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Werbung darf Graumarkt nicht ausblenden
„Apothekenexklusiv” ist irreführend
Wer seine Kosmetik als „apothekenexklusiv” bewirbt, sollte sicher sein, dass diese nicht über den Graumarkt in Drogerien gelangt. Das musste jetzt der Kosmetikhersteller Vichy erfahren. Nach einem aktuellen Urteil muss er diese Werbung nicht nur unterlassen, sondern möglicherweise sogar Schadenersatz an einen Mitbewerber zahlen.
Immer wieder gelangt apothekenexklusive Kosmetik in andere Handelskanäle, insbesondere in Drogeriemärkte, aber auch in Internet-Shops. Das ist kein Geheimnis. Vichy ist dieser Fakt nun auf die Füße gefallen.
Was ist passiert? Ein Mitbewerber hat Vichy wegen seiner Werbung für seine Linien Neovadiol, Normaderm und Idealia auf Unterlassung in Anspruch genommen. Der Grund: Vichy bewarb seine Produktlinien als apothekenexklusiv. Unter anderem hieß es auf der Facebook-Seite des Unternehmens: „Die Produkte von Vichy gibt es exklusiv in der Apotheke.“
Depot-Verträge ausschleßlich mit Apotheken schützen nicht
Tatsächlich schließt Vichy mit Apotheken Depotverträge über seine Produkte – und zwar ausschließlich. Das Unternehmen setzt auf den guten Ruf der Apotheken und will seine Ware nicht an andere Händler verkaufen. Doch weil die Realität anders aussieht und die Kosmetiklinien auch im Einzelhandel und bei Internethändlern zu finden sind, hielt ein Konkurrenzunternehmen die Werbung für objektiv unrichtig und daher irreführend. Es komme nicht darauf an, dass Vichy selbst seine Produkte nur an Apotheken vertreibe, führte es zur Begründung an. Es zog deshalb vor Gericht und wollte nicht nur erreichen, dass Vichy diese Werbung unterlässt, sondern auch bestätigt bekommen, dass es berechtigt ist, Schadenersatz von Vichy zu verlangen.
Das Landgericht Hamburg hat nun in erster Instanz zugunsten der Klägerin entschieden. Tatsächlich seien die angegriffenen Werbeaussagen objektiv unrichtig. Bei den Graumarktangeboten, die die Klägerin im Verfahren vorgelegt hat, handele es sich nicht nur um unerhebliche Einzelfälle. Auch die Beklagte habe nicht substantiiert bestritten, dass es ihre Ware auch auf dem Graumarkt gebe und dort beworben werde. Und eine Einschränkung, die zum Ausdruck brächte, dass Vichy selbst nur an Apotheken vertreibt, enthalte die beanstandete Werbeaussage nicht.
Damit bestehe eine Irreführungsgefahr: Der Durchschnittsverbraucher, der die Werbung sieht, würde nicht „mitlesen“, dass es auch nicht kontrollierbare Graumarktangebote dieser Kosmetik gebe. Er werde die Werbung auch nicht so verstehen, dass Vichy selbst nur mit Apotheken Verträge abschließe. Damit hielt das Gericht einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch für gegeben.
Ebenso halten die Richter die von der Klägerin beantragte Feststellung einer Schadensersatzpflicht von Vichy für begründet. Dazu verweisen sie auf die bisherige Rechtsprechung. Danach ist die Voraussetzung für die Feststellung einer solchen Verpflichtung lediglich, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens dargelegt wird.
Vermeintlich besonderes Angebot kann Verbraucher zum Kauf verleiten
Nach den Ausführungen der Klägerin sei es „nicht fernliegend”, dass sich ein Verbraucher, der mit den Produkten der beiden Kosmetik-Unternehmen im Einzelhandel konfrontiert ist, eher für ein als besonders exklusiv beworbenes Produkt entscheidet. Apotheken, denen nach dem Apothekengesetz „die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung“ obliegt, brächten Verbraucher nämlich ein besonderes Vertrauen entgegen. Sehen sie nun als „apothekenexklusiv“ beworbene Kosmetik im Einzelhandel, suggeriere ihnen dies, sie könnten besonders vertrauenswürdige, da vermeintlich normalerweise nur in Apotheken erhältliche Produkte, nur ausnahmsweise außerhalb einer Apotheke erhalten. Daher liege es nahe, dass diese Verbraucher die (vermeintlich) besondere Gelegenheit ergreifen – zulasten der Konkurrenzprodukte der Klägerin.
Und so wurde Vichy auch verurteilt, seinem Mitbewerber darüber Auskunft zu geben, wie oft, wann und mit welchen Mitteln auf die beanstandete Weise geworben wurde. Wenn klar ist, dass sich daraus ein Schadensersatzanspruch ergibt und wie hoch dieser ist, kann die Klägerin diesen geltend machen.
Urteil des Landgerichts Hamburg vom 17. November 2016, Az.: 327 O
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