gesetzlichen Krankenversicherung gut geeignete Wege, um der Solidargemeinschaft die viel beschworene Gerechtigkeit zu verschaffen, die seit letzter Woche offenbar in Gefahr geraten scheint. Vor allem über Verträge nach § 140e SGB V ließen sich finanzielle Anreize, die bisher als goody für die Kundenbindung genutzt werden, somit für die Krankenkassen als echtes Kostendämpfungsinstrument bei den Arzneimittelausgaben fruchtbar machen. Sicher wird man sich über den konkreten Inhalt solcher Vereinbarungen (ggf. auch über entsprechende Verweise im Rahmenvertrag oder im SGB V selbst) noch unterhalten müssen, aber - wie gesagt: Hinter diesem Ansatz steckt wesentlich mehr Potential, als der bereits ins Lächerliche gehende Vorstoß der ABDA in Sachen "RX-Versandhandelsverbot".

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Oh Mann....

von gabriela aures am 26.10.2016 um 16:44 Uhr

....hätte man das vielleicht vorher sehen können ? Ich wundere mich schon, wie "man" so blauäugig in dieses Desaster stolpern konnte und Hilfe vehement abgelehnt hat....
Ich krieg' langsam MFS (Multiplen Fruststau) !

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AW: Oh Mann

von Frank Zacharias am 26.10.2016 um 17:33 Uhr

Auch ich bin komplett sprachlos, wenn ich mir den Verlauf dieses Verfahrens betrachte und sehe, wie unvorbereitet, wenig ernsthaft unsere Vertreter dort aufgetreten sind. Wie kann man nur, wenn es um die blanke Existenz geht, so halb- bis viertelherzig kämpfen ( und das ist schon übertrieben ).

Mein Vorschlag ist, sich jetzt nicht nur auf eine Lösung zu verlassen. Es sind parallel mehrere Wege zu beschreiten - nicht nur das Versandverbot. Auch o.g. Vorschlag, dazu die Übertragung des Preisrechts in das Sozialrecht und eine Revision des bevorstehenden Düsseldorfer Urteils bis vor den BGH.

Die Politik muss erkennen und bekennen, dass die EU und der EuGH hier eine rote Linie überschritten haben. Denn wenn nicht, dann werden andere Bereiche der Sozialsystems folgen und am Ende haben wir amerikanische Verhältnisse.

AW: Oh Mann

von Karl Friedrich Müller am 26.10.2016 um 19:08 Uhr

Es ist ja leider nicht das erste Mal, dass unsere Standesvertretung ein wichtiges Problem unvorbereitet und wenig ernsthaft angegangen ist. Es ist immer so. (Verfassungsklage)

Man könnte auf die Idee kommen, das das nicht nur Unfähigkeit ist, sondern vor allem Absicht.

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