DPhG zum EuGH-Urteil

„Präsenzapotheken sind hinsichtlich AMTS die beste Wahl“

Berlin - 08.11.2016, 13:30 Uhr

Die DPhG lehnt das EuGH-Urteil ab. Präsident Laufer hat gemeinsam mit der Fachgruppe „Klinische Pharmazie" eine Stellungnahme verfasst. (Foto: diz / daz)

Die DPhG lehnt das EuGH-Urteil ab. Präsident Laufer hat gemeinsam mit der Fachgruppe „Klinische Pharmazie" eine Stellungnahme verfasst. (Foto: diz / daz)


Die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG) lehnt das EuGH-Urteil ab. Nach Ansicht der der DPhG sind hinsichtlich Beratung und Arzneimitteltherapiesicherheit Präsenzapotheken die beste Wahl. Auch die Altpräsidenten der Fachgesellschaft haben sich geäußert. Der Gesetzgeber müsse nun handeln, um die aktuelle Versorgungssituation zu sichern, fordern sie.

Die DPhG verweist in ihrer Stellungnahme vor allem auf die Entwicklung der letzten Jahre. Die klinische Pharmazie habe wichtige Impulse zum Wohle der Patienten gesetzt, schreiben DPhG-Präsident Prof. Dr. Stefan Laufer sowie die Vertreter der Fachgruppe Klinische Pharmazie, Prof. Dr. Kristina Friedland, Prof. Dr. Charlotte Kloft sowie Prof. Dr. Ulrich Jaehde. Dafür haben sie auch konkrete Beispiele: die Arzneimitteltherapiesicherheit, die evidenzbasierte Pharmazie und das Medikationsmanagement. Von diesen Errungenschaften profitierten die Patienten aber am meisten durch den direkten Kontakt zu ihrem Apotheker vor Ort, heißt es in ihrer Stellungnahme. Nach Ansicht der DPhG ist die Präsenzapotheke die beste Institution zur ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Diese Stellung müsse der Gesetzgeber jetzt stärken. Die Fachgesellschaft fordert ihn daher auf, die notwendigen juristischen Schritte einzuleiten.

„Rx-Versand war ein folgenschwerer gesetzgeberischer Fehler"

Die Altpräsidenten der DPhG sehen sich durch das EuGH-Urteil bestätigt, dass die Freigabe des Rx-Versands ein folgenschwerer gesetzgeberischer Fehler war. Durch diese Entscheidung habe die Bundesregierung auf einen bedeutenden Teil der Subsidiarität im Gesundheitswesen leichtfertig verzichtet, heißt es in einer Stellungnahme. Der EuGH, der diese Subsidiarität in seiner bisherigen Rechtsprechung bestätigt hat, habe mit dem für viele überraschenden Urteil keineswegs seine bisherige Linie verlassen, schreiben die Altpräsidenten. Vielmehr habe er immer geltendes EU-Recht und somit die Zuständigkeit der nationalen Behörden für die Organisation und Bereitstellung der Gesundheitsversorgung bekräftigt. Durch die Legalisierung des Versandhandels sei einem Versand von Rx-Arzneimitteln vom Ausland nach Deutschland seitens des EuGH nicht zu widersprechen gewesen. Der EuGH war nach Ansicht der Altpräsidenten also auch in diesem Fall konsequent und hat im Sinne europäischer Wettbewerbsstandards entschieden.

Daher sei es nun Aufgabe des Gesetzgebers, den Fehler, den Rx-Versandhandel zuzulassen, zu korrigieren und diesen Vertriebsweg zu verbieten, fordern die Altpräsidenten. Arzneimittel eigneten sich nicht für einen Wettbewerb beim Patienten, schreiben sie weiter. Außerdem gefährden ihrer Ansicht nach die wirtschaftlichen Auswirkungen der Rx-Boni aus dem Ausland die bestehende Versorgungsstruktur – ein dichtes Netz von Präsenzapotheken, wo Arzneimittel von hochqualifizierten Apothekern an Patienten abgegeben und umfassend erläutert werden. Die Altpräsidenten sehen unter anderem den Notdienst oder die Herstellung individueller Rezepturen und Sonderanfertigungen in Gefahr, da diese  Dienstleistungen für den Versandhandel aus dem Ausland vollkommen unattraktiv bzw. unmöglich sind.

Politik soll die Entscheidungshoheit zurückholen

Prof. Theo Dingermann, Prof. Ulrike Holzgrabe, Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz und Prof. Dieter Steinhilber, die die Erklärung für alle Altpräsidenten der DPhG unterzeichnet haben, halten alle Maßnahmen zur Sicherung der aktuellen Versorgungssituation für unverzichtbar. Die politischen Verantwortungsträger müssten die Entscheidungshoheit über die Versorgungsmodalitäten mit hochwirksamen Arzneimitteln nach Deutschland zurückholen, lautet ihr Appell – und zwar durch ein Versandhandelsverbot von Rx-Arzneimitteln.

Die Stellungnahmen im Worlaut finden Sie hier:


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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