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Missbrauchsfälle
Länder ermitteln wegen Arzneimittel-Tests an Heimkindern
Heimkinder als Versuchsobjekt: In der Nachkriegszeit sollen Medikamente an Heimkindern getestet worden sein, wie eine Studie nun aufgedeckt hat. Es geht demnach um bundesweit etwa 50 Versuchsreihen. Zwei Bundesländer untersuchen die Vorwürfe.
An Essener Heimkindern sollen nach Recherchen von Experten Ende der Fünfzigerjahre Medikamente getestet worden sein. Das berichten das ARD-Magazin Fakt und der WDR. Demnach hatten 28 Kinder im katholischen Franz-Sales-Haus das beruhigende Neuroleptikum Decentan bekommen, das nach Angaben von Arzneimittelexperten typischerweise bei Psychosen oder Schizophrenien eingesetzt wird. Als Folgen vermutlich zu hoher Dosierungen wurden unter anderem Schrei- und Blickkrämpfe oder auch psychische Veränderungen festgehalten.
Die Ergebnisse gehen auf Recherchen im Archiv des Darmstädter Pharmaunternehmens Merck zurück. Ein Sprecher des Konzerns bestätigte auf Anfrage, es gebe entsprechende Unterlagen im Archiv. Nach seinen Angaben gibt es aber keine Hinweise, dass die Tests im Auftrag des Unternehmens stattgefunden hätten.
Merck: Verantwortung liegt beim Arzt
Merck habe unterschiedlichsten Einrichtungen „die Testung des Arzneimittels ermöglicht“. Die Verantwortung liege bei dem Arzt, der das Medikament verabreicht habe. „Nach unserer Kenntnis hat Merck nicht rechtswidrig gehandelt. Daher stellt sich die Frage nach Wiedergutmachung nicht“, stellte der Konzern fest. Merck unterstütze die Aufarbeitung der Fälle.
Das Essener Heim kündigte an, Kontakt zu den Betroffenen aufzunehmen. Bei der Aufarbeitung im Jahr 2012 von historischen Missbrauchsfällen in dem Heim sei die „Medikamentenvergabe“ ein Thema gewesen, sagte eine Sprecherin. Externe Experten hätten aber keine Hinweise auf Medikamententests gefunden, sagte Sprecherin Barbara Steiner.
„Es war ja tatsächlich so, dass Medikamente an die Kinder
ausgegeben worden sind, auch regelmäßig. Es hat sich im Archiv aber nichts
gefunden, was auf Tests hingedeutet hat“, sagte Steiner. Das Heim sei
gesprächsbereit und werde auf die Betroffenen zugehen.
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