Freie Apothekerschaft bei Laumann 

„Bürokratiemonster zulasten der Patienten"

Berlin - 03.11.2016, 15:00 Uhr

Staatssekretär Karl-Josef Laumann im Gespräch mit den Apothekern Sabine Zeeck (Berlin) und Reinhard Rokitta (Bünde). (Foto: Freie Apothekerschaft)

Staatssekretär Karl-Josef Laumann im Gespräch mit den Apothekern Sabine Zeeck (Berlin) und Reinhard Rokitta (Bünde). (Foto: Freie Apothekerschaft)


Das Bürokratiemonster „Nichtlieferbarkeits-Bescheinigungen“ bringt jede Apotheke in Engpässe. Sie sind mitschuldig, dass Patienten mitunter nicht sofort mit dem passenden Arzneimittel versorgt werden können. Mit diesem Thema haben Apotheker der Freien Apothekerschaft den Patientenbeauftragten Karl-Josef Laumann konfrontiert. 

„Die Hersteller sind Geschäftspartner der Krankenkassen und nicht der Apotheken“, kritisiert Reinhard Rokitta, Vorstandsmitglied der Freien Apothekerschaft im Gespräch mit dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung Karl-Josef Laumann bei einem Treffen in Berlin, bei dem es unter anderen um das Thema „Nichtlieferbarkeits-Bescheinigungen“ ging. Rokittas Ansicht nach sollen Kassen und Hersteller daher direkt miteinander klären, wenn es Probleme mit der Lieferbarkeit gibt und nicht wie derzeit über die Apotheker. Denen werde dadurch nämlich ein erheblich gestiegener Zeit- und Personalaufwand  angelastet, erklärte er. Unabhängig davon, dass Apotheken dafür zudem nicht honoriert werden.

Reinhard Rokitta und Sabine Zeeck, ebenfalls von der Freien Apothekerschaft, legten Laumann auch das derzeitige Verfahren dar: Apotheken sollen sich vom Hersteller direkt bestätigen lassen, dass ein Rabattarzneimittel nicht lieferbar ist. Das verlangen die Krankenkassen. Andernfalls wird das alternativ abgegebene Arzneimittel der Apotheke nicht erstattet. Komplett nicht erstattet, obwohl der Patient versorgt wurde. 

„Keine Versorgung wegen eines Verwaltungsaktes"

Die Freie Apothekerschaft kritisiert, dass der Arzneimittelliefervertrag an dieser Stelle nicht zu erfüllen ist. Die Erfahrung zeige, dass der Hersteller behauptet, das Arzneimittel sei lieferbar, nur der Großhandel rufe nicht ab. Andererseits konnten Großhandlungen in Gesprächen mit der Freien Apothekerschaft nachweisen, dass Arzneimittelmengen kontingentiert und maximal zehn Prozent vom Hersteller geliefert werden. Patienten können also wegen eines ungerechtfertigten Verwaltungsaktes nicht sofort versorgt werden, obwohl Alternativen zur Verfügung stehen, lautet die Kritik.

Laumann erklärte, dass die Problematik schnellstens geprüft werden müsse, heißt es in einer Mitteilung der Freien Apothekerschaft. Ebenso müsse geprüft werden, ob eine  Änderung herbeigeführt werden muss. Die Tatsache, dass diese Regelungen zum Nachweis der Nichtlieferbarkeit auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden, habe ihn wohl dazu veranlasst. Der Verein hat auch eine Lösung parat. Man wünscht sich, dass die Krankenkassen hierfür eine zentrale Meldestelle einrichten, zu der jede Apotheke Zugang erhält. 

„Selektivverträge sind mit schuld"

Seitens der Freien Apothekerschaft ist man der Auffassung, dass dieses Dilemma unter anderem durch Selektivverträge mit nur einem Hersteller herbeigeführt wird. Wenn pro Rabattarzneimittel mindestens drei Hersteller berücksichtigt werden, wäre das Problem deutlich geringer oder sogar gelöst. Die Freie Apothekerschaft fordert daher, dass ein Ausschluss von Selektivverträgen der Krankenkassen in der zurzeit laufenden Beratung des Arzneimittelstärkungsgesetzes berücksichtigt wird.

Gegenüber Laumann bedauerte sie, dass die Selbstverwaltung versagt und sich die GKV ihre eigene Welt geschaffen habe, in der nicht einmal die Politik Einfluss nehmen könne. So werden die Apotheken durch die Sozialgesetzgebung und die Verträge mit der GKV zu Dienstleistungen gezwungen, um dann von den Krankenkassen in erheblichem finanziellem Umfang bestraft zu werden. Zum Beispiel, indem bei Retaxationen das Honorar nicht bezahlt werde und die Apotheken zusätzlich mit dem durchlaufenden Posten des Herstellerpreises belastet würden, obwohl die sofortige Versorgung des Patienten durch die Apotheke sichergestellt wurde.

„Apotheken würden effektiven Schaden begleichen"

Die Apotheken wären sicherlich bereit, den Schaden, der der Krankenkasse bei der Abgabe eines Alternativarzneimittels effektiv entstanden ist, zu begleichen, erklärt die Freie Apothekerschaft weiter. Aber die tatsächlichen Preise der Rabattarzneimittel werden nicht öffentlich gemacht, begründet mit der sogenannten Vertragshoheit. Diese Gelder fließen aber letztendlich auch in die Festlegung von Versichertenbeiträgen ein. „Hier ist die Regierung in der Verantwortung“, erklärte Rokitta.


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