Leide ich an einer Depression?

Hilfe für Patienten mit Depressionen

23.12.2016, 12:00 Uhr

Gedrückte Stimmung und Gefühle der Vereinsamung sind Zeichen einer Depression. (Foto: Tinatin / Fotolia)

Gedrückte Stimmung und Gefühle der Vereinsamung sind Zeichen einer Depression. (Foto: Tinatin / Fotolia)


Bin ich depressiv – oder nur traurig? Was sind Anzeichen einer Depression? Und wo finde ich Hilfe? Die neue „Patientenleitlinie Unipolare Depressionen“ informiert Betroffene, was eine Depression ist und wie man Depressionen ärztlich, psychotherapeutisch und mit Arzneimitteln behandelt.

Leide ich an einer Depression? Nicht alle Menschen, die diese Überlegung quält, wenden sich damit an einen Arzt oder Therapeuten. Sie wälzen diese Frage wohl meist zunächst allein, „im stillen Kämmerchen“ – bevor sie dann Google und Wikipedia bemühen. Etwa 16-20 Prozent der Menschen erkranken irgendwann im Laufe ihres Lebens an einer Depression. Experten gehen davon aus, dass viele Fälle unerkannt bleiben: Die Dunkelziffer bei Depressionen ist hoch. Längst nicht alle Patienten suchen Hilfe – sei es aus Scham oder Unwissenheit.

Für eine Depression muss man sich nicht schämen

Die neue „Patientenleitlinie Unipolare Depression“ spricht diese Patienten an. Leicht und verständlich informiert sie Betroffene über klassische Symptome einer Depression – gedrückte Stimmung, Interessensverlust und Antriebsmangel – und erklärt die unterschiedlichen Schweren dieser Erkrankung. Antworten finden Patienten auch zu Risikofaktoren: Leidet ein Familienmitglied an Depressionen? Liegen Tabletten- oder Alkoholabhängigkeiten vor? Wie stabil ist der Betroffene in sein soziales Umfeld eingebunden?

Die Leitlinie weist auch darauf hin, dass Depressionen sich nicht selten in körperlichen Beschwerden manifestierten und es nicht immer leicht sei, eine normale Lebensphase der Niedergeschlagenheit von einer therapiebedürftigen Depression abzugrenzen. 

Die Handlungsempfehlung zu Depressionen ermutigt Patienten, sich nicht vor dem Stigma der „psychischen Erkrankung“ zu fürchten: „Niemand würde sich schämen, wegen Rückenschmerzen eine Praxis aufzusuchen“, heißt es in der Leitlinie. Sie räumt nicht nur mit Vorurteilen zu Depressionen auf, sondern bestärkt Patienten aktiv zu werden und fachlichen Rat in Anspruch zu nehmen.

Behandlungsangebote: Was können Patienten bei Depressionen selbst tun?

Doch an wen sollen sich Betroffene wenden, wenn sie den Verdacht haben, depressiv zu sein? Psychotherapeuten und Ärzte sollten die ersten Ansprechpartner sein. Welche Behandlungsmöglichkeiten dann ausgeschöpft werden – Psychotherapie, Antidepressiva oder eine Kombination beider Methoden – entscheidet Art und Schwere der Depression.

Erstmalig nennt die Leitlinie auch niederschwellige Behandlungsangebote, die Patienten mit Depressionen eigeninitiativ nutzen können: „Selbsthilfe-Manuale, DVDs oder Online-Programme mit Übungen und Anregungen, die auf psychotherapeutischen Verfahren beruhen“. Es gebe durchaus Studien, die Hinweise lieferten, dass auch solche Methoden eine Depression besserten. Vorteil dieser Methoden ist, dass Patienten leichten Zugang zu ihnen haben. Die Leitlinie sieht hierin klar keinen Ersatz für den Psychotherapeuten oder den Arzt. Vielmehr eine ergänzende Maßnahme, die Patienten zusätzlich unterstützen können.

Konkrete Angebote macht die Leitlinie auch Patienten, wenn diese Kontakte zu Beratungsstellen oder zu Selbsthilfegruppen suchen.

Sind Patientenleitlinien so gut wie Expertenleitlinien?

Die Empfehlungen der Leitlinien sind wissenschaftlich fundiert. Sie orientieren sich an der Nationalen Versorgungsleitlinie „Unipolare Depression“, die erst im November 2015 aktualisiert wurde. Die Leitlinie für Patienten enthält somit die gleichen Expertenempfehlungen, ist nur sprachlich an die Zielgruppe der „Nichtmediziner“ angepasst. Zusätzlich gibt es am Ende der Patientenleitlinie ein Wörterbuch, das medizinische Fachbegriffe nochmals erklärt.

Patienten sollen Medikationsplan fordern

Dass die Leitlinie brandaktuell ist, zeigt ein vorbildlicher Hinweis auf den Medikationsplan. Patienten, die dauerhaft mindestens drei Arzneimittel einnehmen, haben seit dem 1. Oktober dieses Jahres gesetzlichen Anspruch auf einen Medikationsplan. Patienten erhalten diesen von ihrem behandelnden Arzt. Das könne auch bereits bei der Diagnosefindung hilfreich sein, da auch Arzneimittel Depressionen verursachen können.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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