- DAZ.online
- News
- Wirtschaft
- Wie entwickeln sich die ...
Die Beitragsentwicklungen in PKV und GKV stehen immer wieder im Mittelpunkt der gesundheitspolitischen Diskussion. Wo wird es denn nun tatsächlich schneller immer teurer, in der GKV oder in der PKV?
Das Wissenschaftliche Institut der PKV (WIP) hat eine aktuelle Kurzanalyse der Beitragsentwicklung in der gesetzlichen und in der privaten Krankenversicherung (GKV bzw. PKV) über die Jahre 2007 bis 2017 beziehungsweise 1995 bis 2017 vorgelegt. Damit sollen mittel- und langfristige Entwicklungen besser abgeschätzt werden können.
GKV mit Umlageverfahren
GKV und PKV finanzieren ihre Gesundheitsausgaben auf unterschiedlichen Wegen. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) kalkuliert nach dem Umlageverfahren, das heißt, die laufenden Einnahmen werden unmittelbar zur Finanzierung der Leistungsausgaben verwendet. Allein die Zunahme des Anteils der älteren Bevölkerung als Folge des konstant niedrigen Geburtenniveaus und die steigende Lebenserwartung werden nach der Analyse ungeachtet weiterer Faktoren dazu führen, dass der Beitragssatz in Zukunft weiter steigen wird.
PKV mit Alterungsrückstellungen
Die PKV sei demgegenüber durch das Anwartschaftsdeckungsverfahren und die damit verbundene Bildung von Alterungsrückstellungen auf die demografische Entwicklung besser vorbereitet, heißt es in der WIP-Analyse. Die Beiträge müssten aber immer dann nachjustiert werden, wenn sich die statistische Kalkulationsbasis gegenüber den Bedingungen bei Vertragsabschluss ändert. Weichen Versicherungsleistungen oder die Sterblichkeit von der ursprünglichen Kalkulation – je nach Vertrag – zwischen 5 und 10 Prozent ab, dürften bzw. müssten die Beiträge angepasst werden.
Kostensteigerungen infolge des medizinisch-technischen Fortschritts führen in beiden Versicherungsformen zu Prämiensteigerungen.
Anstieg in der GKV stärker
Basierend auf Daten des Bundesministeriums für Gesundheit und des PKV-Verbandes betrachten die Autoren in der neuen Analyse zunächst die Beitragseinnahmen je Versicherten in GKV und PKV über den Zeitraum von 2007 bis 2017 (Index 100 = 2007). Dabei werden die Jahre 2016 und 2017 extrapoliert. Außerdem werden die Veränderungen der Einnahmen der GKV ohne und mit Bundeszuschüssen ausgewiesen. Der Zuschuss wird aus Steuerzahlungen sowohl von GKV- als auch PKV-Versicherten getragen.
Von 2007 bis 2017 ergibt sich nach der WIP-Kurzanalyse in der GKV ein Anstieg der Beitragseinnahmen je Versicherten um 37 Prozent (ohne Bundeszuschuss). Für die PKV wird ein Anstieg um 35 Prozent ermittelt. Über den ganzen Zeitraum betrachtet ergibt sich eine durchschnittliche jährliche Steigerung der Beitragsbelastung von 3,2 Prozent in der GKV und 3 Prozent in der PKV. Die Beitragsbelastung der PKV-Versicherten habe demnach trotz der erwarteten Prämiensteigerungen im Jahr 2017 in geringerem Maße zugenommen als in der GKV, stellen die Autoren fest
Erklärbare Auffälligkeiten
Auffällig ist, dass die Beitragsbelastung in der GKV im Jahr 2010 einmalig gegenüber dem Vorjahr sank. Der Hintergrund hierfür ist der deutliche Anstieg des Bundeszuschusses von 7,2 Milliarden Euro (2009) auf 15,7 Milliarden Euro (2010), durch den der allgemeine Beitragssatz in der GKV um 0,6 Prozentpunkte reduziert werden konnte. Hier hat der Staat also kräftig nachgeholfen. Danach gingen die Beträge erneut kräftig nach oben.
Für die PKV hebt die Analyse als auffällig heraus, dass die Beiträge im Zeitraum von 2012 bis 2015 weitgehend stabil geblieben, dann aber durch bestimmte auslösende Faktoren wieder relativ stark angestiegen sind. Diesen Effekt erklären die Autoren dadurch, dass die PKV die Prämien aufgrund der gesetzlichen Vorgaben nicht kontinuierlich anpassen kann. So komme es zu unregelmäßigen Belastungsspitzen.
Mit Bundeszuschuss ein anderes Bild
Mit Bundeszuschuss liegt die Steigerungsrate der Pro-Kopf-Einnahmen in der GKV im Betrachtungszeitraum durchgängig über der Steigerungsrate in der PKV. Gegenüber dem Jahr 2007 rechnet die Kurzanalyse bis 2017 mit einer Steigerung von knapp 45 Prozent in der GKV gegenüber 35 Prozent in der PKV. Dies entspricht im Schnitt einem Anstieg von 3,8 Prozent in der GKV gegenüber 3 Prozent in der PKV.
Der Anstieg der Einnahmen in der GKV wird vor allem auf die folgende Faktoren zurückgeführt:
- die Zunahme des beitragspflichtigen Einkommens (+ 25,7 Prozent von 2007 bis 2015),
- den Anstieg des Beitragssatzes (von 13,9 Prozent (2007) auf heute (und zukünftig) 14,6 Prozent),
- die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze (von monatlich 3562,50 Euro in 2007 auf 4350 Euro in 2017),
- die Erhöhung des Bundeszuschusses (von 2,5 Milliarden Euro in 2007 auf 14,5 Milliarden Euro in 2017).
Hinzu kommen die Zusatzbeiträge, die die Krankenkassen seit 2009 erheben dürfen, wenn die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfond nicht ausreichen.
Unter Zugrundelegung der Beitragsbemessungsgrenze 2017 kommen die Autoren für den GKV-Höchstbeitrag auf einen beachtlichen Anstieg um 28,25 Prozent, und zwar von 495,19 Euro (2007) auf 635,10 Euro (2017).
GKV war immer teurer
Die Analyse beleuchtet die Beitragsentwicklung auch in einem längeren Kontext von insgesamt 22 Jahren und kommt hierbei zu dem Schluss, dass die „landläufig teilweise“ geäußerte Meinung, die PKV weise durchgängig eine höhere Beitragsentwicklung als die GKV auf, nicht haltbar ist.
Berücksichtige man die geplanten Prämienanpassungen, so sei für den Zeitraum von 2010 bis 2017 mit einer Steigerung der Prämieneinnahmen je Versicherten in der PKV um 20,2 Prozent zu rechnen. In der GKV sind es für denselben Zeitraum 30,8 Prozent (ohne Bundeszuschüsse) bzw. 27,2 Prozent (inklusive Zuschüsse). Damit habe die durchschnittliche Beitragsbelastung eines Versicherten in der GKV in der neueren Zeit von 2010 bis 2017 selbst ohne Berücksichtigung des Bundeszuschusses in größerem Maße zugenommen als in der PKV. Dies treffe im Übrigen auch auf die Jahre von 2005 bis 2010 vor, wenn man die Bundeszuschüsse bei dem Vergleich berücksichtige.
Prämiensprünge in der PKV fehlinterpretiert
Die unregelmäßig auftretenden, aber dann relativ starken Prämienanpassungen in der PKV würden in der öffentlichen Wahrnehmung fehlinterpretiert, geben die WIP-Autoren zu bedenken. Sie resultierten vielmehr auf den „Prämienanpassungsstaus“, die durch staatliche Regelungen zustandekommen, und fielen keineswegs jedes Jahr so hoch aus.
Modellrechnungen zufolge könnte der Beitragssatz in der GKV bis zum Jahr 2050 auf 25 Prozent angehoben werden, heißt es in der Kurzanalyse weiter. Die zukünftige Beitragsentwicklung könne sich zudem weiter verschärfen, wenn die GKV Finanzierungslasten übernehmen muss, die versicherungsfremde Leistungen und damit eigentlich dem Steuersystem zuzurechnen sind.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.