Benkert zu Rx-Boni

„Bereicherung auf Kosten der Solidargemeinschaft“

München - 16.11.2016, 16:15 Uhr

Thomas Benkert gibt sich bei der Delegiertenversammlung optimistisch, was das Rx-Versandverbot betrifft. (Foto: BLAK)

Thomas Benkert gibt sich bei der Delegiertenversammlung optimistisch, was das Rx-Versandverbot betrifft. (Foto: BLAK)


„Sprechen Sie mit Ihren Abgeordneten!“ appellierte Thomas Benkert, Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer, am gestrigen Dienstag an die Delegierten. Wer Rx-Boni in Anspruch nehme, bereichere sich auf Kosten der Solidargemeinschaft, erklärte er. Das Urteil des EuGH bevorteile ausländische Anbieter, obwohl sich diese den Gemeinwohlaufgaben entziehen.

Das EuGH-Urteil war der einzige Teil des Berichts von Kammerpräsident Thomas Benkert, bei dem die Delegierten der Bayerischen Landesapothekerkammer Diskussionsbedarf sahen. Zu den zuvor abgehandelten Themen Medikationsmanagement, Testkäufe und den Liberalisierungstendenzen einzelner FDP-Politiker gab es keinerlei Wortmeldungen, zum EuGH-Urteil dafür umso mehr. Benkert hatte in seinem Bericht erklärt, dass die Inanspruchnahme von Boni eine Bereicherung auf Kosten der Solidargemeinschaft sei. Seiner Ansicht nach muss der Rx-Versand schnell verboten werden. Je größer der Anteil der im Versand abgegebenen Packungen werde – und ein Anstieg sei angesichts der Boni möglich –, umso schwieriger sei es, ihn wieder abzuschaffen, erklärte Benkert. Er appellierte an die Apotheken, mit ihren Abgeordneten zu sprechen oder sie anzuschreiben – und zwar nicht mit Musterbriefen, sondern persönlich. Je authentischer, desto besser, sagte er. Benkert begrüßte zudem die Initiative des Bundesrats zum Rx-Versandverbot. Dass sich die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml so schnell hinter die Apotheker gestellt habe, zeige, wie gut die Kontakte in die Landespolitik seien. Beim SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach müsse man nun Überzeugungsarbeit leisten. Auf die Frage, woher er den Optimismus nehme, dass es gelingen werde, die SPD zu überzeugen, antwortete Benkert, wenn er keine Hoffnung habe, könne er gleich zurücktreten. 

Erschrocken über die Reaktionen der Bevölkerung

Aus Delegiertenkreisen zeigte man sich erschrocken, wie die Bevölkerung zu dem Urteil steht. Die Mehrheit befürwortet es. Dem Vorwurf, die ABDA habe nicht ausreichend aufgeklärt, widersprach der Vorsitzende des Bayerischen Apothekerverbandes Dr. Hans-Peter Hubmann aber. Seiner Ansicht nach informiert sich die Bevölkerung zu wenig. Die Informationsmedien seien Facebook und Twitter. Die Berichterstattung in den Medien sei anfangs positiv gewesen. Doch dann sei sie auf Bestreben der Chefredakteure, die unbedingt Meinung machen wollten, dem Duktus der Zeitungen angepasst worden – und die predigten Liberalisierung um jeden Preis. Aber Hubmann gab nicht allein der Presse die Schuld, dass die Bevölkerung so eine schlechte Meinung von der Apothekerschaft hat. Einige Apotheker – „Kollegoiden“, wie er sie nannte – tragen da seiner Ansicht nach dazu bei. „Die Verramscher prägen das Bild“, erklärte der BAV-Chef.

Aktionen, wie die Notdienste auszudünnen, um die möglichen Auswirkungen eines verstärkten Wettbewerbs klarzumachen, sind derzeit nicht geplant. Das Ganze sei keine kurzfristige Sache, man müsse die Möglichkeit haben, sich noch zu steigern, erklärte Hubmann auf diesen Vorschlag eines Delegierten. Zudem sei jetzt der falsche Zeitpunkt, die Bevölkerung gegen die Politik aufzubringen. Man müsse bei den Menschen für das Rx-Versandverbot werben. Wenn jetzt Druck auf die Politik ausgeübt werde, dränge man die SPD in einen Winkel, aus dem sie ohne Gesichtsverlust nicht mehr herauskomme, sagte der BAV-Chef.

Ein langer Atem wird benötigt

Auch die Frage nach den Auswirkungen eines Notifizierungsverfahrens wurde gestellt. Benkert hatte es in seinem Bericht bereits erwähnt: Es sei der Grund, warum das Bundesgesundheitsministerium für das Rx-Versandverbot ein eigenes Gesetz wolle und es nicht an das AMVSG anhängen wolle. Denn durch ein solches Verfahren könne sich das AMVSG um bis zu sechs Monate verzögern. Das wolle man seitens der Regierung nicht. Ein eigenes Gesetz zum Rx-Versandverbot könne aber verabschiedet werden – auch noch vor der Bundestagswahl. In Kraft treten könne es erst nach dem Notifizierungsverfahren. Also nach drei Monaten, oder sechs, wenn es Einsprüche gibt. Diese würden aber nur die Frist verlängern, nicht aber das Inkrafttreten verhindern, hieß es.  

Dass man einen langen Atem benötigt, ist aber ohnehin allen klar. Das „Grundgrummeln“ müsse hörbar bleiben, brachte es Vizepräsidentin Jutta Rehwitzer auf den Punkt.  


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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2 Kommentare

„Bereicherung auf Kosten der Solidargemeinschaft“

von Gregor Huesmann am 16.11.2016 um 23:21 Uhr

"Bereicherung auf Kosten der Solidargemeinschaft", das ist wohl das blödeste Argument, das ich gehört habe. Es sollte nicht an die Öffentlichkeit dringen sonst machen wir uns lächerlich. Jeder, der Rabatte in Anspruch nimmt, bereichert sich also an denen, die keine Rabatte wünschen?

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Schuld haben nur die anderen...

von Ulrich Ströh am 16.11.2016 um 16:37 Uhr

Tja, man wird noch nachdenklicher,wenn man die öffentliche Argumentation der Herren Benkert und Hubmann liest.
Kollegoide, Chefredakteure und die Bevölkerung tragen die Schuld, dass wir so wahrgenommen werden und ....sich keiner für uns einsetzt...
Hoffentlich denken nur die Bayern so.

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