Statt Rx-Versandverbot

SPD diskutiert Boni-Grenze als Plan C

Stuttgart - 05.12.2016, 15:10 Uhr

In der SPD-Fraktion wird die Idee diskutiert, Rx-Boni in Deutschland weiterhin deutlich einzuschränken. (Foto: dpa)

In der SPD-Fraktion wird die Idee diskutiert, Rx-Boni in Deutschland weiterhin deutlich einzuschränken. (Foto: dpa)


Noch hält sich die SPD-Bundestagsfraktion bedeckt, was die Alternativen zum Rx-Versandverbot betrifft. Gegenüber DAZ.online spricht sich nun der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses Edgar Franke (SPD) für eine Obergrenze für Rx-Boni im Sozialgesetzbuch aus: Sie sei kurzfristig und rechtssicher umsetzbar – und ein Kompromiss, mit dem alle leben könnten.

Dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Rx-Boni für ausländische Versandapotheken für Handlungsbedarf in Deutschland gesorgt hat, ist Konsens unter deutschen Politikern. Doch das Spektrum an möglichen Reaktionen des Gesetzgebers ist breit: Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) forderte wie auch die ABDA schon nach einigen Tagen, den Versandhandel für rezeptpflichtige Arzneimittel zu verbieten. Vehement widersprach jedoch der Fraktionsvize des Koalitionspartners SPD, Karl Lauterbach: Seiner Einschätzung nach ist der Versandhandel eine „alternative Vertriebsform“, die erhalten bleiben sollte. Doch der Alternativvorschlag einer Honorarreform, die auch die für Apothekenfragen zuständige SPD-Politikerin Sabine Dittmar unterstützt, würde bis zur Bundestagswahl im nächsten Herbst nur schwerlich umsetzbar sein.

Für eine seiner Ansicht nach kurzfristig mögliche wie auch rechtssichere Lösung spricht sich nun der SPD-Gesundheitsexperte Edgar Franke gegenüber DAZ.online aus. Dem Vernehmen nach findet sein Vorschlag innerhalb der SPD-Fraktion zunehmend Anhänger. Er will die Rx-Boni, die der EuGH für ausländische Versandapotheken freigegeben hat, teils wieder verbieten – oder zumindest begrenzen. Anders als das bisherige harte Verbot, das im Arzneimittelgesetz verankert war, plant Franke eine Klarstellung im § 129 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB), welcher den Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung regelt.

Auch DocMorris kann kaum aus dem Rahmenvertrag aussteigen

Das ist der Hintergrund: Alle wichtigen in Deutschland tätigen ausländischen Versandapotheken sind freiwillig dem Rahmenvertrag beigetreten, damit sie bei gesetzlich Versicherten direkt mit den Krankenkassen abrechnen können – und hatten sich ihren Beitritt zum Rahmenvertrag teils sogar vor dem Bundessozialgericht erstritten. Zuvor mussten diese den Herstellerrabatt aus der eigenen Tasche übernehmen, wenn sie nicht über den Rahmenvertrag abrechnen. Das können sich auch DocMorris und anderer EU-Versender kaum erlauben.

Zwar verbietet der Rahmenvertrag über Verweise auf § 78 Arzneimittelgesetz und § 7 Heilmittelwerbegesetz bereits jetzt die Rx-Boni, doch können nur die Kassen gegen die Verletzungen der Arzneimittelpreisverordnung ihrer Vertragspartner vorgehen – nicht etwa Wettbewerber. 

„Ein Kompromiss, mit dem alle leben könnten“

Nach Frankes Vorschlag soll nun im SGB V – und offenbar ohne langwierige Verhandlungen der Vertragspartner – klargestellt werden, dass Rx-Boni für Teilnehmer am Rahmenvertrag entweder ganz verboten oder auf beispielsweise fünf Euro begrenzt sind. „Dann hätte man alle Spatzen gefangen“, erklärte er. Aktuell würden die Kassen das Rabatt-Verbot nicht durchsetzen, weshalb auch DocMorris seine über den Rahmenvertrag eigentlich untersagten Rx-Boni weiter anbietet.

„Das wäre wohl ein Kompromiss, mit dem alle leben könnten“, erklärte Franke gegenüber DAZ.online zu dem Vorschlag. Der SPD-Gesundheitsexperte ist auch Vorsitzender des Gesundheitsausschusses des Bundestags und nimmt also eine moderierende Funktion ein. „Man bräuchte nicht den Versandhandel rezeptpflichtiger Arzneimittel verbieten“, sagte Franke. Insgesamt würde „alles so bleiben, wie es ist“ – was zumindest gelte, wenn die Rx-Boni für gesetzlich Versicherte nicht begrenzt, sondern verboten blieben. Offenbar um noch Verhandlungsmasse zu haben will er die Frage Verbot oder Grenze erstmal offenlassen.

Der Status bliebe gewahrt

Frankes Ansicht nach hätte der Vorschlag mehrere überzeugende Vorteile. „Ein Rx-Boni-Verbot in Paragraph 129 wäre rechtlich haltbar – und man hätte dann mittelbar den Status gewahrt“, betonte er. Denn klar ist, dass deutsche Versandapotheken in Folge des EuGH-Urteils gute Chancen hätten, sich die Möglichkeiten von Rabatten in Deutschland per Gerichtsweg einzuklagen. Auch bestehen erhebliche Zweifel, ob ein Rx-Versandverbot nicht spätestens vom Bundesverfassungsgericht wieder gekippt würde, da es nach zwölf Jahren als erhebliche Einschränkung der Geschäftsfreiheit von Versandapotheken angesehen werden kann. Während der Bundesrat mit knapper Mehrheit dafür votiert hatte, stehen die Chancen für Gröhes Vorschlag im Bundestag ohnehin schlecht: Nur die Linken-Fraktion ist dafür. In der SPD, bei den Grünen und auch in der Union gibt es hingegen deutliche Kritik.

Während die feste Rx-Arzneimittelpreisbindung vom EuGH zu Gunsten der EU-Warenverkehrsfreiheit gekippt wurde, sei eine Grenze für Rx-Boni im Sozialgesetzbuch rechtssicher, erklärte der Jurist und frühere Hochschulrektor Franke gegenüber DAZ.online. „In § 129 SGB V kann man den Schutz der Gesundheit regeln, was dem Recht auf freien Warenverkehr der Europäischen Union vorgehen kann“, betonte er. Das Sozialgesetzbuch sei ein klassisches Gesundheitsgesetz. „Bei einer nationalen Regelung kann man die Warenverkehrsfreiheit beschränken für den Schutz der Gesundheit“, erklärte der SPD-Politiker.

Fehlanreize vermieden, kurzfristig durchsetzbar

Darüber hinaus könnten zumindest beim einem Verbot von Rx-Boni zuzahlungsbefreite Versicherte keine Rabatte mehr einstreichen. „Wir hätten nicht den Fehlanreiz, dass Menschen Boni bekommen, die eigentlich der Versichertengemeinschaft zustehen“, erklärte Franke. Und insbesondere könnte die Gesetzesänderung bald eingeführt werden und müsste nicht – wie beim Rx-Versandverbot – anderen EU-Mitgliedsstaaten mehrere Monate Zeit geben, Bedenken anzumelden.

„Das kann man kurzfristig hinkriegen“, betonte Franke. „Es ist ein schneller Vorschlag, der nicht kontrovers ist.“ Manche würden vielleicht sagen, die Regelung würde nicht weit genug gehen, aber sie hat seiner Ansicht nach auch „keine Gegner“. „Es spricht alles dafür, eine Regelung im Paragraphen 129 zu machen“, sagte der SPD-Politiker.

Wie geht es weiter?

Bleibt abzuwarten, ob beispielsweise auch seine Kollegin Sabine Dittmar und SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach sich eine derartige Grenze für Rx-Boni auf die Fahnen schreiben wollen – und was der Koalitionspartner Union hiervon hält. Interessant könnte es also nächste Woche werden, wenn die Arbeitsgruppe Gesundheit der SPD turnusmäßig zusammenkommt.

Die ABDA wollte den Vorschlag auf Nachfrage nicht kommentieren, sondern hält an Plan B – dem Rx-Versandverbot – fest. „Wir haben eine saubere und klare Lösung in der politischen Diskussion, und die wollen wir verwirklicht sehen“, erklärte ABDA-Sprecher Reiner Kern gegenüber DAZ.online.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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8 Kommentare

5€?

von Peter Lahr am 06.12.2016 um 10:24 Uhr

5€? Um mit RX dann gerade mal im Verhältnis auf das gleiche Betriebsergebnis wie jetzt zu zu kommen müssten wir unsere Kundenzahl RX vervierfachen. Nur so nebenbei. Ich denke weiterhin, Honorar unantastbar stellen weil Honorar (keine Handelsspanne) und den 3%igen Anteil pro Medikament zur Disposition stellen was Boni angeht. Sollen doch alle Hochpreiser abwandern. Für diese Preisklasse wäre es dann eine Überlegung wert so ein Modell wie Vorteil 24 zu reaktivieren. Alles bis 200€ vor Ort, höherpreisige Medikamente aber vor Ort aus der Apotheke mit Boni aus Holland bestellt, Abholung wieder vor Ort. Diese Hollandvariante dann genossenschaftlich organisiert, der Hochpreisumsatz wäre weg aber käme hinten rum wieder rein. Unsere umsatzabhängigen Beiträge würden sinken, der Patient der aufgrund seiner Einkommenssituation sparen möchte, muss oder will hat die Möglichkeit in Form eines rundum Service das bei uns zu tun. WIR müssen es in die Hand nehmen und das funktioniert nur wenn man sich in Feindesgebiet vorwagt. In Schockstarre verharren, mit Wattebäuschchen verteidigen und auf vermeintliche Alliierte hoffen (Politik) bis der endgültige Vernichtungsschlag kommt bringt nichts.

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Alles Gaga

von Karl Friedrich Müller am 06.12.2016 um 9:09 Uhr

diese Meldungen aus dem Tal der Ahnungslosen (=Politiker) zeigen erschreckend, wie wenig Kompetenz Politiker doch haben, wie wenig Wissen, wie wenig Haftung an der Bevölkerung.
Seit Jahren wird um eine Erhöhung der Vergütung gekämpft, weil sie nicht ausreicht und nun sollen wir plötzlich bis zu 5€ Rabatt geben können?
Wovon sollen wir leben, wovon soll der Betrieb existieren, wovon die Mitarbeiter?
Wieso sollen Apotheken den "Verbraucher" entlasten?
Die Arbeitgeber sind entlastet, durch die Festschreibung des Arbeitgeberanteils.
Der Staat entlastet sich durch den Griff in die Kassen der Sozialbeiträge.
Die Kassen entlasten sich durch Rabattverträge, geduldeten Betrug an Leistungserbringern und Versicherten.
Kassen verplempern Unmengen Geld für Werbung, versicherungsfremde Leistungen.
Die Kassen verbrauchen doppelt so viel Geld für die Verwaltung wie die Apotheken (=wieso soll es dann bei Apotheken noch Einsparpotentiale geben?)
Die Sparte mit dem wenigsten Geld, Kleinunternehmer, sollen also den Verbraucher entlasten? Mit ihrem EINKOMMEN?
Es muss bleiben, wie es ist! Nein, wir brauchen immer noch mehr Geld! Warum werden Erhöhungen nicht mit denen der Ärzte gekoppelt? So ähnlich läuft es doch bei den Diäten?
Wir brauchen keine gekauften Politiker.
Wir brauchen keine Politiker, die so hohl sind, dass sie jeden Unsinn glauben und nachplappern.
Wir brauchen Gerichte, die Bodenhaftung haben und Recht sprechen. Nicht dem Geld folgen.
Die Kassen müssen die Lieferverträge durchsetzen. Bei deutschen Apotheken hat man auch keinerlei Skrupel.
Es wird Zeit, dass sich Kassen nicht einbilden, es gälte ein Extrarecht für sie. DAS MUSS der Staat durchsetzen!

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Ansatz funktioniert nicht

von Pöppl Christian am 05.12.2016 um 20:06 Uhr

Die Idee hat mehrere Hacken. Wir können keine 5 EUro pro Artikel als Rabatt hergeben!.

Was ist mit den Priva-tRezepten? Die Privatenkassen sind vo Rahmenvertrag nicht erfasst.

Warum sollen wir jetzt auf einmal Rabtt geben(denn wir uns nicht leisten können) ohne eine Kompensationsmöglichkeit? Zuerst muss doch das Rabattverbot auf der Einkaufsseite fallen! Diese Beschränkung hat ja ihren Sinn auch bereits verloren!

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Das ist doch

von Christiane Patzelt am 05.12.2016 um 18:30 Uhr

Mit Verlaub gesagt große Scheisse! Krankheit muß sich wieder lohnen? Rabattdiskussionen bei verschreibungspflichtigen AM ist die l e t z t e Diskussion, die ich für meine Arbeit am Handverkaufstisch brauche!!

Ist denn keine andere Lösung in Sicht, die unserem Beruf gerecht wird? Ich bin kein 1Euro-Shop!! Die Bundesregierung kann ihren Auftrag der Versorgung so auf keinen Fall sicherstellen und es wird auch unserer pharmazeutischen Leistung NICHT gerecht!!
Rabatte raus aus der Versorgung!! Der Arzt gibt auch keine Rabatte!!
Wenn ich Rabatte gewollt hätte, wäre ich Gärtnerin geworden!

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AW: Das wird noch...

von Bernd Jas am 05.12.2016 um 20:08 Uhr

...mal ein richtig dickes Ende nehmen.
Aber vorher blasen wir den Ballon noch so richtig auf, und dann komm uns noch mal so´ne Partei mit SPITZfindigkeiten daher.
MAN, MAN, MAN...

AW: Gesprächsrunde

von florian becker am 06.12.2016 um 11:17 Uhr

Sollte da nicht ein richtig guter Vorschlag kommen, oder hab ich das falsch in Erinnerung aus dem Bericht über das Gespräch mit Fr. Dittmar?

5 Euro

von Anita Peter am 05.12.2016 um 16:51 Uhr

5 Euro als Obergrenze? DM muss sich bei solchen Vorschlägen bestimmt biegen vor Lachen. Ich denke der Großteil der Apotheken kann sich nicht mal 1 Euro Bonus leisten, weil sonst die Lichter ausgehen. ICH kann es zumindest nicht. Ich habe aber auch kein Spielgeld von "Investoren"

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Zuzahlungen generell abschaffen

von Hermann Eiken am 05.12.2016 um 15:57 Uhr

Bei dieser Lösung müssten dann aber auch analog der Abschaffung der Praxisgebühr alle Zuzahlungen für Medikamente abgeschafft werden. Dann wären auf Grund fehlender Zuzahlungen auch keine Boni mehr möglich. Es wäre wohl eine schnell durchsetzbare Lösung, wenn alle denn wollen!!! Oder sehe ich das falsch??

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