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Mögliche Exhumierungen
Blutproben sollen bei Ermittlungen gegen Zyto-Apotheker helfen
Ein Zyto-Apotheker soll in Bottrop mehr als 40.000 Zytostatika-Rezepturen gestreckt haben. Nun ließ die Staatsanwaltschaft bei Patienten des Apothekers vorsorglich Blutproben nehmen. Nach Informationen des WDR will sie womöglich auch verstorbene Patienten exhumieren lassen.
„Apotheker im Knast“, titelte die Bild: Der Fall eines 46-jährigen Zyto-Apothekers in Bottrop machte deutschlandweit Schlagzeilen. Ihm wird vorgeworfen, in mehr als 40.000 Fällen Zytostatika gefälscht und sich so ungerechtfertigte Einnahmen in Höhe von 2,5 Millionen Euro verschafft zu haben. Laut „WDR“ hat die Staatsanwaltschaft außerdem Hinweise erhalten, dass der Apotheker in Straßenkleidung im Labor gearbeitet und zurückgegebene Infusionsmittel mehrfach verwendet habe.
Zwischenzeitlich ließen die Staatsanwälte außerdem Blutproben bei Patienten nehmen, die ausschließlich mit Infusionen aus der Apotheke des in Untersuchungshaft sitzenden Pharmazeuten behandelt wurden, schreibt der WDR. Sie hoffen offenbar, so nachweisen zu können, dass die Zytostatika gestreckt wurden.
Ausmaß des Schadens ist noch unklar
Der Apotheker nimmt offenbar weiterhin nicht zu den Vorwürfen Stellung. Nach dem Fall hatte beispielsweise die Deutsche Stiftung Patientenschutz strengere Kontrollen für Zyto-Apotheker gefordert. „Ohne Zweifel funktioniert die Endkontrolle am Produkt nicht ausreichend“, sagte Vorstand Eugen Brysch. Gleichzeitig kritisierte er die Informationsstrategie der Behörden, möglicherweise betroffene Patienten und Angehörige mögen sich an den behandelnden Arzt wenden.
Die Stadt Bottrop richtete zwischenzeitlich eine Hotline für Betroffene ein. Allerdings ist noch vollkommen unklar, welche Patienten genau betroffen sind – der Staatsanwaltschaft liegt nur eine Liste aller Patienten vor, die mit Zytostatika des Apothekers behandelt wurden.
Studien könnten verfälscht worden sein
Womöglich hat der Apotheker auch dazu beigetragen, dass Ergebnisse von Arzneimittelstudien verfälscht wurden. Im Dezember wies das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Studien-Sponsoren, die Prüfpräparate in der betroffenen Apotheke haben anfertigen lassen, darauf hin, dass sie dies der zuständigen Bundesoberbehörde „unverzüglich anzeigen sollten“. „Das BfArM hat Kenntnis davon erhalten, dass auch Prüfpräparate für klinische Studien in der betreffenden Apotheke hergestellt bzw. rekonstituiert worden sind“, erklärte die Behörde.
Wie die Staatsanwaltschaft Essen gegenüber DAZ.online erklärt hatte, befasst sie sich vordringlich mit den monoklonalen Antikörpern Nivolumab, Denosumab, Ramucirumab und Bevacizumab, die von dem Bottroper Apotheker zubereitet wurden – sowie mit dem Zytostatikum Nab-Paclitaxel.
Arzneimittel-Wirkungen könnten falsch interpretiert werden
Jürgen Krauss, Leiter der klinischen Immuntherapie am Deutschen Krebsforschungszentrum, kritisierte das mutmaßliche Vorgehen des Apothekers aufs Schärfste – da wahrscheinlich viele der Patienten wenig andere Therapieoptionen hatten. „In diesem Fall beraubt man den Patienten um seine Chance auf ein längeres Überleben“, hatte er gegenüber der „Rheinischen Post“ erklärt. Durch Manipulationen könnten langfristig sowohl Nebenwirkungen als auch Wirkung der Arzneimittel unterschätzt werden, was zukünftige Anwendungen der Immuntherapien erheblich beeinflussen könne.
Derweil ist die Homepage der Apotheke derzeit offline. „Diese Seite wird gerade überarbeitet“, heißt es – und: „Wir sind gleich zurück.“
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