Die Kassenleistung hat einen schlechten Ruf. In der heute
teilweise glitzernden Zahnarzt-Welt ist das Standardmodell nicht sexy.
Amalgamfüllung, Metallkrone, herausnehmbare Prothese – will kaum einer, macht
man nicht mehr. Ob Füllung, Krone oder Brücke: Patienten wollen es zahnfarben.
Doch ist wirklich immer der Wunsch des Patienten
ausschlaggebend, wenn Komfort und Ästhetik im Mund wichtiger werden als Funktionalität
und Haltbarkeit? Vermutlich nicht, rügte im Mai Christoph Straub, Chef der
zweitgrößten Krankenkasse Barmer GEK. Bei der Vorstellung des Barmer
Zahnreports sagte er, ein Grund könne auch „eine mangelnde Aufklärung“ durch
den Zahnarzt sein.
Verstoßen Zahnmediziner gegen ihre Pflichten?
Mit dieser Kritik steht Straub nicht allein: Der
Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen bemängelt auf Anfrage, die
Kassenleistung werde „oftmals schlecht dargestellt, obwohl sie dem allgemeinen
Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht“. Man erwarte daher, „dass
Zahnärzte eher auf die Vorteile der Standardversorgung hinweisen“. Die
ästhetischen Ansprüche, sagt Günther Gabe von der Koordinierungsstelle
zahnmedizinische Versorgung im BKK Landesverband Nord-West, würden „teilweise
von den Zahnärzten regelrecht geschürt“.
Das ist nicht erlaubt, weil Zahnärzte wie Ärzte laut Gesetz
verpflichtet sind, Patienten umfassend aufzuklären, also auch über Risiken,
Kosten und Alternativen.
Doch Zahnärzte haben durchaus ein finanzielles Interesse daran, Patienten mehr
anzubieten als die Standardversorgung, sagt Gregor Bornes, Sprecher der
Patientenvertretung für Zahnärztliche Behandlung im Gemeinsamen Bundesausschuss
(G-BA). Denn dann rechnen sie ganz oder teilweise nach der privaten
Gebührenordnung ab. Damit, sagt Bornes, „vermischt sich untrennbar die
Motivation des Zahnarztes, eine gute Versorgung anzubieten, mit seinen eigenen
finanziellen Interessen“.
Bereits 2013 hatte die Fraktion Die Linke im Bundestag die
Anfrage gestellt, ob zuzahlungsfreie Sachleistungen, wie Kassenleistungen
offiziell genannt werden, in Zahnarztpraxen immer seltener angeboten werden.
Damals hieß es, 2012 seien bei den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen nur 25
Meldungen eingegangen über Zahnärzte, die sich weigerten, Amalgam einzusetzen.
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